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Wegen des „Schneller-Bauen-Gesetzes“: Nabu verleiht bundesweiten Negativpreis an Berliner Senat

Der Naturschutzbund sieht in dem Gesetzespaket eine der größten Umweltsünden im ablaufenden Jahr. Durch das Vorhaben werden Standards, unter anderem im Natur- und Artenschutz, abgesenkt.

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Der Naturschutzbund hat seine Kritik am sogenannten „Schneller-Bauen-Gesetz“ erneuert und dem Berliner Senat am Montag symbolisch den Negativ-Preis „Dinosaurier des Jahres 2024“ überreicht.

„Der Berliner Senat suggeriert mit seinem Gesetz schnelle und praktikable Lösungen, die aber Natur und Mensch über Gebühr belasten“, sagte Melanie von Orlow, Geschäftsführerin des Nabu-Landesverbandes Berlin. „Das Gesetz wird zu einem massiven Nettoverlust an Stadtgrün führen, da Ersatzmaßnahmen künftig kaum noch kontrolliert werden oder teilweise sogar entfallen dürfen.“ Berliner Grünflächen wie der Emmauswald in Neukölln, die Moorlinse in Buch oder die Elisabeth-Aue im Norden Berlins seien dadurch akut bedroht.

Weniger Vorschriften für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen

„Wohnungsnot ist ein drängendes Problem, aber dieses Gesetz löst es nicht“, sagte von Orlow. „Es zerstört Natur, heizt das Klima an und verhindert eine nachhaltige Stadtentwicklung.“

Die schwarz-rote Koalition hatte Anfang Dezember das „Schneller-Bauen-Gesetz“ beschlossen, ein Paket, das Änderungen an zehn Gesetzen, der Bauordnung und zahlreiche untergesetzliche Maßnahmen vorsieht. Ziel sei es, „in den unterschiedlichen Bereichen des Planens und Bauens bestehende Hindernisse abzubauen und Beschleunigungspotentiale zu nutzen“, heißt es in der Gesetzesbegründung.

Das betrifft unter anderem auch Vorgaben im Natur- und Artenschutz. So müssen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für Eingriffe in die Natur künftig nicht mehr innerhalb von zwei Jahren umgesetzt werden, sondern in einer „angemessenen Frist“. Zudem können die Maßnahmen anders als bisher auch an Dritte übertragen werden.

Insbesondere bei Vorhaben von besonderer Bedeutung für den Wohnungsbau sollen „flexible und die Vorhabenträger entlastende Lösungen für die Durchführung naturschutzrechtlich erforderlicher Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen“ ermöglicht werden. Dies gibt der Verwaltung mehr Spielraum bei der Genehmigung von Bauvorhaben.

Eingriffe in Biotope sollen künftig auch „aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich der Verwirklichung bedeutsamer Vorhaben des Wohnungsbaus oder der sozialen Infrastruktur“ möglich sein. Die unbedingte Pflicht von Ausgleichsmaßnahmen entfällt damit.

„Das Schneller-Bauen-Gesetz ist keine Lösung für die Zukunft, sondern ein Rückschritt in die Vergangenheit“, sagte Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger. „Der Erhalt von Natur ist kein Selbstzweck, sondern eine Lebensversicherung – gerade für Städte wie Berlin.“

Mit dem „Dinosaurier des Jahres“ – einer 2,6 Kilogramm schweren Nachbildung einer Riesenechse – zeichnet der Nabu nach eigenen Angaben seit 1993 bundesweit Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus, die sich „durch besonders rückschrittliches öffentliches Engagement in Sachen Natur- und Umweltschutz hervorgetan haben“. Seit 2020 würden nicht mehr Personen, sondern konkrete Projekte ausgezeichnet. Preisträger 2023 war der „Beschleunigungspakt“ der Ministerpräsidentenkonferenz, 2022 die Umweltkatastrophe an der Oder.

Berlins Bausenator Christian Gaebler (SPD) äußerte sich auf Tagesspiegel-Anfrage nicht zu dem Negativpreis.

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