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DOKUMENTATION: Du bist, was Du isst

„Mahlzeit Deutschland!“ oder Küche und Kochen von 1945 bis heute

Bei der ARD tun sie sich schwer mit dem Thema Kochen. Alfred Biolek pensioniert, Tim Mälzer teuer eingekauft, aber am Sonnabend zur Kaffeezeit vergraben – das sieht danach aus, als habe der allgewaltige Senderverbund nicht mehr zu bieten als die brutzelnden Bratmaxen, die ihre bunten Teller beim „ARD-Buffet“ oder in den Ethno-Ecken der Dritten anrichten. Immerhin hat man ja mal Clemens Wilmenrod erfunden, den personifizierten Urknall des Genres, und da mag es sich ja lohnen, zumindest einen nostalgischen Rückblick in die Höhen der Primetime zu riskieren: „Mahlzeit, Deutschland!“ heißt die dreiteilige Dokumentation, die das Erste an den kommenden Montagen jeweils um 21 Uhr zeigt.

Was genau da dokumentiert wird, sagt der Untertitel „Deutsche Koch- und Essgeschichten von 1945 bis heute“. Dass die drei Teile „Von der Hungerküche zur Fresswelle“, „Vom Eisbein zur Pizza“ und „Vom Saumagen zu Sushi“ heißen, deutet auf eine sachgerechte Struktur hin, dagegen ist wenig zu sagen, und auch die Ost-WestBefindlichkeiten werden hinreichend berücksichtigt, indem nicht nur Wilmenrod gewürdigt wird, sondern eben auch sein DDR-Pendant Kurt Drummer.

Nervend ist allerdings die Ranschmeiße der Regisseurin Katharina Schickling an die leidige Panel-ShowManie, die gegenwärtig als Lockerungsmittel nahezu jedem Stoff untergehoben wird: Alle paar Sekunden ploppt irgendein Halb- oder Ganzprominenter ins Bild, um sich grinsend an Muttis Sauerbraten zu erinnern. Es ist durchaus wenig erhellend, wenn beispielsweise Sprecherin Judith Rakers von der „Tagesschau“ mitteilt, sie sei ja sehr der Milchschnittentyp gewesen, oder wenn der eher noch weniger bekannte Talker Yared Dibaba ein flammendes Bekenntnis zu Kohl und Pinkel ablegt. All das bringt die Geschichte nicht voran, sondern zeigt nur die ängstliche Erwartung, der durchschnittliche Zuschauer könnte wegzappen, wenn man ihm nicht alle paar Sekunden eine aus Dschungelcamp oder Talkgeschwätz bekannte Nase dazwischenschneidet. Immerhin treten weder Mario Barth noch Barbara Schönberger auf, das ist ja schon was.

Einige der Bekenntnisse ergeben sogar Sinn, weil, beispielsweise, Joachim Fuchsberger und Marianne Koch substanzielle Erinnerungen an Nachkriegszeit, Hunger und Schwarzhandel beisteuern können und auch eine Reihe von gänzlich unprominenten Zeitzeugen zu Wort kommt. Die Archive haben ihr Bestes gegeben, graue Menschen stiefeln hamsternd durch graue Straßen, werkeln mit Holzofen, Kühlkiste und Milchkanne, es wird den Differenzen zwischen Hunger (West) und Hunger (Ost) nachgespürt. Dann blühen die Farben auf, das Wirtschaftswunder entfaltet seine nahrhafte Wirkung, es werden Schinkenröllchen mit Dosenspargel serviert, und der Eierlikör entfaltet seine vernichtende Wirkung. Nichts ist wirklich neu, aber zumeist ganz hübsch angeordnet und mit Bildern garniert, die man, weißt du noch?, immer mal wieder gern sieht. Leichte sommerliche Unterhaltung eben.

„Mahlzeit Deutschland“, ARD, heute, 20. und 27. Juli um 21 Uhr

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