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Born on 9/11. Mark (Friedrich Mücke, links), Tuuli (Alina Tomnikov) und Felix (Daniel Sträßer) führt ihre Liebesgeschichte um die halbe Welt.

© Sky Deutschland AG und Sky Deuts

Sky-Serie „Funeral for a Dog“: Drei sind einer zuviel

Die Serie „Funeral for a Dog“ erzählt eine alte Geschichte grandios wieder neu. Und lässt dabei auch 9/11 nicht aus.

Stand:

Eine Liebesgeschichte zu dritt – wie oft haben sich Literatur, Kino und Fernsehen an dieser Unmöglichkeit schon versucht? „Werther“, „Jules und Jim“, „Drei sind einer zuviel“, Tom Tykwers „Drei“, kaum jemals ist das gut gegangen. Es braucht wenig Fantasie dazu, vorherzusagen, dass das bei der Sky-Serie „Funeral for a Dog“ nicht anders sein wird. Zumal der Bestseller „Bestattung eines Hundes“ von Thomas Pletzinger zugrunde liegt.

Auf 352 Seiten erzählt dieser eine epische Geschichte über Freundschaft, Liebe, Trauer und Verlust. Im Zentrum ein öffentlichkeitsscheuer Schriftsteller, eine finnische Ärztin, ihr bester Freund und ein Journalist, der den Irrungen und Wirrungen der Drei auf die Schliche kommt. Das Regie-Duo David Dietl und Barbara Albert hat daraus eine fulminante achtteilige Serie gemacht, gedreht in Italien, Bulgarien, Finnland, Kuba, Berlin, München und New York. („Funeral for a Dog“, ab Donnerstag auf Sky, acht Folgen)

Eine wilde Reise durch Raum und Zeit, bei der es die verschachtelte, sprunghafte Erzählweise zunächst schwer macht, gebannt zu folgen. Spätestens mit der zweiten Episode lässt einen aber die Frage nicht mehr los, ob und wie die drei Liebenden einen Modus Vivendi finden, um ihre locker on the road entstandenen Gefühle und Freundschaften in erwachsene und organisierte Bahnen zu lenken.

Das wird extrem heikel, spätestens dann, als Tuuli (Alina Tomnikov) ein Kind erwartet und sich die Clique nach gefährlichen Abenteuern und einer Reise um die halbe Welt an einem norditalienischen See nieder lässt. Mark oder Felix, wer ist denn nun der Vater?

Das ist bei drei liebesmäßig, im wahrsten Sinne des Wortes, derartig ineinander Verschlungenen nicht zu sagen. In diese Malaise hinein stößt der Journalist David Mandelkern (Albrecht Schuch), um ein Interview mit dem gefeierten, aber medienscheuen Schriftsteller Mark Svensson (Friedrich Mücke) zu führen.

Dieser hat seit Jahren kein Buch mehr heraus gebracht und wahrt offenbar ein tragisches Geheimnis. Der dritte Liebende im Bunde, Felix (Daniel Sträßer), gilt zu diesem Zeitpunkt, mit Davids Ankunft in Italien – der Erzählgegenwart in der Serie –, längst schon als vermisst. Svensson scheint daran nicht ganz unbeteiligt. Das Dreier-Liebes-Konstrukt mit mörderischem Debakel als Finale?

Ganz schön viel Lebenskrise, zudem auch dem Journalisten seine Frau Elisabeth (Anne Ratte-Polle) davonzulaufen droht. Wie gesagt, das klingt als Plot manchmal schwerfällig und kompliziert, auch den Zeitsprüngen geschuldet. Verständnis, Leichtigkeit und Neugier entspinnen sich beim Sehen aber wie von selbst.

Sogar der „große Gatsby“ klingt an

Ein fulminantes Serienerlebnis, das zum Bingewatchen einlädt und den Beweise liefert, dass hiesige Serien-Produktionen den Vergleich mit US-Amerikanern oder Skandinaviern nicht zu scheuen brauchen. Zumal, wenn Namen wie Regisseur David Dietl (Sohn von Helmut Dietl) und Autor Hanno Hackfort („4 Blocks“, zusammen mit Thomas Pletzinger und Bob Konrad) dahinterstehen.

Oder Frank Griebe („Winterschläfer“, „Babylon Berlin“), dessen schwebende Kamera mit Polarlichtern, Schluchten und Bergseen nicht nur spektakuläre Totalen, Sehnsuchtsorte und Schauwerte liefert, sondern auch, gleichsam aus der Vogelperspektive, immer ein bisschen mehr zu wissen scheint als Protagonisten und Zuschauer.

Ist es eine Liebesgeschichte? Ein Krimi? „Funeral for a Dog“ hat etwas seltsam Magisch-Realistisches, unterstützt vom hypnotischen Italo-Sound der Titelmusik. Vergleichbar mit den Romanen und Werken eines Haruki Murakami, Harry Mulisch oder Tom Tykwer.

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Sogar der „große Gatsby“ klingt an, angesichts der enigmatischen Hauptfigur, des Schriftstellers Svensson. Was nicht die schlechtesten Referenzen sind.

Im Zentrum stets als treuer Begleiter der drei Helden: der titelgebende Hund, dessen Beerdigung in Italien beim Auflösen der Geschichte eine entscheidende Rolle spielt. Genauso wie die Begebenheiten an 9/11. Pletzinger/Hackfort wagen es, ihre fiktive amour fou sich an dem Tag in New York zuspitzen zu lassen, als die Welt mit den Anschlägen auf die Zwillingstürme zu verschwinden drohte. Das hätte auch schief gehen können.

Haften bleibt das Grundthema dieser Serie: die Suche nach dem eigenen Glück, Liebe und Beständigkeit in einer modernen und unbeständigen Welt. Es tut, gerade in diesen Tagen, gut, diese Serie sehen zu können. Auch oder gerade weil sich Dreiecks-Liebesgeschichten in tausend Jahren nicht zu lohnen scheinen.

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