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Vorher-Nachher-Bilder in Prenzlauer Berg: Zurück zu Brachen und Ruinen

Zelte auf dem Helmholtzplatz, dunkle Kneipen am Wasserturm und lange Schlangen in der Kastanienallee. Das war einmal. Und heute? Wo die Gentrifizierung in Prenzlauer Berg wirkte und was sie verschonte.

Die wilde Brache an der Belforter Straße

Ist das wirklich derselbe Blick? Jahrzehntelang führten Bewohner des Kollwitzkiezes ihre Hunde über die Brache hinter dem verfallenen Flachbau. Bis zum Jahr 2007 konnten Obdachlose ungestört in dem Wildwuchs an der Belforter Straße schlafen, dann entstand ums Eck zur Kollwitzstraße herum das "Palais Kolle Belle". Als exklusive Eigentumswohnungen mit Pariser Flair wurden die Einheiten verkauft. Nichts mehr wiederzuerkennen. Und doch ist etwas geblieben in diesem Bild: Schauen Sie auf die Litfaßsäule im Zentrum und die Silhouetten der Häuser der Kollwitzstraße am rechten Bildrand! Selbst ein Schild mit dem Warnhinweis auf Gehwegschäden steht noch da, obwohl der Bürgersteig komplett neu angelegt wurde.

Auch die Kunstinstallation einer Kuhwiese, die 2007 noch an einer Brandwand zu sehen ist, gibt es noch - allerdings nicht hier. Die Tiere weiden jetzt an einer Hauswand in der Dietrich-Bonhoeffer-Straße.

Von der Schultheiss-Ruine zur Kulturbrauerei

Zu Wendezeiten war die alte Schultheiss-Brauerei zwischen Schönhauser Allee, Sredzki- und Danziger Straße fast zu einer Ruine verkommen. Noch drei Jahre vor der Millionen-Sanierung standen Autowracks auf den Höfen herum. Heute starten Scharen von Touristen hier ihre Touren auf Leihfahrrädern, ungefähr eine Million Besucher zieht der Kultur- und Partystandort im Jahr an.

Wie detailgetreu die Sanierung ablief, lässt sich an den Türen dieser Werkstatt erkennen, hinter denen heute gedeckte Tische stehen.

Die Camper vom Helmholtzplatz

Im Januar 1995 kampierten Obdachlose auf dem Helmholtzplatz, am Lagerfeuer verbrannten abends die gesammelten Weihnachtsbäume aus dem Kiez. In den Nachwendejahren war der Platz verwildert und ein Treffpunkt der Drogenszene geworden. Seit der Jahrtausendwende wurde der Platz komplett umgestaltet, der ehemalige Trinkertreffpunkt Trafohaus ist heute ein Kindercafé, Tischtennisplatten aus Beton sollen ein anderes Publikum anziehen. Ganz verschwunden sind die alten Nutzer des "Helmis" bis heute nicht.

Auf ein Bier in die Gaststätte am Wasserturm

Die Gardinen zugezogen, die Tür verschlossen. Offen und einladend sah sie nicht gerade aus, die "Gaststätte am Wasserturm" in den 1980er Jahren. Sie fügte sich ins Bild des allgemeinen Verfalls der Häuser im Viertel. Der Mann, der hier auf die Tür zuging, mag sich zu seinem Feierabendbier noch eine Bockwurst mit Kartoffelsalat bestellt haben.

In den Nachwendejahren hat sich die Gastronomie an der Rykestraße Ecke Knaackstraße schnell ausgebreitet. Mit "Bar Gagarin" behauptet sich dieser Laden wie das benachbarte "Café Pasternak" mit einem russischen Namen - ein Kosmonaut und ein Dichter stehen Pate. Die Gardinen sind auch verschwunden.

1979 hatten die Kohlenträger noch viel zu tun in der Rykestraße.

Anstehen für Ost-Elektronik

Im Oktober 1986 hatte sich eine lange Schlange vor einem Elektronikladen in der Kastanienallee gebildet. Vielleicht gab es dort gerade neue Bauteile aus dem Kombinat Robotron. Die vielen Bastler in der DDR bauten sich viele Geräte selbst zusammen, die es fertig nicht zu kaufen gab. Dreißig Jahre später wird hier Mode verkauft, wie in gefühlt jedem zweiten oder dritten Geschäft dieser Straße.

"Kein Abriss unter dieser Nummer!" 1990 zählte die Kastanienallee 85 zu einem der vielen besetzten Häuser Berlins. Die Bewohner schlossen im darauffolgenden Jahr einen Pachtvertrag ab - und konnten das Haus inzwischen über einen Verein kaufen.

Noch im Jahr 2007 war das denkmalgeschützte Haus in der Oderberger Straße 43 verfallen, wie ein Blick auf dieses Ladenfenster zeigt. Heute durchstöbern Touristen dort die Kleiderständer einer Boutique.

Vorsicht, Steinewerfer!

Vor der Walpurgisnacht und dem 1. Mai 1997 waren an der Trattoria in der Knaackstraße Ecke Kollwitzstraße alle Fenster und Türen vernagelt - vermutlich aus Angst vor Randale. Knapp 20 Jahre später sind diese Verhältnisse sehr weit weg.

Vor der Freien Internationalen Tankstelle in der Schwedter Ecke Templiner Straße hat schon lange kein Tanklaster mehr gehalten. Seit 2003 ist das Gelände ein Kulturstandort, auf dem Ausstellungen und Filmfestivals stattfinden.

In einem halben Jahrhundert hat sich wenig verändert an dieser Perspektive von der Treppe des U-Bahnhofs Eberswalder Straße, der zu DDR-Zeiten Dimitroffstraße hieß.

Was aus dem Tante-Emma-Laden wurde

Moni's Mini-Markt ist verschwunden - wie viele kleine Lebensmittelhändler, die nicht auf das Geschäftsmodell Spätkauf setzten. Die kleine Spar-Filiale an der Hufeland- Ecke Esmarchstraße wich einem Design-Geschenkeladen. Für die alltäglichen Bedürfnisse gehen die Anwohner nun etwas weiter.

Sehen Sie weitere Vorher-Nachher-Bilder aus Berlin unter: www.tagesspiegel.de/zeitsprung

Weitere Bilder aus Prenzlauer Berg finden Sie in unserer Fotoserie "Prenzlauer Berg im Wandel der Zeit"

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