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TV-Guide: Leo und die Hoppenstedts

Kirche, Kinderklassiker, Blockbuster: In vielen Familien rettet der Fernseher die Weihnachtsstimmung. Wir geben ein paar Tipps, wie das gelingen kann.

Ein Weihnachten ohne Fernseher? Für viele scheint das undenkbar – für manche darüber hinaus sogar gefährlich. Wo Nähe zelebriert wird von solchen, die sich sonst selten so nahe kommen wie an den 2,5 Weihnachtstagen, ist Stress programmiert. Eine gereizte Mehrgenerationenfesttagsgemeinschaft friedlich und gemeinschaftlich durch die Festtage manövrieren – das kann kein Buch und auch kein Youtube. Doch das TV-Programm will gut gewählt sein. Wir geben Tipps.

KLASSIKER

Wer die Weihnachtsklassiker in all ihrer Unschuld genießen will, muss den neunmalklugen Enkel davon abhalten, Wikipedia-Fakten zu Filmen und Schauspielern vom Smartphone zu lesen: Dass „Der kleine Lord“ (ARD, Heiligabend, 13 Uhr 15) Ricky Schroder heute Mitglied der waffenvernarrten National Rifle Association ist. Dass Dicki aus dem Loriot-Klassiker „Weihnachten bei Hoppenstedts“ (zum Beispiel NDR, Heiligabend, 21 Uhr 40) eigentlich ein Mädchen war – wer will das wissen? Und dass Gregor Weber, an Weihnachten nur Sohn der „Familie Heinz Becker“ (SWR, 1. Weihnachtstag, 23 Uhr), nun bald nicht mehr „Tatort“-Ermittler an der Saar ist? Das muss in diesen besonderen Tagen so nebensächlich bleiben wie das bewegte Leben der „Sissi“-Darstellerin Romy Schneider (zu sehen bei Kabel Eins, Heiligabend, 20 Uhr 15). Achten Sie darauf, dass keiner Ihre Illusionen zerstört! Es sei denn ...

KONTRASTPROGRAMM

... Sie haben sowieso keine Illusionen mehr, und grade an Weihnachten kann es bei Ihnen deswegen auch gar nicht unweihnachtlich genug zugehen. Dreimal „Stirb langsam“ in Folge bei Sat 1 (1. Weihnachtstag, ab 20 Uhr 15) sollte da genau Ihr Ding sein. Auch Tim Burtons „Sleepy Hollow“ auf Kabel Eins (1. Weihnachtstag, 22 Uhr 10), die französischen Thriller „High Lane“ (Vox, 1. Weihnachtstag, 22 Uhr 10) und „96 Hours“ (RTL, 1. Weihnachtstag, 22 Uhr), letztere deutsche TV-Premieren, versprechen ein Weihnachtsfest, das mit Liebe und Frieden ungefähr so viel zu tun hat wie Jesus Christus mit einem zelotischen Volksaufstand. A propos:

KIRCHE UND CHRISTKIND

Sie können sich am Heiligabend auch ganz auf Folgendes einlassen: Zunächst in der ARD die Evangelische Christvesper anschauen (16 Uhr) dann auf 3sat die Dokumentation „Jesus XXL“ (19 Uhr 15), dann im BR die „Spurensuche in Rom“ (21 Uhr 25). Die Mitternachtsmette aus dem Vatikan ist Pflicht für Katholiken (BR, 22 Uhr), Protestanten richten ihren Blick ins erste Programm, wo ab 16 Uhr eine Christvesper übertragen wird. Wer dann noch nicht schläft, macht weiter mit Bachs Weihnachtsoratorium (MDR, 23 Uhr 10), die anderen sind am Sonntagmorgen fit für einen Katholischen Gottesdienst aus dem Freiburger Münster (ZDF, 10 Uhr 45), gefolgt vom „Urbi et Orbi“-Segen des Papstes (ZDF, 12 Uhr).

FÜR UNSERE KLEINEN

Das Programm für jene, die noch nicht im „Stirb langsam“- oder „Urbi et Orbi“-fähigen Alter sind, schreibt sich an Weihnachten fast von selbst, je nach erzieherischer Ambition der Eltern entlang des Angebots von Super RTL, ZDF Tivi oder Kinderkanal. Heiligabend bringt das ZDF die Astrid-Lindgren-Verfilmungen „Pippi geht von Bord“ (12 Uhr 35) und „Michel in der Suppenschüssel“ (13 Uhr 55) dicht hintereinander – besser geht’s nicht. Einzige ernstzunehmende Konkurrenz: die ewigen „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ (ARD, ab 11 Uhr 50), die man sich auch zu nahezu jedem beliebigen anderen Zeitpunkt an den Festtagen ansehen kann. Insgesamt wird der Film an den Feiertagen zehn Mal gezeigt.

GROSSES KINO

Das größte Kino am Heiligen Abend ist kein Kino. Über neun Stunden sendet der SWR ab 12 Uhr seine Echtzeit-Doku „Hautnah Heiligabend“, für die unter anderem der Mainzer Kardinal Karl Lehmann einen Tag lang begleitet wurde. Ansonsten gilt: Die Zeiten, in denen Sender Feiertage mit großen Premieren à la „Harry Potter“ und „Titanic“ begingen, scheinen vorbei. Es werden gezeigt: Fortsetzungen wie „Ice Age 3“, (RTL, 1. Weihnachtstag, 20 Uhr 15), Fernsehfilme („Rosamunde Pilcher“, ZDF, 1. Weihnachtstag, 20 Uhr 15) oder Filme nach berühmten Vorlagen, wie der Zweiteiler „Nils Holgerssons wunderbare Reise“, siehe Text rechts). Couragiert: Pro 7 zeigt am Sonntag um 20 Uhr 15 den Sam-Mendes-Film „Zeiten des Aufruhrs“. Doch sollte man den Münchener Sender nicht zu viel loben ...

KURIOSES

... wirkt sein Heiligabendprogramm doch beinahe demonstrativ lieblos: Nach den traditionellen „Simpsons“-Weihnachtsfolgen (18 Uhr 05) wird ab 20 Uhr 15 sage und schreibe 6,5 Stunden lang die Serie „Two and a Half Men“ gesendet. Ähnlich Deplatziertes findet sich nur noch bei ZDFkultur. Wer da auf die Idee gekommen ist, sich am Heiligen Abend ab 22 Uhr mit Mitschnitten vom Wackener Heavy-Metal-Open-Air durch die Nacht zu senden, der hatte nicht vor, was wir hoffentlich geschafft haben: sinnvolle Anregungen für ein friedliches Familienfernsehfest zu geben.

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