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Queer-Sprecher fordert mehr Unterstützung vom Senat: Berliner Club SchwuZ meldet Insolvenz an
Das Berliner SchwuZ, eine wichtige Institution der queeren Szene, hat Insolvenz angemeldet. Trotz finanzieller Schwierigkeiten soll der Clubbetrieb fortgeführt werden.
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Das SchwuZ in Berlin hat Insolvenz angemeldet. Die Geschäftsführung informierte darüber in einer Belegschaftsversammlung. Grund für diesen Schritt sei eine drohende Zahlungsunfähigkeit, heißt es in einer Mitteilung an die Vereinsmitglieder.
Der Clubbetrieb soll allerdings weitergehen, auch die Gehälter werden weiterhin gezahlt. Die wirtschaftliche Krise des SchwuZ habe sich seit Ende 2023 abgezeichnet. Schon damals sei klar gewesen, dass 2024 mit einem erheblichen Defizit abschließen würde, schreiben die Vorstände. Erste Gegenmaßnahmen im Sommer 2024 hätten sich als nicht ausreichend erwiesen.
Katja Jäger, seit März 2025 Geschäftsführerin des SchwuZ, sagt in einer Pressemitteilung des Clubs: „Mir wurde der Staffelstab Anfang 2025 mit dem Hinweis übergeben, dass für das Jahr 2024 ein Defizit bestehe, dem jedoch bereits mit geeigneten Maßnahmen begegnet worden sei.“
Mit dem Wechsel der Geschäftsführung habe „eine umfassende Analyse der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage“ begonnen, heißt es. Das volle Ausmaß der Krise wurde dann im Mai 2025 sichtbar: rückläufige Umsätze, monatliche Fehlbeträge von 30.000 bis 60.000 Euro und strukturelle Defizite in Prozessen, Personalplanung und wirtschaftlicher Steuerung.
Massiver Personalabbau
Trotz Umstrukturierungen, Personalabbau und Programmfokussierung blieb die wirtschaftliche Basis zu schwach. Die Geschäftsführung stellte daher in Absprache mit dem Vorstand die Insolvenzanträge. Ein Berater solle nun helfen, das SchwuZ wieder auf wirtschaftlich tragfähige Beine zu stellen.
„Wir wollen das SchwuZ neu aufstellen, als offenen, diversen und widerständigen Ort. Dass wir diese Transformation nicht in der bisherigen Struktur fortführen können, schmerzt“, so Katja Jäger.
Die neue Geschäftsführerin war Ende Mai in die Kritik geraten, als über 30 Mitarbeitenden des Clubs gekündigt wurde – einige von ihnen hatten seit 20 Jahren für Berlins ältesten queeren Club gearbeitet. Die Gekündigten warfen den Verantwortlichen vor, zu lange untätig gewesen zu sein und schlecht mit der Belegschaft zu kommunizieren.
Zu den weiteren Sparmaßnahmen gehörten verringerte Öffnungszeiten der Pepsi Boston Bar. Das SchwuZ startete eine Crowdfundingkampagne und kündigte an, dass es statt einer Garderobe bald nur noch Spinde geben wird. An der Tür ist ab sofort nur noch bargeldlose Zahlung möglich.
„Ein Insolvenzantrag ist nicht das Ende, sondern ein Werkzeug, welches dem SchwuZ wieder Luft zum Atmen gibt und eine Chance neu zu starten“, heißt es in der Mitteilung an die Vereinsmitglieder. Die Geschäftsführung will den Betrieb bis zur voraussichtlichen Verfahrenseröffnung im Oktober aufrechtzuerhalten. Ziel sei es, so die Pressemitteilung, in dieser Zeit die Grundlagen für eine dauerhafte Fortführung des SchwuZ zu sichern.
Senat bleibt tatenlos
Klaus Lederer, ehemaliger Bürgermeister und heute Sprecher für Queerpolitik der Fraktion Die Linke im Berliner Abgeordnetenhaus, sieht Berlins queere Subkultur in ernster Gefahr und kritisiert die Tatenlosigkeit des Senats. „Die Rahmenbedingungen für safe spaces, Orten des Empowerments und der sozialen Unterstützung werden immer schwieriger“, teilte Leder mit.
Hiobsbotschaften von Verdrängung, Schließung und wirtschaftlicher Not würden sich häufen, dies verändere das Antlitz der vom Senat immer wieder beschworenen „Regenbogenhauptstadt“. Schwarz-Rot stehe jedoch tatenlos daneben, sagt Lederer. „Konkrete Maßnahmen werden abgelehnt; eine kohärente Strategie zum Erhalt der queeren Infrastruktur ist nicht ansatzweise zu erkennen.“
Das Schwuz ist kein Einzelfall, viele queere Bars kämpfen um ihr Überleben. Die Koalition müsse sich einer unbürokratischen Unterstützung zuwenden und queere Räume schützen. „Momentan scheint mir: Erst wenn der letzte Club verschwunden, der letzte Raum queeren Alltagslebens verdrängt ist, werden sie merken, dass ´Regenbogenhauptstadt´ mehr ist als Pride-Flaggen zu hissen und Regenbogen-Kuchen zu essen. Aber dann ist es zu spät.“ (Tsp)
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