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Am Sonntag im Technikmuseum. Die Künstlerin Monilola Olayemi Ilupeju und ihr Kollege Philip Kojo Metz (Bild unten) setzen sich derzeit mit einer Performance kritisch mit der Installation zum Sklavenhandel, die abgebaut wird, auseinander.

© SDTB / F. Wode

Weg mit dem Menschenkäfig: Im Technikmuseum soll Schwarze Geschichte nicht mehr nur Opfererzählung sein

Die Schifffahrtsabteilung des Technikmuseums wurde umgebaut. Jetzt wird eine viel kritisierte Installation zur Sklaverei entfernt und ersetzt.

Sie hießen „Rother Löwe“, „Friedrich Wilhelm zu Pferde“ oder auch „Kurprinz“. Wenn sie Glück hatten, beschlossen sie ihre Dienstzeit auf einer Abwrackwerft. Hatten sie Pech, erwischte es sie in einem Sturm oder sie wurden versenkt, vielleicht auch nur gekapert oder Ähnliches wie besagte „Kurprinz“: War das Schiff im Juni 1662 noch voll beladen mit Sklaven von Arguin nach St. Thomas unterwegs, wurde sie im Jahr darauf in England vorübergehend beschlagnahmt.

Die Schiffe der kurbrandenburgischen Marine waren insgesamt gesehen mit nicht viel Fortüne gesegnet, auch finanziell waren die Flotten ein Reinfall. Der Sklavenhandel, in den der Große Kurfürst so optimistisch mit eingestiegen war, zahlte sich einfach nicht aus, auch für Friedrich I. nicht, und so ließ ihn der Soldatenkönig kurzerhand fallen.

Ein modernes Technikmuseum hat auch diese dunklen Seiten seiner historischen Schaustücke zu zeigen, und das hat die 2003 eröffnete Schifffahrtsabteilung des Hauses am Landwehrkanal bezüglich des Brandenburger Sklavenhandels bislang in sehr plastischer Form getan: Neben den Modellen von Schiffen, die um 1700 im Auftrag der Kurfürsten von Brandenburg fast 20 000 Menschen von der afrikanischen Westküste in die Karibik verschleppten, gibt es eine museal-künstlerische Inszenierung, die in letzter Zeit jedoch zunehmend in die Kritik geriet: In einem Kubus, der mit seinen rostigen Metallplatten wie ein Frachtcontainer aussieht, saßen auf Regalen wie in einem Warenlager Figuren, die die versklavten Männer, Frauen und Kinder darstellen sollten. Eine drastische Darstellung, Sinnbild der Herabsetzung von Menschen zur bloßen Ware. Es wirkt wie ein Menschenkäfig, was anfangs nicht so geplant war, sich dann aber durch Absperrungen so ergab, die wegen der nur aus Styropor bestehenden Figuren aus Sicherheitsgründen für notwendig erachtet wurden.

In der Schwarzen Community Berlins stieß die Installation auf Ablehnung, der, wie es in einer Mitteilung des Technikmuseums heißt, vorgeworfen wurde, „eine vereinfachte und unangemessene Darstellung dieses traumatischen Kapitels der Geschichte“ zu sein. Schwarze Menschen würden darin auf ihre Körperlichkeit und ihren Opferstatus reduziert – „passiv und ohne eigene, widerständige Geschichte“. Dies soll nun geändert werden, in einem langfristig angelegten Pilotprojekt, das gemeinsam mit dem Initiativenverbund Dekoloniale vorangetrieben wird. Ziel ist, noch recht abstrakt, ein Projekt „für eine multiperspektivische Betrachtung der Versklavungsgeschichte“.

Dazu muss die alte Installation aber erst mal weg, was an diesem Sonntag in einer per Streaming gezeigten Doppel-Performance begonnen wird. Beteiligt sind die amerikanisch-nigerianische Künstlerin Monilola Olayemi Ilupeju und ihr deutsch-ghanaischer Kollege Philip Kojo Metz. Sie beschäftigt sich mit dem Staub, der sich im Laufe der Jahre auf der Installation angesammelt hat – für sie ein Symbol der Zeit, die seit Eröffnung der Installation verstrichen ist, wie der Veränderung, die in der Museumsarbeit stattgefunden hat. Er konzentriert sich auf den Abbau der Hülle und der vielen Bauteile, den Weg zur Leerstelle also, der symbolisch für den Prozess der Dekolonialisierung von Museen steht.

Stammgäste des Technikmuseums und besonders seiner Schifffahrtsabteilung würden auch ohne die neue Leerstelle einige Veränderungen entdecken: In einjähriger Arbeit sind Erdgeschoss und erstes Obergeschoss der Schiffeschau umgestaltet worden, um ihr „ein neues, zeitgemäßes Gewand“ zu geben. Es gibt auffälliger gestaltete Überblickstexte, in Vitrinen integrierte Texte, auch wird mit Icons gearbeitet, entsprechend den Sehgewohnheiten digital geprägter Besucher. Die Ausstellung ist nun komplett zweisprachig. Neu aufgenommen wurden die Themen „Berliner Fahrgastschifffahrt“ und „Berliner Wassergrenze“, für die etwa eine Grenztonne der DDR steht.

Der Kaffenkahn aus den 1840er Jahren, mit dem einst Baustoffe und Lebensmittel in die Stadt transportiert wurden, wurde neu inszeniert. Ein neues Highlight ist ein Küchen-Dampfboiler aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Er stammt ursprünglich von dem beim Publikum beliebten Dampfschlepper „KurtHeinz“ und wurde mit dem Dampf des Schiffskessels betrieben. Der doppelwandige Aufbau sorgte für ein schnelles, energiesparendes Erhitzen des Wassers. Als weitere Attraktion wird ein Modell eines Flaggschiffs des chinesischen Admirals Zheng He gezeigt, der im frühen 15. Jahrhundert sieben große Expeditionen bis an die Ostküste Afrikas unternahm. Anders als die Schiffe des Großen Kurfürsten dienten sie aber vor allem dem Handel mit Gewürzen und Juwelen.

Die Performance wird am Sonntag von 11 bis 17 Uhr live gezeigt auf https://youtu.be/4dxmB1tAfQ0.

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