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Panorama: Arbeit am Herd – ist Geldes wert

Eine amerikanische Studie hat den Lohn für Hausfrauen berechnet. Was wäre angemessen?

Von Matthias Schlegel

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Das Familienbild verändert sich: Mehr als 60 Prozent der befragten Deutschen im Alter von 18 bis 55 Jahren lehnen inzwischen das traditionelle Hausfrauenmodell ab – so steht es im „Familienbericht 2006“ der Bundesregierung. Die große Mehrheit der deutschen Hausfrauen wiederum findet, dass ihre Arbeit von der Gesellschaft nicht genügend gewürdigt wird, wie aus einer Umfrage des Allensbach-Instituts für die „Vorwerk-Familienstudie 2006“ hervorgeht.

Zumindest ein Mann in Deutschland hat sich öffentlich für die Frauen stark gemacht, die sich ausschließlich Haushalt und Kinderbetreuung widmen: Mit seinem etwas verunglückten Gebärmaschinen-Vergleich versuchte Augsburgs Bischof Walter Mixa, die Bedeutung der Frauen hervorzuheben, die Nur-Hausfau-und-Mutter sind. Mixa geißelte die Pläne von Familienministerin Ursula von der Leyen, 750 000 zusätzlich Krippenplätze zu schaffen. Damit werde die Doppelverdiener-Ehe zu einem „ideologischen Fetisch“ erhoben. Auch die Pläne der Regierung, das Unterhaltsrecht zu reformieren (siehe Artikel rechts), gefallen der katholischen Kirche nicht. Denn im Falle einer Scheidung würden nichtberufstätige Mütter schlechter gestellt.

Hinter der gesamten familienpolitischen Debatte steht auch die Frage, welchen Wert die Arbeit hat, die Frauen zu Hause leisten. Eine Frage, mit der sich der Bundesgerichtshof im Jahr 2001 befasst hat. Das Ergebnis: Hausarbeit ist als wohlschaffende Erwerbsarbeit zu sehen. Im Jahr darauf bestätigte das Bundesverfassungsgericht, dass die meist von Frauen geleistete Kindererziehung und Hausarbeit „gleichwertig“ neben dem oft von Männern erbrachten Einkommen stehe.

Welcher Lohn Müttern für Haus- und Erziehungarbeit zustehen müsste, das hat die US-Beratungsfirma Salary.com berechnet. Laut dieser Studie müsste eine Vollzeitmutter mit mindestens einem Kind unter 15 Jahren für ihre Arbeit ein Jahresgehalt von 134 121 Dollar beziehen. Eine Mutter, die einem regulären Job nachgeht, müsste zusätzlich zu ihrem Lohn aus dieser Erwerbstätigkeit noch 85 876 Dollar erhalten. Die Summen fallen unter anderem deswegen so hoch aus, weil Salary den Frauen hohe Überstundenzuschläge angerechnet hat – wie sie auch in der freien Wirtschaft fällig würden.

Um einen angemessen Hausfrauenlohn zu berechnen, ermittelte Salary zum einen die Arbeitszeiten: Die Vollzeitmütter unter den befragten Frauen gaben an, im Schnitt 91,6 Stunden pro Woche für Haushalt und Kindererziehung aufzubringen. Die berufstätigen Mütter arbeiteten durchschnittlich 44 Stunden für ihren Arbeitgeber und 49,8 Stunden für ihre Familie. Zum anderen wurden als Grundlage für die Lohnberechnungen zehn Berufe herangezogen, die den Aufgaben einer Hausfrau mit Kindern ähneln: Haushälterin, Nachhilfelehrerin, Köchin, Wäschereiangestellte, Gärtnerin, Computerfachfrau, Hausmeisterin, Chauffeurin, Psychologin und Unternehmenschefin.

In Deutschlands Privathaushalten werden jährlich im Schnitt 97 Milliarden Stunden unbezahlter Arbeit geleistet – kochen, putzen, waschen sowie die Betreuung von Kindern und hilfsbedürftigen Angehörigen. Eine Hausfrau und Mutter mit zwei kleinen Kindern arbeitet zwölf Stunden pro Tag, heißt es im „Vorwerk-Familienreport 2006“. Wenn der Beruf der „Familienmanagerin“ entlohnt würde, wären 1580 Euro monatlich angemessen, sagten die für den Report befragten Frauen.

In Österreich wird derzeit tatsächlich über ein solches Müttergehalt diskutiert. Angestoßen hat die Debatte ein Kirchenvertreter: Weihbischof Andreas Laun forderte, es wäre allerhöchste Zeit, dass auch Mütter ein Gehalt bekommen. Ein Gehalt für Mütter, das ist auch in Deutschland mal ein Thema gewesen. Ende der 90er Jahre hatte sich zum Beispiel der Freistaat Sachsen für ein „Erziehungsgehalt“ starkgemacht. Nach den Vorstellungen des damaligen Sozialministers Hans Geisler (CDU) sollte es von der Geburt bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres des Kindes unabhängig vom Umfang der Erwerbsarbeit und vom sonstigen Familieneinkommen gezahlt werden – anfangs 550 Euro monatlich, vom vierten bis zum sechsten Lebensjahr des Kindes 400 Euro. Der damalige Finanzminister und heutige Ministerpräsident Georg Milbradt verfocht das Erziehungsgehalt als „materielle Anerkennung der Familienarbeit in einer ordnungspolitisch richtigen Form“, weil die Gesellschaft damit die Gleichwertigkeit von Familien- und Erwerbsarbeit signalisiere.

Heute sieht Milbradt die damaligen Vorstellungen durch das jüngst eingeführte Elterngeld zumindest in Teilen umgesetzt. Dies sei „ein Schritt in die richtige Richtung“ gewesen. „Nun müssen wir weitere Schritte gehen“, sagt Milbradt. Als weiterer Baustein in der Familienpolitik müsse das Ehegattensplitting zu einem Familiensplitting weiterentwickelt werden – also einer Steuerentlastung für jedes in einer Familie geborene Kind.

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