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Eine Krankenschwester nimmt eine Probe von einem Kind, das mutmaßlich mit Mpox infiziert ist.

© REUTERS/ARLETTE BASHIZI

Update

Ausbreitung des Mpox-Virus in Afrika: WHO ruft weltweite Notlage aus – nicht genügend Impfstoff

Die WHO schlägt Alarm: Neue Mpox-Ausbrüche in Afrika bedrohen die öffentliche Gesundheit weltweit. Ein wichtiges Werkzeug zur Eindämmung fehlt jedoch.

Stand:

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat wegen einer neuen Variante der Viruskrankheit Mpox in Afrika ihre höchste Alarmstufe ausgerufen. Sie erklärte eine „gesundheitliche Notlage internationaler Reichweite“ (PHEIC).

Die WHO will damit zum einen zu erhöhter Wachsamkeit aufrufen. Sie hofft zudem auf mehr finanzielle Unterstützung von Eindämmungsmaßnahmen in Afrika. Die Abkürzung PHEIC steht für „public health emergency of international concern“.

Die WHO sieht das Risiko, dass sich die Mpox nach 2022 erneut international ausbreiten und mehreren Ländern zum Gesundheitsrisiko werden können. Die WHO folgte der Empfehlung von unabhängigen Mpox-Experten, die auf WHO-Einladung im sogenannten Notfallausschuss getagt hatten, wie WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus in Genf sagte. Konkrete Folgen hat die Notlage-Erklärung nicht. Vielmehr soll sie Behörden in aller Welt alarmieren, damit sie sich auf mögliche Ausbrüche vorbereiten.

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Hintergrund ist eine im September 2023 in der Demokratischen Republik Kongo entdeckte Variante. „Klade Ib“ sei ansteckender und tödlicher als die vorherigen und könne von Mensch zu Mensch übertragen werden, hatte die WHO festgestellt. Detaillierte Studien dazu stehen noch aus. Der WHO-Notfallausschuss unabhängiger Experten hat der WHO allerdings die Ausrufung der Notlage empfohlen.

EU-Behörde sieht wenig Risiko in Europa 

Die Europäische Gesundheitsbehörde ECDC hat das Risiko einer Ausbreitung der neuen Variante in Europa Ende Juli als „sehr gering“ eingeschätzt. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) gibt es bislang keine bekannten Fälle der Klade I.

„Mpox ist nicht so leicht übertragbar“, sagte Virenforscherin Marion Koopmans von der Erasmus-Universität Rotterdam. „Es wird durch direkten Kontakt verbreitet und ist daher ­­– theoretisch – relativ leicht zu stoppen, wenn es diagnostiziert und erkannt wird.“ 

Die Ib-Variante breitet sich unter anderem durch Sexualkontakte aus, so Ogoina. In der Demokratischen Republik Kongo seien aber auch vor allem kleine Kinder infiziert, die einen Großteil der Todesfälle ausmachten.

Es wurden in diesem Jahr schon mehr als 14.000 Verdachtsfälle und mehr als 500 Todesfälle aus der Demokratischen Republik Kongo und anderen Ländern gemeldet – mehr als im gesamten vergangenen Jahr. Ogoina warnte, das sei womöglich nur die Spitze des Eisbergs, weil nicht genügend getestet werde und nicht alle Infizierten zu Ärzten gingen.

Wer hat Impfstoff? 

Tim Nguyen von der WHO sagte, es stünden 500.000 Impfdosen vom MVA-BN-Impfstoff zum Kauf bereit. Weitere 2,4 Millionen könnten bis Ende des Jahres produziert werden, wenn es feste Aufträge gebe.

Die WHO appellierte an Geberländer, dafür Geld bereitzustellen. Sie bat Länder mit Lagerbeständen auch darum, Impfdosen abzugeben.

Der zweite Impfstoff LC16 werde in Japan hergestellt, aber nicht kommerziell, sagte Nguyen. Japan sei aber immer sehr großzügig mit Spenden. 

Die EU hat bereits angekündigt, gut 175.000 Dosen des MVA-BN-Impfstoffs zur Verfügung zu stellen. Der Hersteller, das Pharmaunternehmen Bavarian Nordic, wollte 40.000 Dosen spenden.

Ausbruch im Kongo mit Hunderten Toten

Mpox wurde 1970 in der heutigen Demokratischen Republik Kongo erstmals bei Menschen festgestellt. Das Virus zirkuliert in dem zentralafrikanischen Land seit Jahrzehnten, die Kranken hatten sich zumeist bei infizierten Tieren angesteckt.

Die aktuelle Virusvariante Klade Ib führt zu Hautausschlag am ganzen Körper, während die bisherigen Varianten nur einzelne Körperstellen wie den Mund, das Gesicht oder die Genitalien betrafen. Neben Pusteln gehört auch Fieber zu den typischen Symptomen der Krankheit.

455
Personen sind in der Demokratischen Republik Kongo bereits an dem Virus gestorben

In der Demokratischen Republik Kongo zählte die Gesundheitsbehörde der Afrikanischen Union Anfang August 14.479 bestätigte und Verdachtsfälle, 455 Tote und damit eine Sterblichkeit von rund drei Prozent.

Nach Angaben von Wissenschaftlern der Demokratischen Republik Kongo kann die Sterblichkeit dieser Variante bei Kindern zehn Prozent erreichen. Die Fallzahl steige „exponentiell“, erklärte die dortige Regierung im Juli.

Die Gefahr einer Explosion ist real.

 Louis Albert Massing, medizinischer Koordinator der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) 

„Die Krankheit ist in Flüchtlingslagern rund um Goma in Nord-Kivu festgestellt worden, wo die Situation wegen der extremen Bevölkerungsdichte sehr kritisch ist“, sagte Louis Albert Massing, medizinischer Koordinator der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF).

„Die Gefahr einer Explosion ist real angesichts der enormen Bevölkerungsbewegungen“ in dem an andere Länder grenzenden Konfliktgebiet im Osten der Demokratischen Republik Kongo.

Die neue Ib-Variante habe sich in den vergangenen Wochen bereits auf bisher nicht betroffene Regionen des Kongo und die Nachbarländer Burundi, Kenia, Ruanda und Uganda ausgebreitet, bestätigt Rosamund Lewis, bei der WHO für Mpox zuständig.

Zudem wurden laut Africa CDC Verdachts- und bestätigte Fälle in Kamerun, in der Republik Kongo, der Zentralafrikanischen Republik, in Nigeria, Liberia und Ghana registriert.

Im Mai 2022 hatte sich die Krankheit auch außerhalb Afrikas ausgebreitet, 111 Länder waren betroffen. Innerhalb von etwas mehr als einem Jahr starben etwa 140 von rund 90.000 Infizierten. Betroffen waren hauptsächlich Männer, die Sex mit Männern haben.

Die WHO rief damals wie bei Corona eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite aus, die im Mai 2023 wieder endete. Zur Vorbeugung von Stigmatisierungen wurde die bis dahin als Affenpocken bezeichnete Krankheit 2022 von der WHO in Mpox umbenannt. In mehreren Ländern gibt es aber auch heute noch immer wieder Infektionsfälle.

In Deutschland gingen die Fallzahlen nach Aufklärung in Risikogruppen und Impfprogrammen ab August 2022 deutlich zurück. Im Mai 2023 hatte die WHO die Notlage wieder aufgehoben, weil das Infektionsgeschehen in den meisten Ländern unter Kontrolle gebracht worden war.

Mpox bleibe eine globale Gefahr, warnte WHO-Chef Tedros Anfang Juli. WHO-Expertin Lewis verwies aber darauf, dass die Länder in der Lage seien, Fälle mithilfe von Überwachung, Laboren und Kommunikation mit den betroffenen Regionen zu erkennen.

Maria Van Kerkhove, Leiterin der WHO-Abteilung für Epidemie- und Pandemievorsorge, verwies auf „einige Impfstoffe, die für Mpox verwendet werden können“. Lewis zufolge gibt es derzeit Verhandlungen zwischen der WHO und betroffenen Ländern über deren Zulassung. (AFP, dpa)

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