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Perfekte Frisuren: Stuttgarts Nicolas Gonzalez (links) und Marc-Oliver Kempf am 10. Januar 2021.

© CHRISTOF STACHE / AFP

Vor dem Virus sind wir doch nicht alle gleich: Woher kommen die schicken Lockdown-Frisuren der Fußballer?

Für Profifußballer gibt's in der Corona-Pandemie viele Extrawürste. Ihre Frisuren beweisen nun endgültig: Um Fußball geht es ihnen nicht. Eine Glosse.

Eine Glosse von Nina Breher

Wer die Fernbedienung in die Hand nimmt, kann sich nur wundern: Auf allen Bildschirmen sind perfekte Haarschnitte und gestylte Frisuren zu sehen. Die von Profifußballern zum Beispiel.

„Einrasierte Scheitel, auf wenige Millimeter getrimmtes Nacken- und Schläfenhaar, saubere Konturen“: Poetisch, ja fast melancholisch schwelgt der Zentralverband Friseurhandwerk in einem offenen Brief von dem, was da zu sehen ist. Dabei haben Frisöre im Lockdown geschlossen. Wie ist das möglich? Eben!

Der Brief ist eigentlich eine Anklage – gerichtet an DFB-Chef Fritz Keller. Da müsse ein Profi am Werk gewesen sein, findet nämlich der Zentralverband und sorgt sich um Schwarzarbeit als weitere Last für die geplagte Branche.

Alles nur Scherengeklapper? Keineswegs.

Dass die Reichen und Prominenten sich im TV trotz Friseur-Lockdown mit schicken Schnitten präsentieren, ist der haargewordene Beweis dafür, dass vor dem Virus nicht alle gleich sind. Die sonst eher theoretisch festgestellte soziale Schere (ha!) zwischen den unterschiedlichen Milieus öffnet sich hier klar erkennbar.

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Offensichtlich gilt: Wer es sich leisten kann, muss sich nicht an Regeln halten. Nicht nur bei Frisuren. Popstar Madonna beispielsweise macht gerade eine 19000- Kilometer-Reise rund um die coronageplagte Welt, Kim Kardashian schmiss im Oktober eine Party auf einer Privatinsel.

Aber der Zentralverband Friseurhandwerk liegt mit seiner Kritik an der Frisierneigung der Kicker dennoch leicht daneben, scheint er doch davon auszugehen, dass es völlig egal sei, wie Fußballprofis auf dem Kopf aussehen.

Das ist allerdings weit gefehlt. Die Superstar-Kicker von heute sind längst mehr als ein paar Typen, die besonders gut einen Ball durch die Gegend schießen können. Sie sind Teil einer Jetset-Elite, Marken ihrer selbst mit Werbe- und Modelverträgen, oft millionenschwer.

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Und so eine Marke muss auch in der Krise gepflegt und erhalten werden. Wir kennen das aus der Wirtschaft, auch da werden Marken erhalten – da sogar oft mit Steuergeld. Auch nicht so viel ehrenwerter als (auch nur unterstelltes) Schwarzgeld für Privatfriseure.

Aber was soll das Publikum denken, das von solchen Extras nur träumen kann? Vielleicht sollte eine coronabedingte Mützenpflicht auf dem Fußballfeld erwogen werden.

Den Spielern könnte man das als einmalige Chance verkaufen, sich in der Krise solidarisch mit Normalsterblichen zu zeigen. Eine sozial ausgerichtete PR-Kampagne sozusagen. Und am Ende könnte man gar noch sagen: Hut ab.

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