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Zaunpläne für den Görlitzer Park: Die CDU sollte dem grünen Bezirk einfach mal die Hand ausstrecken
Ein Zaun um den Görlitzer Park hilft den Anwohnenden nicht, sagt Katrin Schmidberger von den Grünen. Sie wehrt sich gegen den Gastbeitrag von CDU-Fraktionschef Dirk Stettner.
Stand:
Lieber Herr Stettner, Ihr Gastbeitrag an genau dieser Stelle ist voller Hochmut. Sie haben keine Lösung parat, die den Menschen vor Ort – im Görlitzer Park selbst sowie dem angrenzenden Wohngebiet – wirklich hilft.
Ich wohne im Wrangelkiez und fahre im Gegensatz zu ihnen tagtäglich durch den Görli oder daran vorbei. Glauben Sie mir, wir, die Anwohnenden, müssen uns von der CDU die Lage vor Ort nicht erklären lassen. Sie, Herr Stettner, zeichnen ein einseitiges, düsteres Bild von „Gesetzlosigkeit“ und Gewalt in der Parkanlage, das maßlos übertrieben ist. Alle, die sich dort regelmäßig aufhalten, wissen das.
Und zu behaupten, wir Grüne hätten „ein ganzes Viertel ins Chaos stürzen lassen“, ist „Realitätsverweigerung“. Schauen Sie mal über Ihren ideologischen Tellerrand hinaus und sich in Berlin um, die Verelendung hat in der ganzen Stadt zugenommen.
Der Görli ist nach wie vor eine der beliebtesten Grünflächen der Stadt. Familien aus dem Kiez spielen dort mit ihren Kindern. Tagsüber ist er ein Ort für Freizeit und Sport, an Sommerabenden zum Chillen und Grillen. Und natürlich: Die Drogendealer nerven, einige sind selbst suchtkrank, Spritzen auf Spielplätzen sind ein No-Go – daher bin auch ich für die Umzäunung der Spielplätze, wie es bereits im Bezirk an einigen Stellen funktioniert.
Der Vorschlag der CDU, den Görli nachts abzusperren und mit einem Zaun „zu sichern“, ist jedoch eine reine symbolpolitische Machtdemonstration. Der „Zaunbau zu Babel“ ist ein Zeichen der Hybris, der Überheblichkeit einer Partei, die die fatalen Konsequenzen dieses Vorhabens nicht im Blick hat. Und diese werden folgen.
Denn das Problem verschiebt sich damit nur noch mehr in die Wohngebiete, verschwindet aber nicht. Dealer, Obdachlose, Abhängige, sie werden sich in den umliegenden Kiezen Plätze suchen. Das macht weder den Park noch die Kieze sicherer. Im Gegenteil.
Die Drogendealer nerven
Katrin Schmidberger, Abgeordnete der Grünen.
Schon heute klagen die Anwohner*innen rund um den Görli über Drogenabhängige, die teils bewusstlos in Hinterhöfen und Treppenhäusern liegen, über Drogenbesteck und Kot, über immer mehr Dealer und deren Revierkämpfe. Diese Entwicklung beobachten wir im Kiez schon länger. Im März 2015 führte der damalige CDU-Innensenator Frank Henkel die sogenannte Null-Toleranz-Regel für den Görli ein.
Das „Drogenproblem“ war auch damals nicht weg, sondern begann sich in die angrenzenden Wohnstraßen zu verlagern. Vermutlich weiß auch Kai Wegner, dass er Suchtprobleme, Wohnungslosigkeit und Kriminalität mit einem Zaun nicht lösen wird. Vermutlich gibt die CDU deshalb vorsorglich schon mal den Grünen die Schuld an der Misere und zeigt mit dem Finger auf das Bezirksamt, das nicht in der Lage sei, die Kriminalität zu bekämpfen.
Dass die schon immer CDU und SPD-geführte Innenverwaltung für die Kriminalitätsbekämpfung zuständig ist und die Polizei keine Strategie zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität gefunden hat, ist jedoch weder das Versagen der Grünen noch des Bezirks.
Sie schreiben, dass die Dealer „Handlanger der Clans“ seien – wenn man weiß, wer für den Drogenverkauf verantwortlich ist, warum wird dann nichts unternommen? Oder was wird unternommen, um „den Sumpf trocken zu legen“?
Jeder, der sich nur etwas am Görli auskennt, weiß, dass seit Jahren Beschäftigte im Bezirksamt, bei den sozialen Trägern und der Anwohnerschaft unermüdlich für Verbesserungen im Rahmen des Möglichen kämpfen. Das von Herrn Wegner besuchte und zu Recht hochgelobte, komsumakzeptierende Übernachtungsangebot „Ohlauer 365“ beispielsweise könnte zum bahnbrechenden Ganztagsangebot werden, könnte Menschen von der Straße holen und ihnen, wenn nötig, auch aus der Sucht heraushelfen.
Stattdessen sind die Träger, die echte Maßnahmen gegen die steigende Suchtproblematik durchführen, von Verdrängung bedroht. Die Arztpraxis am Schlesischen Tor, die seit Jahren Abhängige versorgt, sucht seit langer Zeit verzweifelt Ersatzräume, weil sie gekündigt werden. Auch ich bitte seit Monaten immer wieder bei landeseigenen Wohnungsunternehmen und anderen Gewerbevermietern um Hilfe.
Hier könnte der Senat tatkräftig „einfach mal machen“ und aktiv nach Räumen suchen oder generell etwas gegen die steigenden Mieten in unseren Kiezen unternehmen. Aufgabe der Eigentümer*innen im Kiez wäre es auch, die Haustüren einbruchsicherer zu machen.
Herr Stettner, Sie sollten sich endlich darauf besinnen, dass die Befriedung des öffentlichen Raumes einen langen Atem statt hoher Zäune braucht. Viel Geld kostet beides – aber nur die Investition in die Menschen hilft auch den Menschen.
Vom Senat erwarte ich deswegen, dass er sich auf die zugesagten sozialen Maßnahmen aus dem Sicherheitsgipfel fokussiert – und diese nachhaltig absichert. Statt mit dem Finger auf andere zu zeigen, einfach mal die Hand ausstrecken. Zusammenarbeit statt Zaunträume, das wäre doch mal was.
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