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Der Tatverdächtige hatte vor einer Bar mehrere Menschen angegriffen und verletzt.

© dpa/Christian Müller

Update

„Verdacht auf religiös motivierte Tat“: Bundesanwaltschaft ermittelt zur Messerattacke von Bielefeld

Ein Mann greift am Wochenende Feiernde vor einer Bar in Bielefeld an. Offen bleibt zunächst die Frage nach dem Warum. Deutschlands oberste Strafverfolger nehmen sich nun den Fall vor.

Stand:

Die Bundesanwaltschaft hat die Ermittlungen zur Messerattacke von Bielefeld übernommen. Dem Tatverdächtigen werde zur Last gelegt, mit Messern gezielt auf Gäste eingestochen und dabei vier Menschen lebensgefährlich verletzt zu haben. Den Opfern soll es inzwischen besser gehen.

„Es besteht der Verdacht, dass die Tat religiös motiviert war und als Angriff auf die freiheitliche demokratische Grundordnung zu verstehen ist“, teilte die Anklagebehörde am Dienstag in Karlsruhe zur Begründung mit.

Am frühen Sonntagmorgen hatte der Tatverdächtige nach Polizeiangaben fünf feiernde Menschen in Bielefeld mit einem scharfen Gegenstand verletzte, davon zwei schwer. Der Beschuldigte soll bei seinem Angriff ein Messer und einen Stab mit einer daran befestigten Klinge benutzt haben.

35-jähriger Syrer gilt als mutmaßlicher Tatverdächtiger

Die Opfer im Alter zwischen 22 und 27 Jahren hatten in einer größeren Gruppe vor einer Bar am Nordwestrand der Bielefelder Innenstadt gestanden. Darunter sollen auch Fußballfans gewesen sein.

Der ostwestfälische Fußballclub Arminia Bielefeld hatte nach dem letzten siegreichen Saisonspiel am Samstag mit seinen Fans die Meisterschaft in der 3. Liga gefeiert. Die Attackierten setzten sich mit Schlägen zur Wehr und verletzten dabei auch den Angreifer. Dieser flüchtete. Beamte stellten am Tatort mehrere Messer sicher. 

Kerzen und ein Fanschal von Arminia Bielefeld sind an einem Tatort in der Innenstadt zu sehen.

© dpa/Friso Gentsch

Die Polizei hat einen 35-jährigen Syrer als mutmaßlichen Täter festgenommen. Er wohnt den Angaben zufolge in der rund 26.000 Einwohner zählenden Stadt Harsewinkel westlich von Bielefeld. Er war über die Türkei nach Europa eingereist.

Im Dezember 2023 stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ihm einen befristeten Schutzstatus aus, nachdem er in Deutschland Asylantrag gestellt hatte. Er war nach ersten Behördenangaben bisher nicht polizeilich in Erscheinung getreten. 

Ein Zeuge gab den entscheidenden Hinweis

Beamte fanden am Tatort in Bielefeld eine vom mutmaßlichen Täter zurückgelassene Tasche mit Personaldokumenten sowie eine Flasche mit einer nach Benzin riechenden Flüssigkeit. Zeugenhinweise brachten die Ermittler auf die Spur des flüchtigen Tatverdächtigen, die von Bielefeld ins etwa 170 Kilometer entfernte Heiligenhaus in der Nähe von Düsseldorf führte. Bei seiner Festnahme leistete der Mann Widerstand und wurde leicht verletzt. 

Demnach hatte der mutmaßliche Angreifer mehrere Stunden nach der Tat am Sonntagnachmittag vom Bielefelder Hauptbahnhof zunächst eine Bahn Richtung Hamm genommen, wie es aus Sicherheitskreisen hieß.

In Hamm sei er umgestiegen in Richtung Essen. Am dortigen Hauptbahnhof habe der tatverdächtige Syrer eine Person angesprochen, die für ihn auf ihrem Handy die DB-App geöffnet habe, um Verbindungen nach Velbert zu suchen. Dieser Zeuge habe sich daraufhin an die Polizei gewandt. Wahrscheinlich sei der Tatverdächtige mit Nahverkehr und Bus weiter nach Velbert gefahren.

Festnahme in Heiligenhaus bei Düsseldorf

Die Ermittlungen hätten sich daraufhin auf drei Objekte konzentriert, die als potenzielle Aufenthaltsorte des Tatverdächtigen gelten konnten, hieß es weiter. Unter anderem gehörte dazu die Wohnanschrift eines vermutlichen Cousins des Tatverdächtigen in Heiligenhaus in der Nähe von Düsseldorf. 

Einsatzkräfte der Polizei führen in Heiligenhaus bei Düsseldorf einen Tatverdächtigen ab.

© dpa/Tim Oelbermann

Bei der Durchsuchung am Montagabend sei der Verdächtige zunächst nicht gefunden worden. Festgenommen wurde er den Angaben zufolge schließlich um 22:42 Uhr von Spezialeinheiten in einer leerstehenden Wohnung in Heiligenhaus. Unklar war zunächst, wem die Wohnung gehörte. 

Justizministerin Hubig sieht islamistische Motivation

Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) sagte am Dienstag, inzwischen hätten sich die Hinweise verdichtet, dass der Täter aus einer islamistischen Motivation gehandelt habe. Islamistischer Terrorismus zähle zu den größten Gefahren für die Sicherheit in Deutschland.

„Der Messerangriff in Bielefeld am frühen Sonntagmorgen war von erschütternder Brutalität: Mehrere Angegriffene sind nur knapp mit dem Leben davongekommen“, fügte sie hinzu.

Der Bundesopferbeauftragte Roland Weber erklärte am Mittwoch in Berlin, dass sein Team, er und die nordrhein-westfälische Opferbeauftragte Barbara Havliza für die Betroffenen da seien. Gemeinsam würden sie bei Bedarf psychosoziale, praktische und finanzielle Hilfen vermitteln. „Die Nachricht über den brutalen Messerangriff am vergangenen Sonntag in Bielefeld hat mich erschüttert“, erklärte Weber. Er sei erleichtert, dass die Angegriffenen außer Lebensgefahr seien

Wie die „Bild-Zeitung“ aus Ermittlerkreisen erfahren haben will, soll der Tatverdächtige Kontakt zu polizeibekannten Gefährdern gepflegt haben – angeblich zu einem Islamisten aus dem Kreis Gütersloh, der den Behörden bekannt sei. Weiter heißt es: Er könnte auch Verbindungen zu Personen haben, gegen die in der Vergangenheit Terrorismusverfahren liefen.

Der Festgenommene soll im Tagesverlauf einem Haftrichter vorgeführt werden. Die Ermittler werfen ihm ein versuchtes Tötungsdelikt vor. Unklar ist, ob sie im versuchten Mord oder versuchten Totschlag zur Last legen. (dpa/epd)

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