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Deutschland-Fans jubeln beim Public Viewing in der Fanzone am Brandenburger Tor.

© dpa/Christoph Soeder

Wirtschaftlicher Effekt der EM: Europameisterschaft bringt Berlin laut Studie eine Milliarde Euro

Den hohen Kosten für die EM-Austragung steht laut einer Studie eine deutlich höhere Wertschöpfung für Berlins Wirtschaft gegenüber. Doch die Ergebnisse sind umstritten.

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Berlin hat einer neuen Berechnung zufolge wirtschaftlich viel stärker von der Fußball-Europameisterschaft profitiert, als der Senat zuvor erwartet hatte. Das geht aus einem Bericht der Senatsinnenverwaltung an den Hauptausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses hervor.

Demnach soll Berlin mit dem Turnier eine Stadtrendite von insgesamt 1,017 Milliarden Euro erwirtschaftet haben. Der Senat war zuvor in seinen Annahmen von positiven Effekten für die Stadt in Höhe von 600 Millionen Euro ausgegangen. Zunächst hatte der RBB darüber berichtet.

Sieben Milliarden Euro Mehrwert für die EM-Austragungsstätte

Die Ergebnisse stammen aus einer Analyse der Firma Nielsen Sports, die direkt vom Veranstalter des Turniers, der Euro 2024 GmbH, mit der Erhebung beauftragt wurde. Insgesamt sei in den zehn deutschen Austragungsorten durch die Europameisterschaft demnach ein Mehrwert von 7,4 Milliarden Euro geschaffen worden.

Beim Berliner Anteil daran ergibt sich die Summe unter anderem aus einer direkten Wertschöpfung von 292,4 Millionen Euro. Sie stammt aus den Ausgaben der größtenteils angereisten Zuschauer an den sechs Berliner Spieltagen für Hotels, Gastronomie und Transport. Daneben fließen die Umsätze auf der Fanmeile am Brandenburger Tor im Laufe des gesamten Turniers ein.

Zudem hat Nielsen eine indirekte und induzierte Wertschöpfung von 668,2 Millionen Euro ermittelt. Sie beruht auf Annahmen, inwiefern das durch die EM-Zuschauer eingenommene Geld im Laufe der Zeit weiter in Berlin zirkuliert, etwa durch Löhne für Mitarbeiter, die einen Teil davon wieder in der Stadt ausgeben.

Zuletzt beinhaltet die Gesamtsumme auch eine angenommene Media-Wertschöpfung von 56 Millionen Euro. Sie entspricht dem Wert, den Berlin sonst für denselben Marketingeffekt für die Stadt hätte ausgeben müssen.

Die Ergebnisse sind unter Sportökonomen umstritten

Zum Vergleich: Das DFB-Pokalfinale 2023 brachte Berlin nach derselben Berechnungsmethode eine Stadtrendite von 52 Millionen Euro ein. Für die Special Olympics 2023 hatte ebenfalls die Firma Nielsen im Auftrag des Senats eine Wertschöpfung von 255,1 Millionen Euro ermittelt.

Allerdings sind die Ergebnisse und Berechnungsmethoden in der Wissenschaft umstritten. Nielsen, deren Berater in der Vergangenheit bereits mehrfach für den Senat den wirtschaftlichen Effekt von Sportereignissen ermittelt haben, wird von Experten hinter vorgehaltener Hand vorgeworfen, die Werte künstlich aufzublähen.

Für die politischen Entscheider sind die großen Zahlen hilfreich, die Events als Erfolg zu verkaufen.

Ein Sportökonom zur Seriosität der Ergebnisse

Insbesondere die indirekte Wertschöpfung beruhe demnach auf sehr positiv ausgelegten Annahmen, sagte ein Sportökonom, der nicht namentlich genannt werden möchte. Dass die Länder und Städte trotzdem immer wieder auf die Berechnungen zurückgriffen, habe vor allem politische Gründe: „Für die politischen Entscheider sind die großen Zahlen hilfreich, die Events als Erfolg zu verkaufen.“

Auch die Innenverwaltung gibt zu, dass das Modell „methodisch ungeeignet ist, um volkswirtschaftliche oder gar fiskalische Effekte von Sportveranstaltungen für das Land Berlin zu ermitteln“, heißt es in dem Bericht an den Hauptausschuss. Die ausgewiesenen Werte seien daher nicht gleichbedeutend mit einem positiven Effekt auf das Bruttoinlandsprodukt des Landes.

Auch lassen sich daraus keine direkten Aussagen zu den Berliner Steuereinnahmen durch das Turnier treffen. Unter anderem, weil etwa zusätzliche Steuereinnahmen durch mehr Umsatz bei Hotels und Restaurants im Rahmen des Finanzkraftausgleichs in Deutschland „größtenteils abgeschöpft und damit für den Landeshaushalt nicht haushaltswirksam werden“, heißt es in einem Ende 2023 veröffentlichten Bericht der Innenverwaltung zu Sportgroßereignissen.

Innensenatorin Iris Spranger (SPD) selbst hatte die Annahme von 600 Millionen Euro Wertschöpfung zum Turnierstart als „konservativ“ bezeichnet. Fest steht hingegen, was Berlin für die Austragung des Turniers gezahlt hat: Insgesamt belaufen sich die Kosten für das Land auf knapp 84 Millionen Euro.

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