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Rammstein-Frontsänger Till Lindemann.

© picture alliance/dpa/Jens Koch

Neue Vorwürfe gegen Lindemann: Wie eine bekannte Youtuberin die Rammstein-Afterparty beschreibt

Kayla Shyx erzählt 36 Minuten lang ausführlich, was sie auf einem Konzert in Berlin mitbekommen hat. Ihre Äußerungen bestätigen das gezeichnete Bild. Nun gibt es erste Konsequenzen.

Rund 36 Minuten lang ist das Video von Kayla Shyx. Die Youtuberin verspricht im Titel, zu erklären, „was wirklich bei Rammstein-Afterpartys passiert“ – und sie hält ihr Versprechen. Die Schilderungen ähneln denen der Frauen, die sich zuvor geäußert hatten, allen voran der Irin Shelby Lynn. Doch sind sie um einiges umfassender.

Kayla Shyx hat auf Youtube rund 760.000 Follower. Ihr Video, das sie am Montagabend veröffentlicht hat, haben bereits mehr als eine Million Menschen gesehen. Darin erzählt sie von ihren Erlebnissen beim Rammstein-Konzert im Berliner Olympiastadion im vergangenen Juni. Sie fühle sich schuldig, dass sie ihre Erfahrungen nicht schon früher geteilt habe, sagt sie in dem gut halbstündigen Video. Doch ihre Angst war zu groß.

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„Till’s Girls“ seien kein Geheimnis in der Branche, hieß es vor einem Jahr bloß, wenn sie von dem Abend erzählte. Ihr altes Management soll sie sogar dazu aufgefordert haben, ihre Vorwürfe nicht öffentlich zu machen. Eine bereits publizierte Instagram-Story zu dem Thema sollte sie wieder löschen. Aufgrund der medialen Aufmerksamkeit habe sie „jetzt das Gefühl, dass es sicherer ist, das Video hochzuladen“, sagt Shyx.

Die aktuelle mediale Aufmerksamkeit rührt von ausführlichen Äußerungen Shelby Lynns. Sie war am 25. Mai die Erste, die auf Instagram und Twitter schwere Vorwürfe gegen Lindemann erhob. Lynn berichtete davon, auf einem Rammstein-Konzert im litauischen Vilnius unwillentlich unter Drogen gesetzt worden zu sein und Verletzungen erlitten zu haben.

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Kurz darauf veröffentlichten mehrere deutsche Medien Artikel, in denen Frauen zu Wort kommen, die Ähnliches erlebt haben wollen. Und jetzt also das Video von Kayla Shyx.

Dem Tagesspiegel liegen keine Belege für die Äußerungen vor. Auf eine Interviewanfrage antwortete eine Managerin, dass sich Shyx zunächst zurückziehen möchte, „da die Gesamtsituation für sie sehr belastend und der öffentliche Druck sehr sehr groß“ sei. Die Fülle an sich ähnelnden Berichten von Konzertbesucherinnen spricht allerdings dafür, dass die Äußerungen größtenteils stimmen. Die Band Rammstein hat bislang jede Anfrage des Tagesspiegels unbeantwortet gelassen.

Die 21-Jährige berichtet in ihrem Youtube-Video, dass Frauen via Instagram, in Clubs, aber auch noch auf den Konzerten selbst rekrutiert würden. Einige würden auf Prepartys ausgewählt, um während des Rammstein-Lieds „Deutschland“ Oralverkehr mit Frontsänger Till Lindemann in einem Raum unter der Bühne zu haben. Laut Shyx passiert das bei jedem Konzert. Die Frauen sollten zwar alle volljährig, aber nicht älter als 30 Jahre alt sein.

Shyx selbst, damals 20, sei mit einer 18-jährigen Bekannten auf dem Rammstein-Konzert gewesen und habe sehr weit vorne an der Bühne gestanden – dort, wo die „Hardcore-Fans“ stehen, wie sie sagt. Sie selbst sei kein großer Rammstein-Fan.

Während des Konzerts sei sie von einer Frau angesprochen worden: Alena Makeeva. Die Frau, die auch andere Frauen rekrutiert haben soll. Makeeva habe Shyx und ihre Begleitung eingeladen, zur Afterparty zu kommen. Dafür habe Shyx ihr nur ihre Instagram-Daten geben müssen, damit sie ihr schreiben könnte, wo Shyx nach dem Konzert hinkommen müsse. Beide hätten eingewilligt.

Alena Makeeva sei „extrem nett und zutraulich“ gewesen

Nach dem Konzert habe Makeeva Shyx tatsächlich geschrieben, die Youtuberin zeigt Screenshots des Chatverlaufs in ihrem Video. Makeeva sei „extrem nett und zutraulich“ gewesen – und habe angekündigt, dass Shyx und ihre Begleitung Till Lindemann treffen würden.

Sie seien dann zum Eingangsbereich der Afterparty gegangen. Sie habe viele Gesichter erkannt, berichtet Shyx. Auch bekannte Schauspieler hätten dort gestanden, erklärte sie. Sie habe sich dadurch sicher gefühlt.

Allerdings seien sie und ihre Begleitung von Makeeva zu einem Extrabereich in Sichtweite der Afterparty gebracht worden. Makeeva habe ihnen erklärt, dass sie auf eine „privatere“ Afterparty gehen würden. In dem Extrabereich hätten weitere Frauen gestanden, die alle aufreizend angezogen gewesen sein sollen. Es sei viel Zeit vergangen – bis Security-Männer gekommen seien.

Die Männer hätten den Frauen befohlen, sich in einer Reihe aufzustellen. Sie seien dann durch den Raum der großen Afterparty mit den bekannten Schauspielern zu einer grauen Tür geführt worden. Durch diese und über eine Treppe sei es anschließend hinunter zu einer weiteren Tür gegangen. Vor dieser hätten sie dann ihre Handys abgeben müssen. Shyx beschreibt, dass ihr die Situation immer suspekter wurde.

Der Raum hinter der Tür, vor der sie ihre Handys abgeben mussten, habe ausgesehen wie die Umkleidekabine einer Sporthalle. In der Mitte hätten zwei schwarze Ledersofas gestanden, links im Raum ein Kühlschrank mit Getränken und davor ein Tisch mit hartem Alkohol. Auf den beiden Sofas hätten Frauen gesessen, die aus Shyx’ Sicht benommen wirkten. Im Raum sei es absolut still gewesen.

Shyx sei klar geworden: „Ich muss hier sofort raus“

Shyx erklärt, dass sie Angst bekommen hätte. Sie habe Blickkontakt mit einer anderen Frau aufgenommen, die ebenfalls ängstlich schaute. Die andere Frau habe nach der Toilette gefragt, wohin sie Shyx gemeinsam mit ihrer Begleitung und noch einer weiteren Frau begleitet habe. Dort hätten sich die Frauen ausgetauscht.

Was meinst du? Willst du Till nicht treffen?

Alena Makeeva

Die Frau, mit der sie zuvor Blickkontakt aufgenommen hatte, habe erzählt, dass sie schon auf der Preparty gewesen sei, so Shyx. Dort sei auch Till Lindemann gewesen, der sich eine der Frauen für Oralverkehr während des Liedes „Deutschland“ ausgesucht habe – wie vor jedem Konzert.

Shyx habe sie gefragt, warum sie jetzt nach dem Konzert überhaupt wieder mitgekommen sei. Daraufhin habe die Frau geantwortet, dass sie sich nicht getraut habe, etwas zu sagen. Shyx, so erzählt sie es, sei nach den Schilderungen klar gewesen: „Ich muss hier sofort raus.“

Daraufhin sei Shyx mit ihrer Begleitung zu Makeeva gegangen und habe ihr gesagt, dass sie gehen wolle. Diese habe ungehalten reagiert, berichtet die Youtuberin. „Was meinst du? Willst du Till nicht treffen?“, soll Makeeva gesagt haben. Sie habe noch versucht, Shyx und ihre Begleitung zu überreden, dortzubleiben und einen Drink zu nehmen.

Als sie wiederholt habe, dass sie gehen wolle, habe Makeeva schließlich lockergelassen, berichtet Shyx. Makeeva habe aber betont, dass sie sofort verschwinden müssten und nicht zur großen Afterparty gehen könnten.

Shyx und ihre Begleitung hätten sich ihre Handys geholt und sich kurz in einem Bereich der großen Afterparty, wo sie niemand sehen konnte, hingesetzt. Die Frau, mit der sie vor der Toilette gesprochen hatte, sei kurz darauf auch hoch zu ihnen gekommen und habe erzählt, dass die „private“ Afterparty jetzt vorbei sei und die Frauen zu Till Lindemann ins Hotel gefahren würden. Deshalb sei sie ebenfalls gegangen. An dieser Stelle enden die Schilderungen von Shyx zu diesem Abend.

Von dem Moment an, als ich das Zimmer betrat, ist alles weg. Ich kann mich an nichts mehr erinnern.

Eines von „Till’s Girls“

Shyx sagt, dass sie mit etlichen Frauen gesprochen habe, denen Ähnliches wie ihr oder Shelby Lynn widerfahren sei. Eine Frau schrieb: „Das Gleiche habe ich bei der Lindemann-Tour 2019 erlebt. Ich hing auf der Afterparty herum, als mir gesagt wurde, dass ich ‚auserwählt‘ wurde, um in Tills Zimmer zu kommen, unter der Bedingung, nichts zu sagen. Naiv genug ging ich dorthin und dachte, dass ich frei bin und tun kann, was ich will. Von dem Moment an, als ich das Zimmer betrat, ist alles weg. Ich kann mich an nichts mehr erinnern, außer daran, dass meine Uhr zerbrochen war und einige meiner Sachen fehlten.“

In einer anderen Nachricht heißt es: „Ich habe mit Till geschlafen, es war alles vorher abgesprochen und es war eine sehr gewalttätige und traumatische Begegnung, die mich danach bluten ließ. Ich habe immer noch Alpträume und kann ihre Musik nicht mehr hören, ohne panische Flashbacks zu bekommen. Ich bin heute noch in Therapie.“

Lindemann soll „aggressiv“ aufgetreten sein

Eine Besucherin des Konzerts in Oslo 2022: „Ich habe Till Lindemann alleine getroffen, 15 Minuten vor Konzertbeginn. Mir wurde heiß, klamm und schwindlig, bevor ich extrem high wurde, glücklich war und alle Mädchen um mich herum berühren musste, während ich meinen Körper nicht kontrollieren konnte, mein Kiefer war blockiert und mein Hals war auch nach hinten blockiert, sodass ich meinen Kopf nicht heben konnte. Ich erinnere mich an fast nichts von dem Konzert selbst. (...) Und ja, ich hatte nach der Party noch Sex mit Till Lindemann – mehrmals.

Für Shyx geht es Lindemann bei alldem ganz klar um Macht. Sie sagt: „Er könnte sich für diesen ganzen Akt auch Escorts nehmen, Prostituierte nehmen.“ Doch stattdessen wolle er mit jungen Fans Sex haben. Sie sagt in ihrem Video: „Dass er dann diesen Druck und diese Position als Gott für sich ausnutzt und Sex mit ihnen hat. Das ist halt so unmoralisch.“

Rammstein hat nach zwei vagen Stellungnahmen nun offenbar erste Konsequenzen nach den Vorwürfen gezogen. Alena Makeeva wird nach Informationen der „Welt“ ab sofort der Zugang zu Konzerten der Band untersagt. Aus dem Umfeld Rammsteins heißt es, Makeeva habe nie Geld von der Band erhalten.

Zudem heuerte die Band demnach eine PR-Agentur, die auf Krisenmanagement spezialisiert ist, und eine renommierte Rechtsanwaltskanzlei an. Die Kanzlei soll die Vorwürfe bereits bis Freitag aufklären. Die Stadt München, wo Rammstein von Mittwoch bis Sonntag vier Konzerte spielte, untersagte bereits Afterpartys der Band.

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