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Mit ihrem Plan einer „offenen Feldschlacht“ gegen ihre Regierungspartner hat die FDP einmal mehr fehlendes politisches Gespür bewiesen. Zeit zur Kapitulation.  

© Foto: Adobe Stock; Bearbeitung: Tagesspiegel

Kriegsrhetorik im „D-Day“-Papier: Befriedet die Sprache!

Mit ihrem Plan einer „offenen Feldschlacht“ gegen ihre Regierungspartner hat die FDP einmal mehr fehlendes politisches Gespür bewiesen. Zeit zur Kapitulation.

Katharina Kalinke
Eine Glosse von Katharina Kalinke

Stand:

Die FDP hat die Bundespolitik in Lager geteilt, nun fällt sie selbst in „offener Feldschlacht“: Bundesgeschäftsführer Carsten Reymann und Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sind im Zuge des „D-Day“-Papiers ihrer Partei von ihren Posten zurückgetreten. Degradierung zu normalen Abgeordneten. Die Liberalen haben ihre letzten rhetorischen Notarsenale abgefeuert und geraten in die Defensive. Nur „Kraftprotz“ Christian Lindner, ehemaliger Finanzminister und Vorsitzender der FDP, hält sich zur Stunde noch – gebannt verfolgen Späher, ob er die Reißleine ziehen wird.

Kraftprotz – ein Begriff für einen starken Mann? Ein Vollkornbrötchen? Ja, aber eben auch für die besonders kräftigen Soldaten der Artillerie. Militärsprache ist in unser aller Alltag tief verwurzelt. Und auch bei den Freien Liberalen. Doch mit ihrem minutiösen Schlachtplan zum Ampelbruch beweist die FDP, wie sehr ihr Lagebild verzerrt ist.

Die FDP versteht ihren Regierungsauftrag als Operation. Der übliche Performer-Sprech wird abgelöst, von nun an wird „auf allen Kanälen“ taktiert, inklusive Mobilisierung der Massen, denn: #EsGehtUmAlles.

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Doch demokratischer Diskurs ist das Gegenteil von kämpfenden Soldaten auf dem Schlachtfeld. Er lebt von gegenseitigem Vertrauen, Kompromisse zu finden, und gegenseitiger Achtung.

Das interne Strategiepapier zum FDP-Ampelausstieg inklusive „idealem Zeitpunkt“ (4. November), öffentlichem „Narrativ“ und ausformuliertem „Statement CL“, detailliertem Ablaufplan inklusive „D-Day Ablaufpyramide“ mit dem „Beginn der offenen Feldschlacht“ am Sockel, bestätigt den Verdacht, dass es Christian Lindner und Kollegen lange nicht mehr darum ging, konstruktiv zu regieren.

Zur Schlacht wollte die FDP schwere PR-Geschütze auffahren: 24 Stunden nach Kriegsbeginn sollten Pressestatements und Videos mit eigener Kriegspropaganda „auf allen Kanälen“ veröffentlicht sein – Antreten zum Selfie! Zentral dabei die Inszenierung ihres FDP-Generals: Er habe die Koalition in Sorge um Demokratie und sozialen Zusammenhalt beenden müssen. Letztlich war Lindner seiner hochexplosiven Munition nicht gewachsen. Seinem proklamierten Feind, Kanzler Olaf Scholz (SPD), platzte in norddeutscher Nüchternheit der Kragen, er kam dem FDP-Kriegstreiber mit seiner Entlassung zuvor.

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Mehr Zynismus, als die Regierung von innen heraus mittels von langer Hand geplanter Strategie zu sprengen und dies als „D-Day“ zu bezeichnen, geht kaum. Der „D-Day“ steht für den 6. Juni 1944, an dem die Alliierten in der Normandie landeten, um Europa von den Nazis zu befreien. Der Tag markierte aber auch den Auftakt für unmenschliches Blutvergießen und tausende Tote und Verwundete. Ist die FDP zu jedem Kollateralschaden bereit?

Kriegsrhetorik wie auch Videospiel-Optiken von Bundeswehrkampagnen verharmlosen das tatsächliche Grauen des Krieges. Militärbegriffe sollten im Bewusstsein ihrer Bedeutung genutzt werden. Wer das nicht tut, beweist mangelnden Respekt vor Amt, Bürger:innen und Geschichte.

Es ist an der Zeit, sprachlich abzurüsten.

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