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Die App von Mietz soll Wohnungssuchenden den Weg durch den Dschungel des Marktes weisen.

© Gestaltung: TSP | Fotos: Mietz, imago-images, freepik

Wohnungssuche per Fingerstrich: Eine Dating-App für Vermieter und Interessenten

Das Berliner Start-up Mietz möchte die Orientierung auf dem Mietmarkt mit einer App erleichtern. Der Mieterverein ist eher skeptisch.

Von Fanny Haimerl

Etwa 50 Stunden habe sie in ihre letzte Wohnungssuche investiert, sagt Lena Tuckermann, das sei viel zu viel. Insgesamt habe sie dabei 200 Nachrichten an Vermieter:innen verschickt. Wer eine Wohnung suche, müsse die richtigen Angebote auf dem Markt herausfiltern, etliche Telefonate führen und Nachrichten verschicken. Das sei „ein mühsamer, ineffizienter, manueller Prozess”, sagt Tuckermann. Deshal gründete sie im Mai 2021 zusammen mit Johann Kim in Berlin das Start-up Mietz, das die Wohnungssuche mittels einer App vereinfachen soll.

Durch die persönliche Erfahrung sei ihr klar geworden, dass oft zu viel Zeit und Energie verloren geht, bis Vermieter:innen und Wohnungssuchende zusammenzufinden, sagt die jetzige Unternehmerin, die zum Zeitpunkt der Gründung noch Jura studierte. „Wir wollen den Prozess für beide Seiten vereinfachen”. Seit Kurzem ist die App verfügbar.

Es sei ihr wichtig, dass junge Menschen, die an Social-Media-Apps wie Instagram und Tik Tok gewöhnt sind, bei der Wohnungssuche nicht das Gefühl haben, sie säßen vor „einer Art digitaler Zeitung”. Vielmehr wolle sie ihren Nutzer:innen ein „Social Media-Feeling” bieten.

Sowohl Mieter:innen als auch Vermieter:innen können in der Mietz-App ein eigenes Profil anlegen und dort ihre Persönlichkeit zeigen. Die Software ist vom Prinzip her ähnlich aufgebaut wie die Dating-App Tinder. Nutzer:innen können sich mit Hilfe von Fotos präsentieren und über sich selbst und ihre Interessen schreiben.

Dokumente können hinterlegt werden

Die Nutzerinnen und Nutzer wählen dann per Fingerstrich zwischen verschiedenen Angeboten. Nur werden statt potenzieller Dates hier eben Wohnungsangebote nach links oder rechts „geswiped“. Rechts bedeutet „gefällt mir”, links hingegen bedeutet „gefällt mir nicht”.

Diskriminierung aufgrund des Aussehens soll es bei Mietz aber nicht geben. Den ersten Eindruck bestimmt daher nicht ein Foto der wohnungssuchenden Person. Die Vermieter:innen können sich aber Unterlagen wie beispielsweise Immatrikulationsbescheinigungen anzeigen lassen. Wenn die Vermieter:innen mit den angegebenen Daten zufrieden sind, können sie sich dazu auch das Profil mit dem Foto ansehen.

Hat auch ein Vermieter oder eine Vermieterin Interesse, kommt ein „Match” zustande, wie bei Tinder werden beide miteinander vernetzt. Ein solches „Match” ist die Voraussetzung dafür, dass Daten freigegeben werden können. Das heißt: Man schickt seine Unterlagen nicht an alle potenziellen Vermieter:innen, sondern nur an diejenigen, die Interesse geäußert haben.

Tuckermann benennt die Vorteile, die eine Wohnungssuche per App aus ihrer Sicht liefert: Ein Interessent könne Unterlagen einmalig hinterlegen, erklärt Tuckermann, so müssen diese nicht immer wieder aufs Neue verschickt werden. „Wer seine Dokumente auf Mietz hinterlegt, hat ständig die Kontrolle darüber”, sagt Tuckermann.

Mietverträge in der App unterschreiben

Das Mietz-Team hat außerdem ein System entwickelt, durch das Mietverträge direkt in der App abgeschlossen werden können. So sollen laut Tuckermann auch befristete Mietverträge rechtssicher digital abgewickelt werden können, ohne Papier. Das funktioniert, indem eine sogenannte qualifizierte elektronische Signatur eingesetzt wird.

Die Schriftform lässt sich dadurch digital abbilden, mit einem erhöhtem Sicherheitsstandard. Technisch ist das sehr komplex, vereinfacht lässt es sich so erklären: Ähnlich wie bei Banking-Apps erfolgt eine Ausweisüberprüfung, also eine Verifizierung, durch die die Daten mit dem Vertrag abgeglichen werden können.

„Die Signatur ist nur dann qualifiziert, wenn alle technischen Sicherheitsanforderungen erfüllt sind”, sagt Tuckermann. „So können wir die richtige Identität der Unterzeichnenden sicherstellen”.

Doch das ist nicht die einzige Methode, mit denen das junge Unternehmen die Sicherheit der Nutzer:innen garantieren möchte. „Auf Vermieter:innenseite arbeiten wir viel mit Unternehmen zusammen, die wir gut kennen”, sagt Tuckermann. Außerdem werde es ein Reporting-System geben, durch das Nutzer:innen Auffälligkeiten melden können.

In einer so genannten Pre-Seed-Finanzierungsrunde, also ganz zu Beginn, hat das junge Team von Mietz eine Millionen Euro an Investorengeldern eingesammelt. „Wir haben uns entschieden, Angel-Investoren anzusprechen, das sind Privatpersonen, die Lust haben, ihr persönliches Know-how einzubringen”, sagt Tuckermann. Langfristig wolle sich Mietz aber durch Kooperationen mit großen Immobilienfirmen finanzieren. Für die Wohnungssuchenden soll die App kostenlos bleiben.

Mieterschutz

Ulrike Hamann vom Berliner Mieterverein sagt, dass sie jede neue Möglichkeit gut und hilfreich finde, wenn es darum geht, Wohnungen auf dem überlastenden deutschen Wohnungsmarkt zu bekommen. Sie weist aber darauf hin, dass es auch auf anderen Wohnungssuche-Portalen, wie „Immoscout” möglich sei, seine Daten sicher zu hinterlegen und erst dann freizugeben, wenn Kontakt zu Vermieter:innen besteht.

Durch die vielen Bewerber:innen und die wenigen Wohnungen ist das Swipen eher frustrierend.

Ulrike Hamann, Berliner Mieterverein

Dennoch finde sie es gut, dass es neue Alternativen zu den gängigen Wohnungssuche-Portale gibt. Positiv sei, dass die App kostenlos nutzbar ist, da auf vielen anderen Wohnungssuche-Portalen gute Angebote nur in kostenpflichtigen „Premium-Versionen” angeboten werden.

Hamann ist aber auch der Meinung, dass die App Mietz die Probleme auf dem Wohnungsmarkt nicht allein lösen wird. Das Verhältnis zwischen den angebotenen Wohnungen auf dem Markt und den Bewerber:innen sei momentan einfach zu unausgewogen. „Durch die vielen Bewerber:innen und die wenigen Wohnungen in der App, ist das Swipen für die Nutzer:innen nicht so attraktiv, eher frustrierend”, vermutet Hamann.

Bei Mietz wird schon weiter gedacht. „Es wird sich noch ganz viel weiterentwickeln, das ist erst der Anfang”, verspricht Tuckermann. Zum Beispiel plane das Unternehmen ein „WG-Feature”. Damit soll es in Zukunft möglich sein, zusammen als Wohngemeinschaft Mitbewohner:innen zu suchen. Und WG-Suchende sollen auf Mietz direkt erkennen können, wer sonst noch in der Gemeinschaftswohnung wohnt.

Darüber hinaus sollen junge Wohnungssuchende unterstützt werden. „Wir möchten, dass durch Mietz eine Community entstehen kann, durch die sich Wohnunssuchende vernetzen können”, sagt Tuckermann. Das Unternehmen wolle so Menschen zusammenbringen, die beispielsweise neu in einer Stadt sind und noch niemanden kennen.

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