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Harry Styles mit Designer Alessandro Michele auf der Met-Gala.

© imago images / PA Images

Harry Styles auf dem „Vogue“-Cover: Wie Stars männlichen Style neu definieren

Weg mit dem dunklen Anzug: Männliche Stars trauen sich was in Sachen Mode – auch Kleider und Röcke sind kein Tabu mehr.

Der Coverstar der amerikanischen „Vogue“ trägt ein langes Kleid von Gucci. Blassblaue Spitze wechselt sich mit schwarzen Bordüren ab, darunter schimmert die Haut. „Kleider sind dazu da, um mit ihnen Spaß zu haben, um damit zu experimentieren und zu spielen“, sagt Harry Styles im dazugehörigen Interview. Der Sänger ist der erste Mann in der 127-jährigen Geschichte des Modemagazins, der allein den Titel ziert – und das im Spitzenkleid.

Es ist nicht das erste Mal, dass Styles mit den Grenzen von „weiblicher“ und „männlicher“ Mode spielt. Zur Met-Gala in New York, dem wichtigsten roten Teppich der Fashion-Welt, kam er 2019 in einem schwarzen Jumpsuit von Gucci. Das Oberteil bestand aus einer durchsichtigen Rüschenbluse, dazu trug der 26-Jährige hochhackige Schuhe und Perlenohrringe.

„Wenn ich in Läden bin, kommt es einfach dazu, dass ich mir Frauenkleider anschaue und sie toll finde“, sagt der Sänger im „Vogue“-Interview. „Das ist wie immer – wenn du in deinem Leben Grenzen ziehst, schränkst du dich bloß selbst ein.“

Schauspieler sorgen in bunten Roben für Furore

Styles gehört zu einer Riege von Stars, die neu definieren, was „männlicher“ Style ist. Während es mit Freddy Mercury, Prince, David Bowie oder Elton John in der Musikwelt schon immer Männer gab, die mit Mode spielten, ging es auf den roten Teppichen der Filmwelt sehr klassisch zu – bis jetzt.

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Harry Styles auf dem Cover der US-„Vogue“.
Harry Styles auf dem Cover der US-„Vogue“.

© ddp/abaca press

Im vergangenen Jahr sorgte der Schauspieler Billy Porter regelmäßig mit seinen Auftritten in bunten Roben für Furore, Jared Leto kam zur Met-Gala 2019 im roten Gucci-Kleid. Auch Jungstars wie Timothee Chalamet, der seinen Durchbruch mit „Call me by your Name“ feierte, spielen mit Mode und probieren neue Variationen des Herrenanzugs aus – in Pink, mit Blumenprint oder schwarzglitzernd.

Selbst Rap-Stars experimentieren mehr mit Mode

Selbst im oft von Hypermaskulinität geprägten Rap trauen sich Männer mehr. Der Rapper Young Thug posierte schon 2016 im fliederfarbenen Kleid auf seinem Albumcover. Auch Lil Nas X, der 2019 die US-Charts mit „Old Town Road“ dominierte, kleidet sich gern extravagant und farbenfroh. Zu den Grammys erschien der Rapper im vergangenen Jahr in einem pinken Cowboyanzug von Versace, komplett mit goldenen Nieten und einem durchsichtigen Netzshirt.

Lil Nas X bei den Grammy Awards.
Lil Nas X bei den Grammy Awards.

© Jordan Strauss/Invision/AP/dpa

Die experimentierfreudigen Männer spiegeln einen Trend wider, der sich in der Modewelt seit Längerem entwickelt: weg von starren Aufteilungen in Männer- und Frauenmode, hin zu mehr Fluidität. Immer öfter laufen weibliche Models in Männershows mit und umgekehrt, viele Labels haben die Aufteilung bereits ganz aufgegeben.

Designer wie Marc Jacobs, Harris Reed oder Guccis Kreativdirektor Alessandro Michele, der mit Styles befreundet ist und mit ihm zur Met-Gala kam, brechen Grenzen auf. Michele ist bekannt für seine romantischen, verspielten Designs mit vielen Rüschen, Blumen und Schleifen – sowohl für Männer, als auch für Frauen.

Der Schauspieler Billy Porter auf der Oscar-Party 2020.
Der Schauspieler Billy Porter auf der Oscar-Party 2020.

© imago images/UPI Photo

„Dass Männer Frauenkleider tragen, ist in der Mode das letzte Tabu“, sagt die Modetheoretikerin und Autorin Diana Weis, die an der BSP Business School Berlin Professorin für Modejournalismus ist. Weis sieht vor allem die sozialen Medien und die Möglichkeiten zur Inszenierung, die diese bieten, als einen Grund für diese Entwicklung. „Die jüngere Generation hat nicht mehr das Bedürfnis, sich hinter einem Anzug zu verstecken“, sagt sie.

Männer waren lange Zeit die Extravaganteren

Dass Männer modisch experimentieren, ist dabei keineswegs eine neue Erscheinung. „Männer waren eigentlich immer die Extravaganteren“, sagt Weis. Die ersten Modetrends seien allesamt Herrenmodetrends gewesen. Kein Wunder, waren Männer doch sichtbar auf der Straße, während Frauen häufig zu Hause blieben.

Der Trend zum dunklen Anzug startete mit der französischen Revolution und dem Übergang von einer Ständegesellschaft hin zu einer demokratischen. „Der dunkle Anzug wurde zur Uniform des bürgerlichen Mannes“, sagt Weis. Das Ideal einer demokratischen Gesellschaft, in der alle gleich sind, galt aber nur für den Mann – für Frauen habe sich das höfische Zeremoniell weiter fortgesetzt.

Das Feminine wird nicht länger abgewertet

Obwohl sich die Grenzen derzeit verschieben, denkt Weis nicht, dass in einigen Jahren alle Männer in Rüschenkleidern herumlaufen werden. „Aber ich glaube, dass der Trend für einen anderen Blick auf den männlichen Körper steht und für eine Lust gerade jüngerer Männer, sich mit Mode zu inszenieren.“ Weiblichkeit in diesem Sinne heißt nicht zwingend, Kleider oder Röcke zu tragen, sondern Mode kreativ zu nutzen, um damit Aussagen über sich selbst zu treffen. Das hat auch Auswirkungen auf die Gesellschaft.

Der Schauspieler Timothee Chalamet bei einer Premiere.
Der Schauspieler Timothee Chalamet bei einer Premiere.

© imago images/Starface

„Mit der Fluidität in der Mode verändern sich auch die Bewertungen“, sagt Weis. Bisher sei es immer darum gegangen, dass Frauen zu Männern aufschließen, beruflich, sozial – und in der Mode. „Es galt als avantgardistisch, dass Frauen sich von dem Rüschenkram befreien und genauso schlichte, funktionale Kleidung tragen wie die Herren“, sagt Weis.

„Das ging immer auch mit einer Abwertung des Femininen einher.“ Männer hatten schließlich keinerlei Veranlassung dazu, sich am Femininen zu orientieren. „Das ändert sich jetzt.“

Das „Vogue“-Cover löste Kontroversen im Netz aus

Die neuen Männlichkeitsbilder gefallen nicht allen. Auch Harry Styles’ „Vogue“-Cover löste Kontroversen im Netz aus. Die rechtskonservative US-Aktivistin Candace Owens schrieb auf Twitter von der „ständigen Verweiblichung unserer Männer“, die angeblich zum Niedergang der westlichen Gesellschaft führe.

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„Bringt männliche Männer zurück“, schrieb Owens in ihrem Tweet, der Zehntausende Mal geteilt wurde. Der rechtskonservative Kommentator Ben Shapiro pflichtete ihr bei. Klassische Maskulinität werde infrage gestellt, wenn Männer „fluffige Kleider“ trügen, schrieb der Autor auf Twitter.

Der Backstreet Boy AJ McLean verteidigte Styles

Zahlreiche Stars sprangen Styles daraufhin zur Seite. Unter anderem postete der ehemalige Backstreet Boy AJ McLean ein Foto auf Instagram, das ihn im Kleid zeigt. „Es braucht einen echten Mann, um sich mit seiner weiblichen Seite wohlzufühlen“, schrieb der 42-Jährige dazu.

Styles selbst reagierte auf die Anfeindungen mit trockenem Humor. Er lud auf Instagram ein Foto von sich hoch, das ihn Banane essend in einem fliederfarbenen, taillierten Anzug zeigt. „Bringt männliche Männer zurück“, betitelte er das Bild.

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