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Katrin Vernau arbeitet seit 2015 als Verwaltungsdirektorin des Westdeutschen Rundfunks.

© WDR/Annika Fußwinkel

Update

Vernau wird Interims-Intendantin: RBB findet Schlesinger-Nachfolgerin beim WDR

Der krisengeschüttelte ARD-Sender bekommt eine Interims-Managerin. Diese erhält allerdings erst im zweiten Wahlgang die Mehrheit der Stimmen.

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Weißer Rauch über dem RBB-Sendezentrum in Potsdam-Babelsberg am Mittwochnachmittag: Der Rundfunk Berlin Brandenburg hat nach dem Rauswurf von Patricia Schlesinger eine neue Intendantin, genauer: eine Interims-Intendantin. Katrin Vernau, bislang Verwaltungsdirektorin beim WDR, wurde vom RBB-Rundfunkrat gewählt.

Allerdings erst im zweiten Wahlgang. Im ersten Wahlgang blieb Vernau im Kontrollgremium des öffentlich-rechtlichen Senders mit zwölf Stimmen zwei Stimmen unter der erforderlichen Zweidrittel-Mehrheit.

Im zweiten Wahlgang war das Ergebnis dann 16:3:1. Eine gelbe Karte aus dem Rundfunkrat also, die wohl allerdings mehr der Findungskommission galt als der erfahrenen 49-jährigen Sendermanagerin selber. Noch vor der Sitzung beschwerten sich RBB-Mitarbeiter darüber, dass man bei nur einer Kandidatin nicht von einer „Wahl“ sprechen könne. Zweieinhalb Stunden später, nach der offenbar kontroversen nicht-öffentlichen Sitzung, war Vernau vor der Presse um versöhnliche Worte bemüht.

Es sei nicht alles schlecht gewesen in den vergangenen Jahren

Sie werte das Voting am Ende als klares Signal, wolle nun die Ärmel hoch krempeln, die Beschäftigten anhören. Desweiteren solle die Wirksamkeit der Gremienstruktur durchleuchtet, alle Aufklärungsarbeiten fortgesetzt und Vertrauen hergestellt werden. Auch ein Kassensturz beim RBB, sagte Vernau, nach der Ära Schlesinger stehe an. Es sei nicht alles schlecht gewesen in den vergangenen Jahren. „Ich muss schauen, was an Reformen und Strategien auf den Weg gebracht wurde.“

Ausweichend reagierte die neue Intendantin nach Fragen zur Zukunft der viel kritisierten RBB-Geschäftsleitung und der eigenen Ambitionen über die Interims-Tätigkeit hinaus. Sie sei beim WDR für zwölf Monate beurlaubt, alles Weitere finde sich. Sie könne sich aber durchaus vorstellen, antwortete die 49-Jährige auf weitere Nachfragen, auch „ordentliche“ Intendantin des RBB zu werden. Und: Die Konditionen ihres Salärs werden veröffentlicht.

Mit Vernaus Wahl wurde eine Lösung innerhalb der ARD und des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems gefunden. Auf Vernau kommt eine schwierige und mühsame Zeit zu. Ihr Chef und WDR-Intendant Tom Buhrow hatte es vor Tagen im Landtag Sachsen-Anhalt salopp als einen „Feuerwehreinsatz“ bezeichnet, was einen Interims-Chef beim RBB erwarte.

Vorwürfe des Filzes und der Vetternwirtschaft gegen die fristlos entlassene Intendantin Patricia Schlesinger und den zurückgetretenen Chefkontrolleur Wolf-Dieter Wolf haben den öffentlich-rechtlichen Sender schwer beschädigt - und damit auch das gesamte System. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt und durchsuchte die Intendanz. Es läuft zudem eine externe Untersuchung einer Anwaltskanzlei. Schlesinger und Wolf wiesen Vorwürfe zurück. Bis zur Aufklärung der Vorwürfe gilt die Unschuldsvermutung.

Kennerin des öffentlich-rechtlichen Systems

Mit Vernau kommt eine Kennerin des verwinkelten und weit verzweigten öffentlich-rechtlichen Rundfunks zum RBB. Es hatte vor der Wahl auch Stimmen gegeben, die eine andere Lösung gefordert hatten - jemanden, der überhaupt nichts mit dem System zu tun hatte bislang, quasi „unbefleckt“ ist. Vernau ist für den WDR als größte ARD-Anstalt eine feste Bank. Sie steuert eine der größten Organisationen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Vernau gilt als kompetent und anpackend, wenn man sich im ARD-Umfeld umhört. Im Mai 2019 wurde sie mit großer Mehrheit in ihrem Amt als Verwaltungsdirektorin wiedergewählt. Sie hat den Posten seit 2015 inne. Ihre aktuelle Amtszeit läuft bis Ende Februar 2025. Vernaus Direktionsbereich beim WDR ist groß: Dazu gehören die Bereiche Personal, Finanzen, Gebäudewirtschaft, IT-Entwicklung, interne Organisationsberatung, Archive und Kantinenbetriebe. Der RBB ist im Vergleich zum WDR eine der kleineren ARD-Anstalten.

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Die promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin Vernau, die 1973 in Villingen-Schwenningen in Baden-Württemberg geboren wurde, hat auch Erfahrung in der Privatwirtschaft gesammelt. Sie war Partnerin bei der Unternehmensberatung Roland Berger Strategy Consultants und leitete die Roland Berger School of Strategy and Economics. Zeitweise war sie auch Kanzlerin der Uni Hamburg und danach der Uni Ulm bis 2015.

Mit der Personalie Vernau wird zugleich die Position des WDR innerhalb der ARD gestärkt. Buhrow selbst war bereits beim wichtigen Posten des ARD-Vorsitzenden eingesprungen, den Schlesinger inmitten der RBB-Affäre abgeben musste. Buhrow war ihr Vertreter gewesen und rückte damit nach. Der ARD-Chef vertritt die neun Häuser der Sendergemeinschaft bis Jahresende gegenüber Gesellschaft und Politik - eine Schlüsselfunktion. Danach wird voraussichtlich der SWR übernehmen.

In einer beispiellosen Aktion hatte Buhrow im Namen der anderen ARD-Intendanten erklärt, dass man das Vertrauen in die aktuelle RBB-Geschäftsleitung verloren hat. Den Intendanten und Intendantinnen stieß zum Beispiel auf, dass sie Informationen zum RBB erst aus der Presse erfahren mussten, es fehlte ihnen die Transparenz. Sie isolierten so den ARD-Sender und schalteten inzwischen auch ohne den RBB. In Berlin und Brandenburg zeigte man sich zum Teil empört und beleidigt über diesen Schritt.

Die Wahl Vernaus war nicht unumstritten, was per se nicht an ihrer Kompetenz lag. Dem Redaktionsausschuss und der Vertretung der freischaffenden Mitarbeiter des RBB, die in der Krise an Macht und Einfluss gewonnen haben, gefiel vielmehr nicht, dass es keine Auswahl von mehreren Kandidaten für die Interims-Position gab.

Die Freienvertretung teilte zudem mit: „Das Agieren des WDR-Intendanten im Umgang mit der RBB-Führungskrise wurde in der RBB-Belegschaft mit großer Skepsis wahrgenommen. Allein der Eindruck, mit Frau Vernau werde eine Statthalterin des WDR eingesetzt, wäre eine erhebliche Bürde.“

RBB-Verwaltungsratsvorsitzende Dorette König hatte am Mittwoch im Medienausschuss im Berliner Abgeordnetenhaus gesagt, dass sie zunächst auch einen Kandidaten außerhalb der ARD für das Amt hatte. Mit Blick auf die Aufgaben der neuen Interims-Chefin ergänzte König: Es gelte, das Haus wieder zu einen und eine Grundlage dafür zu schaffen, dass „der RBB wieder aufs Gleis gesetzt wird“. (mit dpa)

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