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Gesundheit: Prachtfedern erhöhen Chancen auf Sex

Wellensittiche finden leuchtende Federn unwiderstehlich. Fluoreszierendes Gefieder spielt eine wichtige Rolle bei der Partnerwahl.

Wellensittiche finden leuchtende Federn unwiderstehlich. Fluoreszierendes Gefieder spielt eine wichtige Rolle bei der Partnerwahl. Das berichten die Biologin Kathryn E. Arnold von der Universität Glasgow in Schottland und Kollegen aus Australien im aktuellen Wissenschaftsjournal "Science" (Band 295, Seite 92).

Die Forscher wollten wissen, ob die im ultravioletten Sonnenlicht fluoreszierenden Federn auf dem Kopf und den Wangen von Wellensittichen durch eine gezielte Auslese entstanden sind. Zum Test cremten sie die entsprechenden Federn einiger Männchen und Weibchen mit Sonnenmilch ein. Die fluoreszierenden Pigmente im Gefieder der Vögel leuchten normalerweise auf, wenn sie ultraviolette Strahlung absorbieren und als sichtbares Licht wieder abgeben. Das Sonnenschutzmittel verminderte die Absorption des UV-Lichts und beeinträchtigte damit die Leuchtkraft der Federn erheblich.

Ergebnis: Die überwiegende Mehrheit der Test-Sittiche entschied sich für einen fluoreszierenden Vogel als Partner und mied die anderen, durch Sonnencreme schwächer leuchtenden Kandidaten. Arnold und Kollegen schließen daraus, dass die Leuchtkraft in den Federn der Wellensittiche ein "adaptiertes Signal" ist, das bessere Chancen bei der Partnerwahl verspricht.

Das Ergebnis sei nicht überraschend, sagt Matthias Glaubrecht, Kustos am Naturkundemuseum in Berlin. Schon vor rund dreißig Jahren habe der Bielefelder Verhaltensforscher Klaus Immelmann Ähnliches bei Zebrafinken festgestellt. Demnach sind die männlichen Vögel umso begehrter bei den Weibchen, je größer der rote Brustlatz ausfällt. Als die Forscher den Vögeln zu Kontrollzwecken rote Fußringe anlegten, führte auch dieser Schmuck zu größerem "Paarungserfolg".

Die weiblichen Vögel bevorzugen Männchen mit strahlendem Gefieder, weil - so der Berliner Evolutionsbiologe - dadurch Gesundheit und Fitness vermittelt werde. Ein schäbiges Federkleid kann auf Krankheiten hindeuten. Je schöner dagegen die Federn sind, desto weniger Parasiten verbergen sich darin, sagt der weibliche Instinkt. Wer resistent gegen Schädlinge ist, hat bessere Gene und ist somit ein attraktiverer Partner für die Zeugung von Nachkommen. Diese "Parasitenhypothese" habe sich - so Glaubrecht - auch bei Hühnern bestätigt, die Hähne mit den leuchtendsten Gefiedern bevorzugen.

Natürlich dürfen bei derartigen Betrachtungen die Vögel mit dem prächtigsten Federn, die Pfauen also, nicht fehlen. Hier sind die Weibchen offenbar Rechenkünstler, die in Blitzeseile bis 160 zählen können. Diese Anzahl von Pfauenaugen stellt Glaubrecht zufolge die Grenze dar, die attraktive von weniger begehrenswerten Freiern trennt.

Anscheinend sind gerade mindestens 160 Augen nötig, um das Gefieder mit einem anziehenden Muster versehen. Derartige Erkenntnisse stützen die These der "sexuellen Evolution", die Charles Darwin bereits vor mehr als 130 Jahren aufstellte. Demnach bestimmt nicht allein die natürliche Selektion die Entwicklung der Arten.

Diese erste These Darwins besagte, dass sich - auch minimale - genetische Veränderungen durchsetzen, wenn sie zur besseren Anpassung an die Umwelt führen. Unter diesen Umständen erstaunt es aber, weshalb sich die Natur den Luxus leistet, Vögel mit auffälligem Gefieder auszustatten, obwohl sie dadurch besser von der Katze erkannt werden können. Oder weshalb Hirschen riesige Geweihe wachsen, mit denen sie im Unterholz fast stecken bleiben. Eigentlich müssten diese Entwicklungen für die Tiere nachteilig sein. Darwin zog den genialen Schluss, dass die aufwändigen Formen dann vorteilhaft sind, wenn die Weibchen sie honorieren.

"Jeder schaut, wo er bleibt", formuliert Glaubrecht griffig. Männchen wie Weibchen suchen demnach den individuellen Vorteil. Die Männchen möchten vor allem ihre Gene wo häufig wie möglich verbreiten. Für die Weibchen ist Gesundheit und Fitness des Partners besonders wichtig. Sie haben viel weniger Eier als die Männchen Spermien; sie sind oft ausschließlich für die Brutpflege verantwortlich.

Allerdings findet das sexuelle Prinzip dann eine Grenze, wenn die Nachteile zu groß werden. So verhalten sich die weiblichen Rauchschwalben zum männlichen Schwanzgefieder nach dem Motto: "Je länger, je lieber". Dennoch misst der Schwanz bei Rauchschwalben nicht mehr als 13,5 Zentimeter, sagt Glaubrecht. Wäre er länger, könnten die Männchen zu schlecht fliegen. Die Versorgung der Jungen wäre gefährdet.

Paul Janositz

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