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Leichengeruch breitet sich aus: Mehr als 2.000 Tote nach Erdbeben in Myanmar bestätigt
Während nach dem Erdbeben in Myanmar noch immer Hunderte Menschen vermisst werden, suchen auch Helfer in Bangkok fieberhaft nach Überlebenden. Doch die Zeit drängt.
Stand:
Nach dem verheerenden Erdbeben in Myanmar ist die Zahl der bestätigten Todesopfer in dem Land auf mehr als 2.000 gestiegen. Die Militärregierung des südostasiatischen Landes sprach in einer Mitteilung von 2.056 Toten. Zudem seien mehr als 3.900 Menschen verletzt worden. Es würden über 270 Personen vermisst. Die tatsächliche Zahl der Opfer dürfte nach Einschätzung von Experten noch weit höher liegen. Die Lage in dem Bürgerkriegsland gilt als unübersichtlich. Doch es gibt auch gute Nachrichten.
Rund 60 Stunden nach dem schweren Erdbeben haben Rettungskräfte drei Verschüttete aus den Trümmern gerettet, darunter ein fünfjähriges Kind. Zudem seien eine schwangere Frau und eine 29-Jährige, die unter dem eingestürzten Hochhaus „Sky Villa Condo“ in der Stadt Mandalay begraben lagen, von chinesischen Einsatzkräften lebend gerettet worden, berichtete die Nachrichtenagentur Myanmar Now unter Berufung auf die chinesische Botschaft in Myanmar.
Die Vermissten seien am frühen Morgen (Ortszeit) entdeckt worden, hieß es. Weitere Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt. Zuvor war eine Frau aus den Trümmern des eingestürzten Great Wall Hotel in Mandalay gerettet worden, schrieb die chinesische Regierung auf Facebook.
Drei Tage nach dem schweren Erdbeben von Myanmar mit Auswirkungen auf das benachbarte Thailand dauern die Rettungs- und Sucharbeiten in beiden Ländern an. Vor allem im Krisenland Myanmar, wo eine brutale Militärjunta regiert und der Informationsfluss schwierig ist, ist die Situation unübersichtlich. Am Morgen gab es im Staatsfernsehen zunächst keine neuen Zahlen zu Todesopfern und Vermissten.

© AFP/SAI AUNG MAIN
Das Beben vom Freitag, dessen Epizentrum nahe der zweitgrößten Stadt Mandalay im Zentrum des früheren Birma lag, hatte eine Stärke von 7,7.
Die Hilfsorganisation Save the Children berichtete, dass viele Familien aus Angst vor Nachbeben in Klöstern und auf Fußballfeldern Zuflucht gesucht hätten. Das Erdbeben zerstörte kritische Infrastruktur, darunter einen Flughafen, Brücken und Straßen, was nach Angaben der Vereinten Nationen Rettungsaktionen bremst.
WHO ruft höchste Notfall-Stufe aus
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rief die höchste Notfall-Stufe aus. Innerhalb von 24 Stunden seien fast drei Tonnen Hilfsgüter bereitgestellt und globale medizinische Notfallteams koordiniert worden, erklärte die WHO am Sonntagabend in Genf.
Die WHO benötige dringend acht Millionen US-Dollar, um in den nächsten 30 Tagen Schwerverletzte zu versorgen, den Ausbruch von Krankheiten zu verhindern und die wichtigsten Gesundheitsdienste wiederherzustellen. Ohne eine sofortige Finanzierung würden Menschenleben verloren gehen und die fragilen Gesundheitssysteme ins Wanken geraten, warnte die WHO.
„Alle Militär- und Zivilkrankenhäuser sowie das Gesundheitspersonal müssen koordiniert und effizient zusammenarbeiten, um eine wirksame medizinische Versorgung zu gewährleisten“, sagte der Chef der Militär-Junta General Min Aung Hlaing laut staatlichen Medien.
Keine internationalen Medien zugelassen
Gleichzeitig habe die Junta, die sich Anfang 2021 an die Macht geputscht hatte, internationalen Medien den Zugang zum Katastrophengebiet untersagt, schrieb die Nachrichtenagentur Mynamar Now unter Berufung auf den General General Zaw Min Htun.
Lokale Medien berichteten, dass in der besonders schwer betroffenen Region Sagaing Anwohner selbst nach Vermissten suchten, weil die Rettungskräfte nicht zu ihnen durchkämen. Nach Angaben des Nachrichtendienstes Mizzima News sind noch immer viele Menschen in eingestürzten Klöstern eingeschlossen. Gleichzeitig liege in dem Gebiet ein schlimmer Leichengeruch in der Luft, hieß es.
Nachbeben in Bangkok – Hochhäuser evakuiert
In Bangkok sind am Mittag (Ortszeit) wieder zahlreiche Hochhäuser evakuiert worden, nachdem wohl Nachbeben zu spüren waren. Auf der Webseite der US-Erdbebenwarte USGS wurde aber zunächst kein Beben in der Region verzeichnet. „Ich habe es allerdings gespürt, wenn natürlich auch viel leichter als das vom Freitag“, sagte ein Büroangestellter im Stadtteil Sathorn der Deutschen Presse-Agentur. „Ich glaube, die Behörden wollen jetzt einfach auf Nummer sicher gehen.“

© dpa/Carola Frentzen
Zusammen mit vielen Dutzend Kollegen stand er vor dem Bürogebäude Tisco Tower auf der Straße. Auch viele andere Hochhäuser, wie die Shopping Mall One Bangkok, das städtische Gerichtsgebäude sowie viele Regierungsbüros wurden vorsichtshalber evakuiert, wie die Zeitung „Khaosod“ und Augenzeugen berichteten. In der Stadt waren die Sirenen von mehreren Einsatzwagen zu hören.
Zeit in Bangkok läuft aus
Die Suche nach knapp 80 Vermissten in einem eingestürzten Rohbau in Bangkok geht derweil fieberhaft weiter. Die Rettungsteams sind mit Baggern und Spürhunden im Einsatz.
Angehörige warteten verzweifelt vor dem Schuttberg, der von dem rund 30-stöckigen Hochhaus noch übrig ist. Die 72 Stunden, die Verschüttete normalerweise ohne Nahrung und Wasser auskommen können, sind bald erreicht.

© AFP/MANAN VATSYAYANA
Nach Angaben der Stadtverwaltung wurde zuletzt ein weiterer Toter aus den Trümmern geborgen. Damit liegt die Gesamttodeszahl in der thailändischen Hauptstadt nun bei 18.
Auch nahe dem Inselstaat Tonga im Südpazifik wurde ein schweres Erdbeben gemeldet. Die US-Erdbebenwarte USGS gab die Stärke der Erdstöße vom frühen Montagmorgen (Ortszeit) mit 7,0 an. Demnach lag das Zentrum 73 Kilometer von der Stadt Pangai entfernt in einer Tiefe von 29 Kilometern.
Berichte über Schäden oder Verletzte gab es zunächst nicht. Der Sender Radio New Zealand schrieb, es habe sich um das heftigste Beben in Tonga seit zehn Jahren gehandelt. Zudem gab es mehrere starke Nachbeben. Eine ursprüngliche Tsunami-Warnung wurde aber wieder aufgehoben. (Reuters/dpa/epd)
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