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Russlands Präsident Wladimir Putin: Nicht erklärter Propagandakrieg gegen den Westen?

© dpa/EPA/Ivan Sekretarev

ARD-Dokumentation "Spiel im Schatten": Wenig Neues über Russlands Informationskrieger

"Putins unerklärter Krieg im Westen": Wie weit reicht der Einfluss von Russlands Propaganda? Das fragte eine ARD-Dokumentation - und lieferte kaum Antworten.

Lange hat es gedauert, bis das Thema in Deutschland wirklich angekommen ist. Erst der Fall „Lisa“, die erfundene Geschichte von einem angeblich von Flüchtlingen vergewaltigten russlanddeutschen Mädchen in Berlin-Marzahn, hat in einer breiteren Öffentlichkeit ein Bewusstsein dafür geschaffen, dass russische Propaganda tatsächlich existiert. Wochenlang war die angebliche Vergewaltigung Thema in russischen Staatsmedien, in mehreren deutschen Städten gingen Russlanddeutsche auf die Straße, und sogar Außenminister Sergej Lawrow warf den deutschen Behörden „Vertuschung“ vor. Mit „Putins unerklärtem Krieg im Westen“ befasst sich die ARD-Dokumentation „Spiel im Schatten“, die am Montagabend in der ARD gesendet wurde.

Die beiden Autoren Arndt Ginzel und Marcus Weller haben Monate später Heinrich Groth getroffen, einen der Organisatoren der Berliner Kundgebung von Russlanddeutschen. Dass die Geschichte von der Vergewaltigung gar nicht stimmte, stört ihn heute nicht. Das wichtigste sei gewesen, gegen die „falsche Flüchtlingspolitik“ zu demonstrieren. Propaganda gebe es „von beiden Seiten“, Russland müsse sich eben mit eigener Propaganda wehren, sagt er. Kurz vor der Demonstration war Groth in Moskau. Im Gespräch mit dem Tagesspiegel bestritt Groth vor einiger Zeit, dass seine Aktivitäten aus Russland gesteuert und finanziert wurden.

Desinformation mobilisiert

Doch die deutschen Sicherheitsbehörden haben die Ereignisse rund um den Fall „Lisa“ sehr genau beobachtet: Diese zeigten „die Möglichkeiten, über die Russland in Deutschland verfügt“, nämlich so viele Menschen auf die Straße zu bringen, sagt Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen. Eine Desinformationskampagne habe die russische Minderheit in Deutschland aufgehetzt, so das Fazit der ARD-Dokumentation.

Die Autoren betonen, dass Propaganda und Desinformation Teil der „hybriden Kriegsführung“ Russlands seien. So tritt im Film „Alexej“ auf, ein ehemaliger Mitarbeiter der „Nachrichtenagentur News Front“, die ein Sprachrohr der Separatisten in der Ostukraine sei. Alexej berichtet, ihm wurde dort gesagt: „Du bist ein Informationskrieger.“ Regelmäßig sei eine Liste mit Themen gekommen, die behandelt werden sollten. Diese Liste hätten auch 15 bis 20 weitere Empfänger erhalten. Für die Filmemacher ist das ein Beleg dafür, dass Berater aus Russland die Berichterstattung in den ostukrainischen Medien gezielt steuern. „News Front“ hat auch eine deutschsprachige Seite. Den konkreten Bezug zu Deutschland bleiben die Filmemacher allerdings schuldig.

Nähe zur AfD

Eine große Nähe zu Russland und Positionen der russischen Führung machen die Autoren des Films bei dem deutschen Publizisten Jürgen Elsässer aus, dem Chefredakteur des rechtspopulistischen Magazins „Compact“. Er sei „einer der radikalsten Putin-Propagandisten“ in Deutschland. Elsässer hat beispielsweise Kontakte zum rechten Vordenker der Eurasischen Bewegung, Alexander Dugin. Auffällig ist auch, dass sowohl Elsässer als auch der Russlanddeutsche Groth der AfD nahestehen, die ihrerseits zu den größten Unterstützern von Putin Russland zählt.

Doch der Film, dem eine monatelange Recherche vorausging, präsentiert kaum wirklich Neues. Eine Antwort auf die Frage, in welcher Weise der Kreml auch in Deutschland –jenseits der Kundgebungen zum Fall „Lisa“ – Einfluss zu nehmen versucht, liefern die Autoren letztlich nicht. Die ideologische Nähe von Elsässer, der AfD oder bestimmten Gruppen von Russlanddeutschen zum Kreml ist zweifellos vorhanden, und ihre Positionen werden über die russische PR-Maschine der Staatsmedien in die Welt hinausposaunt und dadurch verstärkt.

Welche konkrete Hilfe es darüber hinaus gibt, bleibt allerdings weiter im Dunkeln. Und die deutschen Politiker, Wissenschaftler und Wirtschaftsvertreter, die seit Jahren in Netzwerken mit der Moskauer Führungselite aufs engste verbunden sind oder gar einen lukrativen Job in Russlands Energiebranche angenommen haben, kommen in diesem Film gar nicht erst vor.

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