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Eine Hand macht ein Stopp-Symbol vor mehreren Händen mit Spritzen.

© IMAGO / Panthermedia

Schwarze Schafe in weißen Kitteln: Nicht jede Behandlung ist richtig, nur weil ein Arzt sie empfiehlt!

Ärzte genießen gemeinhin viel Vertrauen. Doch einige missbrauchen das gute Ansehen ihres Berufsstandes. Patienten empfiehlt unser Kolumnist daher: Seien Sie stets kritisch.

Magnus Heier
Eine Kolumne von Dr. Magnus Heier

Stand:

„Alle Behandlungen werden von Ärzten durchgeführt!“ Das soll vermutlich heißen: Denen kann man vertrauen. Das Schild hängt in einer großen Einkaufspassage. Das Ladenlokal bietet Behandlungen „to go“, im Vorübergehen, beim Einkaufsbummel. Therapien für die Schönheit: Botox, Hyaluron, Lipfiller. Aber auch Infusionen. „Alle Behandlungen ohne Termin!“ Und: 30 Prozent auf alles, „nur heute“.

Über Botox-Behandlungen, über aufgespritzte Lippen kann man streiten. Aber Infusionen gegen das Altern? Zur Regeneration? Bei gesunden Menschen? Lieber nicht. Eine Vitamin-C-Infusion etwa ist vor allem schmerzhaft. Gesunde Menschen können Vitamine schlicht essen – Obst statt Infusion. Was in einer Relax- oder einer Immun-Infusion drinsteckt? Vermutlich vor allem Mineralien und Vitamine. Aber die Infusionen sind teuer!

Teure Versprechen mit dünner wissenschaftlicher Grundlage sind ärgerlich. Nicht nur ärgerlich, sondern dramatisch wird es, wenn es um schwere Krankheiten geht. Im Gespräch mit ärztlichen Kollegen hört man schlimme Geschichten: von der sehr alten Frau, der eine hochwirksame Behandlung gegen den Alzheimer ihrer kranken Tochter angeboten wird – sie sollte privat zahlen. Von dem Orthopäden, der Schmerzen heilt, indem er Kochsalzlösung in Nervenknoten spritzt – gegen Rechnung. Von dem Akupunkteur, der Parkinson mit Nadeln kuriert und die Medikamente absetzen will. Die Arztkollegen ärgern sich schwarz über solche Fälle. Trotzdem passiert nichts.

Skepsis ist angebracht, wenn die gesetzliche Krankenkasse die Behandlung nicht erstattet.

Magnus Heier, Kolumnist

Die große Mehrheit der Ärztinnen und Ärzte in Klinik oder Praxis handelt und behandelt nach bestem Wissen und Gewissen. Es gibt Leitlinien – wissenschaftlich erarbeitete Behandlungsempfehlungen –, denen die meisten Ärzte folgen. Moderne Medizin beruht auf wissenschaftlichen Studien, sie hinterfragt und wird immer wieder aktualisiert. Gemacht wird, was dem Patienten nützen wird und nicht schadet.

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Aber es gibt eben auch die anderen, die schwarzen Schafe, die ihren Patienten Heilung versprechen, wo es keine Heilung gibt. Die ihnen Linderung verheißen, die sie nicht bieten können. Sie missbrauchen das Ansehen ihres Berufsstandes, um Methoden zu verkaufen, die günstigstenfalls nutzlos, oft gefährlich und meistens teuer sind. Sie verkaufen diese an Patienten, die durch Krankheit, Schmerzen, Angst verzweifelt sind und hilflos.

Unser Appell an Patienten: Seien Sie kritisch! Nicht jede Behandlung ist richtig, nur weil ein Arzt sie empfiehlt. Erste Skepsis ist angebracht, wenn die gesetzliche Krankenkasse die Behandlung nicht erstattet. Denn deren Zahlungsbereitschaft ist nicht willkürlich: Ein Ausschuss aus Kassen, Ärzten und Krankenhäusern legt fest, was erstattet werden muss – und darf.

Werden Therapien nicht bezahlt, ist deren Nutzen oft nicht belegt oder die Risiken sind zu groß. Im Zweifel fragen Sie einen zweiten Arzt nach dessen Meinung. Der Appell an ärztliche Kollegen: Wenn ein Patient verunsichert nach Ihrer zweiten Meinung fragt, wenn die ihm oder ihr vorgeschlagene Behandlung nicht sinnvoll oder sogar gefährlich scheint, warnen Sie in deutlichen Worten – ohne falsche kollegiale Rücksicht.

Dies ist die 100. Folge der Kolumne „Im weißen Kittel“. Alle bisher erschienenen Folgen finden Sie auf der Übersichtsseite.

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