zum Hauptinhalt
Dennis Buchner (SPD) ist Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses.

© Foto: TSP/Doris Spiekermann-Klaas

Vor Anhörung zur Pannen-Wahl: Berliner Parlamentspräsident warnt vor „Skandalisierung“

Qua Amt ist Dennis Buchner (SPD) der Neutralität verpflichtet. Dass er sich ausgerechnet jetzt zu einem derart brisanten Thema äußert, sorgt für Kritik.

Drei Tage vor der Anhörung des Berliner Verfassungsgerichtshofs zu Pannen bei der Abgeordnetenhauswahl 2021 sorgen Aussagen von Parlamentspräsident Dennis Buchner (SPD) für heftige Kritik der Opposition. Buchner solle besser Zurückhaltung üben, sagte Stefan Evers, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion.

FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja sagte dem Tagesspiegel am Sonntag: „Dennis Buchner sollte das Gericht seine Arbeit machen lassen, statt durch Äußerungen auch nur den Anschein von Schönrederei der Situation oder Einflussnahme auf das Verfahren zu erwecken.“

Anlass für die Kritik sind Aussagen Buchners, die die Deutsche Presse Agentur (dpa) am Sonntagmorgen veröffentlicht hatte. „Nicht alles, was passiert ist, ist aus meiner Sicht skandalisierungsfähig“, hatte Buchner mit Blick auf die zahlreich dokumentierten Pannen bei der Abgeordnetenhauswahl erklärt und ergänzt: „In den allermeisten Fällen geht es einfach darum, dass der Wahlakt später beendet wurde. Und wenn man um 18 Uhr noch in der Schlange steht und dann noch wählen darf, dann ist das für mich etwas, was zu Unrecht skandalisiert wird.“

Buchner führte weiter aus, dass aus seiner Sicht einzig die Kriterien der Verhältnismäßigkeit und der Mandatsrelevanz maßgeblich für die Entscheidung des Gerichts sein sollten. Letztere sei bei den Zweitstimmen nicht, bei den Erststimmen „ganz wenig gegeben“, sagte Buchner weiter.

Bei CDU und FDP wurden die Aussagen auch deshalb besonders aufmerksam zur Kenntnis genommen, weil Buchner der SPD angehört, er ist Ko-Vorsitzender der SPD Pankow. „Dass er als Sozialdemokrat in Anbetracht der Umfragen alles daran setzt, eine Wiederholungswahl zu vermeiden, ist keine Überraschung“, sagte Evers und rief das Gericht dazu auf, sich davon nicht beeinflussen zu lassen.

Czaja sagte: „Egal ob Herr Buchner diese öffentlichen Äußerungen als Parlamentspräsident oder als SPD-Politiker tätigt, in beiden Fällen ist schon allein durch die direkte Betroffenheit Zurückhaltung geboten, welche allen Berliner Mandatsträgern zu empfehlen wäre.“

Unter Druck: Einer Umfrage zufolge sind nur noch 16 Prozent der Berliner zufrieden mit der Arbeit von Franziska Giffey (SPD), Regierende Bürgermeisterin von Berlin.
Unter Druck: Einer Umfrage zufolge sind nur noch 16 Prozent der Berliner zufrieden mit der Arbeit von Franziska Giffey (SPD), Regierende Bürgermeisterin von Berlin.

© Foto: dpa/ Christoph Soeder

Vor allem aus Oppositionskreisen wird schon länger verbreitet, bei der SPD lägen die Nerven blank. Tatsächlich liegen die Sozialdemokraten aktuellen Umfragen zufolge lediglich auf Rang drei - hinter Grünen und CDU. Auch die Zustimmungswerte für Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) sanken zuletzt auf immer neue Tiefstwerte.

Eine Tagesspiegel-Anfrage ließ Buchner am Sonntag durch Parlamentssprecher Ansgar Hinz beantworten. Demnach sei Buchner „auf Wunsch von dpa“ interviewt worden, auch der Zeitpunkt der Veröffentlichung sei allein durch die Nachrichtenagentur festgelegt worden. Auf die Kritik von CDU und FDP antwortete Hinz: „Die Äußerungen zur Wahl greifen keinesfalls in das laufende Verfahren ein, dafür haben wir ja auch eine unabhängige Justiz.“

Buchner, der selbst Verfahrensbeteiligter ist, fordere eine sachliche Analyse der aufgetretenen Pannen und Wahlfehler, erläutere seine Sicht der Dinge und schließe „explizit auch keine der möglichen Ergebnisse der Gerichtsverhandlung aus“, sagte Hinz weiter. Tatsächlich hatte Buchner erklärt: „Vor Gericht ist alles vorstellbar: Neuwahlen, partielle Neuwahlen, aber auch dass am Ende keine Mandatsrelevanz für das Gesamtparlament erkannt wird.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false