
© AFP/Bashar Taleb
„Das hat mich nicht groß gestört“: Trump vergleicht Hinrichtungen der Hamas mit seinem Durchgreifen in Washington
Hamas-Kämpfer im Gazastreifen haben offenbar gezielt Palästinenser hingerichtet, die sie als Kollaborateure bezeichnete. Der US-Präsident sprach von Banden – und zog eine Parallele zu den USA.
Stand:
Wenige Tage nach dem Inkrafttreten der Waffenruhe im Gazastreifen haben Hamas-Kämpfer offenbar gezielt Palästinenser hingerichtet. Dutzende Zivilisten seien ohne Gerichtsverfahren getötet worden, hieß es nach Angaben der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa aus dem Amt des Präsidenten Mahmud Abbas, dessen Behörde das von Israel besetzte Westjordanland verwaltet.
Auf der Plattform X war ein Video veröffentlicht worden, das eine Gruppen-Erschießung von rund acht Personen auf einem Platz südlich von Gaza-Stadt zeigen soll. Umringt ist der Platz von einer Menge Schaulustiger. Augenzeugen sagten, die Hamas habe den Getöteten vorgeworfen, Kollaborateure der israelischen Armee zu sein.
US-Präsident Donald Trump relativierte das Vorgehen der Hamas – und verglich es mit dem harten Durchgreifen seiner Sicherheitskräfte in den USA. Die Hamas habe gegen „sehr, sehr schlimme Banden“ durchgegriffen, sagte Trump am Dienstag (Ortszeit). „Das hat mich nicht groß gestört, um ehrlich zu sein. Das ist ok.“ Trump behauptete auch, dass Länder wie Venezuela Banden in die USA schicken würden.
Trump zog dabei Parallelen zur US-Hauptstadt Washington, D.C., die „noch vor Kurzem eine der schlimmsten Städte des Landes“ gewesen sei, nun aber sicherer geworden sei, „weil wir hier unsere Probleme selbst gelöst haben“.
Experte: „Die Hamas wird jetzt noch aggressiver auftreten“
Die Äußerungen fielen kurz nach dem Ende von Friedensgesprächen im Nahen Osten, bei denen Trump seinen Plan für eine politische Nachkriegsordnung vorgestellt hatte. Laut dem Bericht deutete der Präsident an, dass die Hamas im Rahmen des Waffenstillstands von den USA die Genehmigung erhalten habe, für eine begrenzte Zeit „Sicherheitsoperationen“ in Gaza durchzuführen. „Wir haben ihnen für einen bestimmten Zeitraum die Genehmigung erteilt“, zitierte das Magazin Trump.
Zuvor hatte das „Wall Street Journal“ berichtet, Hamas habe nach dem Abzug israelischer Truppen ihre Sicherheitskräfte in mehreren Stadtteilen stationiert und sei dabei gewaltsam gegen rivalisierende Familien und Milizen vorgegangen. Der in Amman ansässige Islamismus-Experte Hasan Abu Hanieh sagte dem Bericht zufolge: „Die Hamas wird jetzt noch aggressiver auftreten, um zu zeigen, dass niemand sie herausfordern kann.“
Die palästinensische Autonomiebehörde im Westjordanland verurteilte die Exekutionen scharf. Nach Angaben von Wafa sprach das Büro von Präsident Mahmud Abbas von „abscheulichen Verbrechen“, die „unter keinen Umständen zu rechtfertigen“ seien. Abbas forderte ein sofortiges Ende der Tötungen und den Schutz der Zivilbevölkerung.
Die Autonomiebehörde mit Sitz in Ramallah verwaltet Teile des von Israel besetzten Westjordanlandes. Sie wird von Abbas’ Fatah-Bewegung kontrolliert, die in erbitterter politischer Gegnerschaft zur Hamas im Gazastreifen steht.
Ein Kommentator der israelischen Zeitung „Jediot Achronot“ schrieb, die Hamas habe mit den öffentlichen Erschießungen „eine Machtdemonstration abgehalten“ und ihre Kontrolle über Teile des Gazastreifens wiederhergestellt. Es würden nun „öffentliche Gräueltaten, Folter und Misshandlungen“ verübt gegen alle, die im Verdacht stünden, mit Israel kollaboriert oder sich gegen die Hamas erhoben zu haben.
Probleme bei der Übergabe der Leichen
Das Ringen um die Rückführung toter Geiseln aus dem Gazastreifen gefährdet indes den Friedensprozess. Israel wirft der Hamas einen Verstoß gegen das Waffenruhe-Abkommen vor, da bislang nicht wie vereinbart alle 28 Toten übergeben wurden. Am Dienstagabend übergaben die Islamisten vier weitere Leichen. Bereits am Vortag waren vier Leichen von getöteten Geiseln nach Israel überstellt worden.
Bei den übermittelten sterblichen Überresten stellte sich allerdings heraus, dass eine Leiche nicht die einer Geisel ist. Eine genetische Untersuchung im forensischen Institut in Tel Aviv ergab nach Angaben der israelischen Armee, dass es sich um keine der weiterhin vermissten getöteten Geiseln handelt. In Medienberichten wird davon ausgegangen, dass es die sterblichen Überreste eines Palästinensers sein könnte.
„Die Hamas ist verpflichtet, alle notwendigen Anstrengungen zu machen, um die verstorbenen Geiseln zurückzuführen“, hieß es in der Mitteilung der Armee. Damit verbleiben noch 21 getötete Geiseln im Gazastreifen. Im Februar hatte die Hamas bereits anstelle der Leiche der Geisel Schiri Bibas den Leichnam einer Palästinenserin übergeben. Die Terrororganisation räumte später einen möglichen Irrtum ein. Die Verwechselung – ob wissentlich oder versehentlich – löste in Israel große Empörung aus. (mit dpa)
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: