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Alarmzustand in Washington: Es ist Nato-Gipfel – und alle reden über Bidens Alter
Spätestens seit der verpatzten TV-Debatte gibt es große Zweifel, dass Joe Biden eine zweite Amtszeit bewältigen könnte. Sein Starrsinn könnte gefährliche Konsequenzen haben.

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In Washington herrscht Ausnahmezustand. Kilometerlang winden sich Zäune durch die Hauptstadt. Der Verkehr ist lahmgelegt. Hubschrauber stehen über der Stadt, Sirenen heulen. Das Zentrum Amerikas steht unter Strom. So stark wie zuletzt zum Ende der Amtszeit von Donald Trump, beim Sturm aufs Kapitol.
Grund für die Absperrungen in diesen Tagen ist ein anderer, aber groß ist er auch. Downtown Washington ist Sperrzone, weil hier gefeiert wird: Die Nato wird 75. Staats- und Regierungschefs aus der ganzen Welt sind angereist.
Gesprochen werden muss über so vieles – Russland, die Ukraine, China. Überall warten Herausforderungen, nicht zuletzt auf den US-Präsidenten, den Anführer der demokratischen Wertegemeinschaft und stärksten Militärmacht der Welt.
Aber geredet wird vor allem über eines: Wie fit ist Joe Biden? Kann der 81-Jährige den Wahlkampf schaffen, die Wiederwahl sichern und damit Nato-Gegner Donald Trump verhindern?
Nicht nur die Mienen der Mitglieder ausländischer Delegationen sind sorgenvoll. Parkinson, Alzheimer – oder einfach Altersschwäche? Die Stadt summt vor Gerüchten.
Dabei ist es schon so, dass viele Fakten noch immer für Biden sprechen. Er hat den Westen angesichts der russischen Aggression in der Ukraine vereint. Die Nato ist heute stärker und attraktiver als vor seinem Amtsantritt. Säumige Beitragszahler holen auf, weitere Staaten wollen Mitglieder werden. „Obsolet“, wie Bidens Vorgänger Trump einst behauptete, ist diese Allianz im 75. Jahr ihres Bestehens gewiss nicht.
2020 besiegte Biden Trump und ersparte der Nato den Schock einer weiteren Amtszeit des Republikaners. Nun könnte ausgerechnet seine Kandidatur erheblich dazu beitragen, dass Trump wiedergewählt wird.
Das Land hat sich vom Schock des TV-Duells der beiden Präsidentschaftskandidaten Ende Juni noch längst nicht erholt. Biden wirkte müde, verwirrt, teils abwesend. Zu beobachten war ein beängstigendes Nachlassen seiner rhetorischen Schlagkraft. Manche sprechen inzwischen schon von einer Krise der nationalen Sicherheit.
Wie soll ein vom Teleprompter abhängiger Biden weltweit verhandeln, Krisen lösen? Und vor allem: Trump besiegen, dem die Lügen von den Lippen fliegen? Einer, der von sich selbst sagt, er werde Tag eins seiner zweiten Amtszeit als Diktator beginnen?
Anstatt über die verheerenden Folgen von Trump im Weißen Haus zu diskutieren, haben sich Amerikas Medien einem Thema verschrieben. Die „New York Times“, wichtigstes Leitmedium der Demokraten, hat eine regelrechte Kampagne gegen den Präsidenten gestartet.
Pünktlich zum Start des Nato-Gipfels fährt Russland richtig auf: In Kiew ließ Kremlchef Wladimir Putin ein Kinderkrankenhaus bombardieren. Aber nicht das beherrscht die Schlagzeilen oder den Nato-Gipfel, sondern die medizinischen Spekulationen zu Biden. Die USA wirken schwach.
Und genau das hat – ob er es wahrhaben will oder nicht – Biden selbst ausgelöst: durch seinen TV-Auftritt, seinen unbedingten Willen, die unangenehme Debatte über sein Alter aussitzen zu wollen, und eine fatale Kommunikationsstrategie.
Die Zeit läuft. Wollen die Demokraten doch noch jemand Jüngeren aufstellen, müsste das bald passieren. Beim Parteitag Mitte August wird der Präsidentschaftskandidat bestimmt.
Der Eindruck verfestigt sich, dass zwei Züge ungebremst aufeinander zurasen: Immer mehr hochrangige Demokraten fordern Bidens Rückzug aus der Kandidatur, auch die Basis verliert allmählich das Vertrauen in ihn. Aber Biden ist wild entschlossen, zu kandidieren. Er und sein engstes Umfeld tun alles dafür, die Partei auf Linie zu bringen. Nur er selbst, so seine Überzeugung, kann Trump schlagen.
Und Trump? Der sieht in aller Ruhe zu, wie sich die Demokratische Partei selbst demontiert.
Die Auswirkungen werden noch lange spürbar sein. Nachdem Biden im November 2020 gegen Trump gewonnen hatte, versprach er seinem Land und der Welt, dass Amerika als verlässlicher Partner zurück sei. Im Sommer 2024 stellt sich die Frage: Wie lange noch?
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