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Die Gogglejacke ist seit vielen Jahren ein Bestseller.

© C.P. Company

50 Jahre C.P.Company: Männerspielzeug

Jacken mit Schutzbrillen oder Gesichtsmasken – die italienische Marke C.P. Company macht Kleidung, die zur Zeit passt.

Diese Jacke ist ein Chamäleon. In Japan wird sie von Modefans gesammelt, in Deutschland tragen sie mittelalte Männer, die etwas auf sich halten, in England prügeln sich darin Fußballhooligans. Entworfen wurde die Goggle-Jacke 1987 von Massimo Osti für sein Label C.P. Company. Er hatte sich die Hauben des japanischen Zivilschutzes genauer angeschaut, in die Brillengläser eingelassen waren. Diese Gläser ließ er in den hohen Kragen einer Jacke einarbeiten, eine dritte Linse sitzt auf dem Ärmel – durch sie lässt sich die Uhr ablesen.

Brauchen tut das kein Mann für seinen normalen Alltag, aber andererseits ist es mehr als ein modischer Schnickschnack. Dieses Design steht für die Hingabe zu einem aufwendig gemachten Produkt mit sofortiger Wiedererkennbarkeit.

In Italien wird Osti "Il Pioniere" genannt

Das funktioniert vielleicht deshalb so gut, weil der Gründer von C.P. Company sich überhaupt nicht für Mode interessierte. Massimo Osti wollte nie etwas mit dem System Mode zu tun haben, mit Modenschauen, Laufstegen, der Verführung.

Stattdessen schickte er seine Mitarbeiter auf Flohmärkte, kaufte Militärkleidung aus aller Welt, die er in seinem Archiv sammelte. Er färbte Anfang der achtziger Jahre als Erster das fertige Kleidungsstück. Durch die verschiedenen darin verarbeiteten Materialien ergab sich ein unregelmäßiges Farbbild. Er ließ Nylon mit Baumwolle verarbeiten, um den weichen Griff zu erhalten, die Jacke aber trotzdem wetterfest zu machen. Er verwebte Kupfer, Stahl und Carbon in seinen Stoffen, so wurden sie widerstandsfähiger oder sahen einfach interessanter aus. Er überzog Wolle und Leinen mit einer hauchdünnen Schicht aus Gummi. Seine „Rubber Wool Jackets“ wurden in den achtziger Jahren in der Mode berühmt. In Italien wird er heute noch „Il Pioniere“ genannt.

Der Kopierer als Designwerkzeug.
Der Kopierer als Designwerkzeug.

© C.P. Company

Massimo Osti schaffte eine Grundlage, mit der sein Sohn Lorenzo auch 15 Jahre nach seinem Tod arbeiten kann. Jetzt, zum 50-jährigen Jubiläum der Marke, sitzt er vor der Computerkamera in seinem Haus in Bologna, würde aber viel lieber durchs Archiv führen, damit man sich die allererste Goggle-Jacke ganz genau anschauen kann.

Der heutige Chef erzählt gern von seinem Vater. Weil der keinen Unterschied zwischen Arbeit und Privatleben machte, erlebte Lorenzo Osti vieles mit. Er saß mit am Esstisch im Haus seiner Eltern, wenn der Sänger Lucio Dalla von seinen Auftritten erzählte, sein Vater entwarf die Kleidung für seine Konzerttourneen. Bologna war in den siebziger Jahren das intellektuelle Zentrum Italiens: „Bei uns traf sich die Musik-, Kunst- und Comicszene. Es kamen Sänger, Schauspielerinnen, aber auch Klempner und Taxifahrer.“

Als Massimo Osti 1971 C.P. Company gründete, arbeite er als Grafikdesigner in der Werbung. Er bedruckte T-Shirts mit einem neuen Siebdruckverfahren. Er war fasziniert von Technik, Chichi konnte im gestohlen bleiben. Das sieht man auch seiner detailverliebten Kleidung an.

Massimo Ost legte alles auf den Kopier - das war sein Designprozess

C.P. Company ist ganz und gar ein Männerding. Deshalb gibt es auch keine Sachen für Frauen. Lorenzo Osti zuckt mit den Schultern: „Es funktioniert einfach nicht.“ Der erste Mitarbeiter war ein Chemiker, weil sein Vater wissen wollte, wie man Stoffe färbt, sie weicher oder rauer machen kann, beschichtet oder zerknautscht aussehen lässt. Massimo Osti war der erste Italiener, der sich in den achtziger Jahren einen Farbkopierer kaufte. „Er wurde auf einem riesigen LKW geliefert und war 15 Meter lang. Auf der einen Seite des Raums steckte man das Papier rein auf der anderen kam es wieder raus.“ Lorenzo Osti muss bei der Erinnerung daran lachen: „Der hat so viel gekostet wie eine kleine Wohnung. [GRUNDTEXT]Gelohnt hat es sich bestimmt nicht.“

Aber sein Vater liebte das Kopieren. „Er legte alles auf den Kopierer, alte Militärjacken, um Details wie Reißverschlüsse oder Taschen zu kopieren, die er dann an einen neuen Entwurf pinnte.“ Als Grafikdesigner kümmerte er sich auch um das Logo, die Kataloge, die Werbung. Und er brachte eines der ersten Kundenmagazine heraus, ohne die heute kaum eine Modemarke auskommt. „Sehr teure, hoch aufgelöste Fotos kopierte er so, dass sie unscharf und verblichen aussahen. Er liebte diesen Effekt“, sagt Osti.

Diese Jacke wirkt nicht nur dystopisch, sie ist auch mit Mundschutz für schlechte Zeiten ausgestattet.
Diese Jacke wirkt nicht nur dystopisch, sie ist auch mit Mundschutz für schlechte Zeiten ausgestattet.

© C.P. Company

Er brauchte nicht die Welt draußen, um sich für seine Kollektionen inspirieren zu lassen. Er fuhr nicht in den Urlaub, bereiste nicht die Welt. Stattdessen suchte er in seinem Archiv ein Kleidungsstück und kopierte es. Dabei mischte er Elemente der Militär- und Arbeitskleidung mit bequemen und widerstandsfähigen Materialien und machte daraus die erste luxuriöse Sportswear für Männer.

Wer C.P. Company nicht kennt, dem ist vielleicht Stone Island ein Begriff, eine zurzeit sehr gehypte Marke, mit der man nichts falsch machen kann. Die Marke gründete Massimo Osti 1982 quasi nebenbei. Aus einem Stoff, ähnlich einer LKW-Plane, den er mit Steinen wusch, hatte er eine Jacke fertigen lassen. Sie blich beim Tragen aus. Das war zwar ein gewünschter Effekt, trotzdem hagelte es Reklamationen von seinen Kunden. Also erfand er für die Jacke eine neue Marke – Stone Island. Innerhalb kürzester Zeit waren die Jacken ausverkauft. 2010 übernahm der damalige Geschäftsführer Carlo Rivetti Stone Island, im März verkaufte er die Marke für 1,15 Milliarden Euro an das italienische Luxushaus Moncler.

Bei C.P. Company sieht es nicht ganz so rosig aus. Aber die Goggle-Jacke sorgte dafür, dass das Unternehmen die schwierigen letzten Jahre überstand. C.P. Company wurde mehrmals verkauft, seit 2015 gehört es einer chinesischen Holding, seit 2019 ist Lorenzo Osti Präsident des Unternehmens.

Der Ruf, Ausstatter für Fußballhooligans zu sein, war lange ein Problem

Was lange ein Problem fürs Image war, ist heute Teil der Legendenbildung: der Ruf, ein Ausstatter für britische Fußballhooligans zu sein. „Auch durch sie haben wir die letzten 15 Jahre überlebt“, sagt Osti. Gerade hat er einen Film über einen seiner Fans in Blackpool drehen lassen. „Das ist eine sehr loyale Fanbase. Sie verkaufen, sammeln, handeln mit den Produkten. Ich schätze es, dass diese Leute nicht besonders wohlhabend sind. Sie müssen auf anderes verzichten, um eine C.P. Company-Jacke zu kaufen.“ Lange Zeit beobachtete er diese Hingabe nur aus der Ferne, aus Angst, es könnte andere Kunden verschrecken. Heute trägt sie, ebenso wie bei Stone Island, zum Nimbus der Marke bei. Trotzdem betont Osti: „Mein Vater hätte niemals angenommen, dass das seine potentiellen Kunden sein könnten. Wir haben nichts mit Fußball am Hut. Mein Vater war ein Basketballfan.“

Lorenzo Osti ist der neue Chef der italienischen Sportswearmarke C.P. Company.
Lorenzo Osti ist der neue Chef der italienischen Sportswearmarke C.P. Company.

© C.P. Company

Noch etwas Ungeplantes hat den Ruf der Marke aufpoliert. Im Januar 2020 präsentierte C.P. Company die Metropolis-Jacke mit in die Kapuze integrierter Gesichtsmaske. „Wir hatten Angst, die Leute denken, dass wir auf das Unglück dieser Pandemie spekulieren. Dass sich bei dieser Kollektion alles um diese Maske dreht, hatten wir aber schon im Sommer 2019 beschlossen. Es ging es darum, sich vor Luftverschmutzung in der Stadt zu schützen“, erklärt Osti.

Inzwischen hat C.P. Company die Idee der Schutzkleidung weiterentwickelt, die im vergangenen Jahr gut bei den Kunden ankam: „Die Maske ist Teil unseres Outfits geworden. Und das wird auch so bleiben.“

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