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 Ein in einem Rollstuhl sitzender Bewohner sitzt in einem Altenpflegeheim in seinem Zimmer.

© picture alliance/dpa/Frank Rumpenhorst

So bereiten sich die Betreiber vor: Droht auch hierzulande der Omikron-Notstand in den Pflegeheimen?

Omikron könnte auch zehntausende Pflegekräfte treffen und ausfallen lassen. Die Heime setzen auf ausgefeilte Schutzmaßnahmen – und das Prinzip Hoffnung.

In der Weihnachtswoche hat das Robert Koch-Institut (RKI) eine Vielzahl von Corona-Ausbrüchen in Alten- und Pflegeheimen gezählt. 622 Virusinfektionen in Einrichtungen rechnet das RKI solchen Ausbrüchen - mit zwei oder mehr Infektionen - zu. Eine Gesamtzahl der Corona-Fälle in Pflegeeinrichtungen konnte das RKI auf Tagesspiegel-Nachfrage allerdings nicht nennen.

Aktuell, das zeigt eine stichprobenartige Abfrage des Tagesspiegels bei den größten privaten sowie gemeinnützigen Pflegeheimbetreibern in Deutschland, bewegt sich der Corona-Krankenstand unter dem Heimmitarbeitern im teilweise kaum messbaren Bereich. Doch wird das mit der wachsenden Omikron-Welle so bleiben?

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In Großbritannien zeigt sich aktuell, welche dramatischen Auswirkungen Omikron auf die Betreuung in den Pflegeeinrichtungen haben kann. Anfang der Woche hatten mehr als 90 Pflegeeinrichtungen in England den Ausnahmezustand ausgerufen.

Mehr als 11.000 Pflegebeschäftigte fallen im Zusammenhang mit dem Coronavirus aus, berichtet die Nachrichtenseite des Guardian. Die Sieben-Tage-Inzidenz beträgt am Donnerstag 1646,2. Im Vergleich liegt der Wert der Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Personen in den vergangenen sieben Tagen in Deutschland derzeit bei niedrigen 285,9.

Aktuell ist die Situation noch entspannt

„Die Alten- und Pflegeheime haben die Situation derzeit trotz erheblicher zusätzlicher Belastungen noch im Griff, arbeiten aber seit Monaten am Limit“, sagt Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) gegenüber dem Tagesspiegel. „Die Hygiene- und Schutzkonzepte stehen“, bekräftigt Meurer.

Die Zahl der Infizierten liege aktuell bei den Mitarbeitenden bei unter drei Prozent, teilt die Victor's Group auf Tagesspiegel-Anfrage mit. Das Unternehmen betreibt bundesweit mehr als 120 Pflegeeinrichtungen und zählt damit zu den Top Fünf Pflegeheimbetreibern in Deutschland. Die Victor's Group beschäftigt in ihren Einrichtungen mehr als 9.000 Personen.

Corona-Krankenstände im niedrigen einstelligen Prozentbereich

Beim Marktführer Korian sind in der ersten Januarwoche 99 Beschäftigte wegen einer Corona-Infektion ausgefallen. Bei einer Anzahl von etwa 24.000 Beschäftigten ist das ein Anteil von unter 0,5 Prozent. Ähnlich sieht es bei den größten gemeinnützigen Pflegeheimbetreiber, der Johanniter GmbH und der Evangelischen Heimstiftung, aus.

Eine nicht repräsentative Umfrage des Verbands katholischer Altenhilfe (VKAD) in Deutschland unter ihren Mitgliedern ergibt einen Corona-Krankenstand von 1,23 Prozent unter den insgesamt 11.732 Mitarbeitenden.

Viele Betreiber müssen demnach ein bis zwei Ausfälle verkraften, wenige Einrichtungen bis zu zehn - einige zählen aber auch keine Corona-Fälle bei den Mitarbeitenden. Nur vier Prozent der im VKAD organisierten Betreiber sagen, sie können die gewohnte Pflegearbeit aktuell nicht aufrecht erhalten. Bei 60 Prozent scheint das kein Problem zu sein.

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Die Entwicklung der Omikron-Welle in Großbritannien haben aber auch die deutschen Heimbetreiber genau im Blick. So hohe Krankenstände, dass die Pflege nicht mehr sichergestellt werden kann, halten die Verantwortlichen bei der Victor's Group aber für unwahrscheinlich.

In der zweiten Welle habe man ein komplettes Team für eine Woche ersetzen müssen und das auch geschafft. Damit, dass mehrere Teams gleichzeitig ausfallen, rechne man wegen der Schutzvorkehrungen nicht. Alle vom Tagesspiegel angefragten Betreiber testen ihre Mitarbeitenden laut eigener Aussage täglich, Bewohner mehrmals die Woche und Gäste vor jedem Besuch.

Die Evangelische Heimstiftung behandelt alle Verdachtsfälle, wie bestätigte Corona-Fälle. "Bis zum Gegenbeweis", bekräftigt Hauptgeschäftsführer Bernhard Schneider auf Anfrage. Die Mitarbeitenden seien in feste Teams eingeteilt und trügen bei ihrer Arbeit einen Vollschutz, sobald es unter den Heimbewohnern einen Verdachtsfall gebe.

Doch was passiert, wenn alle Sicherheitsvorkehrungen nicht helfen und die Krankenstände unter den Beschäftigten drastisch steigen?

Bundeswehr soll notfalls in Heimen aushelfen

Der Corona-Krisenplan von Korian sieht vor, im Extremfall Mitarbeitende aus anderen Standorten zu verlegen und im Bedarfsfall auf Leasingkräfte zurückzugreifen. Wir "stellen aber wie die gesamte Branche fest, dass der Markt sehr angespannt ist".

Korian hat einen überregionalen Mitarbeiterpool geschaffen, um Ausfälle schnell ausgleichen zu können. "Dieses besondere Engagement honorieren wir mit einem Bonus."

[Lesen Sie auch: "Omikron ist milder – warum sind Ärzte dennoch besorgt?" (T+)]

Die nach den Feiertagen wieder steigende Corona-Inzidenz macht aber auch Schneider von der Evangelischen Heimstiftung Sorgen. "Wir haben in der Pandemie gelernt, dass sich spätestens nach 14 Tagen die Inzidenz im jeweiligen Landkreis in den Pflegeheimen widerspiegelt."

Kurzfristige Personalausfälle könnten laut Schneider mit regionalen Mitarbeiterpools aus Haupt- und Ehrenamtlichen ausgeglichen werden. Im Notfall sei man auf die Unterstützung durch Hilfsorganisationen wie das Deutsche Rote Kreuz, die Malteser oder sogar der Bundeswehr angewiesen.

Man ist sich aber sicher, die Versorgung der Heimbewohner weiterhin sicherstellen zu können. Hoffnung legt man bei den Heimbetreibern auch in die in der Vorbereitung befindlichen verkürzten Quarantänedauer für systemrelevante Berufe.

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