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Am 11. September laufen Sirenen mit einem lauten an- und abschwellender Ton eine Minute lang. (Archivbild)

© Britta Pedersen/dpa

Update

Trotz verschärfter Sicherheitslage: Berlin hinkt beim Katastrophenschutz hinterher

Zu wenig Personal und fehlendes Geld: Die Hauptstadt ist nicht gut auf den Katastrophenfall vorbereitet. Immerhin einen Lichtblick gibt es.

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Trotz der zuletzt akut verschärften internationalen Sicherheitslage ist Berlin schlecht auf Katastrophen- oder Zivilschutzfälle vorbereitet. Wie Innensenatorin Iris Spranger (SPD) am Freitag sagte, sind von 44 geplanten Katastrophenschutz-Leuchttürmen in der Stadt aktuell lediglich 14 betriebsbereit und abgenommen. Von den 147 geplanten Katastrophenschutz-Informationspunkten existieren aktuell 20.

Kaum besser steht es um die Warnsirenen, deren Fehlen bereits in den vergangenen Jahren erhebliche Kritik ausgelöst hatte. Rund 200 statt wie geplant 450 der quer über die Stadt verteilte Sirenen sollen am kommenden Donnerstag zum bundesweiten Warntag aufheulen. Zuletzt waren die Sirenen in Berlin vor mehr als 30 Jahren zu hören.

Um Punkt 11 Uhr am 11. September ist ein sehr lauter an- und abschwellender Ton eine Minute lang zu hören. Um 11.45 Uhr wird Entwarnung mit einem einminütigen Dauerton gegeben. Die Stromversorgung der Sirenen läuft über Solarmodule und Akkus, angeschaltet werden sie zentral. Mindestens 130 Dezibel, zum Teil auch 140 Dezibel sollen sie laut sein. Flugzeugtriebwerke haben eine ähnliche Lautstärke. 

„Das wichtigste Warnmittel, wenn man schläft“

Eigentlich sollte der Aufbau der Sirenen schon vor Jahren abgeschlossen sein, verzögerte sich aber immer wieder. Bis Ende des Jahres sollen es nun 450 Sirenen sein, in den nächsten beiden Jahren kommen noch mehr als 100 vorwiegend in den Randgebieten dazu. 

„Wir holen etwas nach, dass über Jahrzehnte nicht gemacht wurde“, sagte Spranger. Die letzte der früher in ganz Deutschland üblichen Sirenen wurde in Berlin 1993 abgebaut, weil sie nicht mehr für nötig gehalten wurden.

Spranger fordert Stellen, gibt aber kein Geld  

Ursache dafür, dass es beim Katastrophenschutz nur langsam vorangeht, seien Personalengpässe, sagte Spranger. In vielen Bezirken fehlten hauptamtliche Kräfte, die sich um das in Friedenszeiten vernachlässigte Thema kümmern. Spranger selbst fordert die Schaffung von berlinweit 36 Stellen – drei pro Bezirk. Wo die dafür benötigten 2,7 Millionen Euro herkommen sollen, verriet sie nicht. Im Entwurf des Senats für den Doppelhaushalt 2026/27 sind die Gelder nicht hinterlegt.

Wichtig sei, dass die Berliner am Warntag möglichst breit informiert seien, betonte Spranger, damit nicht zu viele Menschen aufgeregt bei Polizei und Feuerwehr anrufen würden. Ein Feuerwehrsprecher sagte, die Behörde sei vorbereitet und würde notfalls eine Bandansage zur Information laufenlassen.

Aufbau von Katastrophenschutz-Leuchttürmen zu langsam

Zum Katastrophenschutz zählen beim Alarm zudem die bekannten Warn-Apps, automatische SMS an alle Handys und Durchsagen in Fernsehen und Radio. 44 sogenannte Katastrophenschutz-Leuchttürme sollen im Ernstfall Anlaufstellen für die Bevölkerung in den Bezirken seien – von denen allerdings erst 14 einsatzbereit und weitere 4 betriebsbereit sind. Spranger räumte ein, dass man in dem Bereich zu langsam sei. Erst vier Bezirke seien fertig mit dem Aufbau dieser Anlaufstellen, an denen die Berliner im Katastrophenfall, bei dem Strom- und Datenversorgung ausfällt, Informationen erhalten und auch Notrufe absetzen könnten. 

Zivilschutz mit „Unterstützung der Streitkräfte“

Neu und ungewohnt für die Hauptstadt ist auch die engere Zusammenarbeit mit der Bundeswehr. Anders als beim Katastrophenschutz mit der Zuständigkeit der Bundesländer ist für den Zivilschutz im Kriegsfall der Bund verantwortlich. Die zivile Verteidigung sei dann „Teil der Gesamtverteidigung“, hieß es von der Senatsinnenverwaltung. 

Dabei gehe es um die „Sicherung der Arbeitsfähigkeit von Berlin und des Senats“, um Schutzräume, medizinische Versorgung und um die „Unterstützung der Streitkräfte“, etwa bei Verkehrswegen von Truppen in Berlin. 

Der Bund soll auch einen Großteil der etwa 630 Einsatzfahrzeuge, die benötigt würden, zur Verfügung stellen. Das seien Löschautos, Spezialfahrzeuge und besondere Sanitätsfahrzeuge, die für den Katastrophenfall und besondere Einsätze sowie auch Übungen bereitstehen sollen. 

Cyberangriffe sind inzwischen „unser tägliches Brot“

Die zuständige Beamtin in der Senatsinnenverwaltung, Friederike von Holtum, sagte: „Die Bedrohungslage ist jetzt eben etwas anders.“ Cyberangriffe seien inzwischen „unser tägliches Brot“. Berlin und Deutschland müssten sich noch viel besser schützen, auch gegen mögliche Sabotageakte an der Infrastruktur.

Spranger und ihre Kollegen appellierten an die Berliner, sich mit Blick auf Katastrophen und Gefahrenlagen nicht nur auf den Staat zu verlassen. „Es muss in der Bevölkerung ein Verständnis für Eigenverantwortung geben. Jeder muss sich Gedanken machen, wie informiere ich mich und wie handele ich.“

Bei einem sogenannten Blaulichtfest am Sonntag am Deutschen Technikmuseum soll durch Senat, Polizei und Hilfsorganisationen noch ausführlicher über das Thema informiert werden. Das Motto lautet in diesem Jahr: Hitze. (mit dpa)

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