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Der ermordete Charlie Kirk und Israel: MAGA wird an den Rändern zunehmend antisemitisch
Offiziell ist Donald Trumps „Make America Great Again“-Bewegung pro Israel. Das aber teilen längst nicht mehr alle im rechten Lager. Deutlich wird das im Hinblick auf Charlie Kirk.

Stand:
Er nimmt das Problem ernst. Anders lässt sich nicht erklären, warum Benjamin Netanjahu mehrere Tage vor der Trauerfeier für Charlie Kirk in einem Video auf der Plattform „X“ ein Dementi abgab: Israel habe nichts mit der Ermordung von Kirk zu tun, beteuerte der Premierminister.
Kirk habe Israel und das jüdische Volk geliebt. Wer etwas anderes behaupte, verbreite „widerliche Gerüchte“ und eine „monströse, große Lüge“. Wer der Adressat seiner Botschaft sei, ließ Netanjahu offen und spekulierte lediglich über Finanzquellen aus Katar.
Ein Neonazi diniert in Mar-a-Lago
Doch schon kurze Zeit später reagierte Tucker Carlson, einer der populärsten Vertreter der amerikanischen Rechten. Er warf Netanjahu vor, das Andenken an Kirk für seine eigenen politischen Zwecke zu missbrauchen. Laut Carlson habe Kirk den israelischen Premier als eine „sehr zerstörerische Kraft“ empfunden.
Bereits Stunden nach dem Attentat auf den rechtsextremen US-Influencer am 10. September wurden in den sozialen Netzwerken antisemitische Verschwörungsmythen millionenfach geteilt. Die Strippenzieher hinter der Tat seien wahlweise „der Mossad“, „jüdische Geldgeber“ oder schlicht „Israel“ gewesen.
Offiziell ist die MAGA-Bewegung („Make America Great Again“) pro Israel. Das gilt insbesondere für Präsident Donald Trump. Das allerdings schließt Schulterschlüsse mit Antisemiten nicht aus. Ende November 2022 dinierte Trump in Mar-a-Lago, seinem Resort in Florida, mit dem Rapper und Modedesigner Kanye West.
Der wiederum hatte Nick Fuentes mitgebracht, einen der aggressivsten Neonazis in den USA. Der brüstet sich damit, als Rassist, Antisemit und Holocaust-Leugner bezeichnet zu werden. Er gilt als „White Supremacist“, der für eine Vorherrschaft von Weißen kämpft. Trump behauptete später, nicht gewusst zu haben, wer Fuentes sei.
Es wird geraunt und gemutmaßt, Ressentiments ersetzen Argumente.
Malte Lehming
Auch der hatte kurz nach der Ermordung von Kirk antisemitische Thesen über die Motive des Attentäters verbreitet. Zu Kirks Lebzeiten hatte Fuentes diesem vorgeworfen, nicht radikal genug zu sein.
Offenbar ist die MAGA-Ideologie sehr leicht anschlussfähig an antisemitische Stereotype. Ihre Gegner sind die „globalists“ und der „tiefe Staat“, die „Ostküstenpresse“ und das „Establishment“. Es wird geraunt und gemutmaßt, Ressentiments ersetzen Argumente.
Aus „America first“ wird „America only“
Die Republikanerin Marjorie Taylor Greene (in den USA als MTG abgekürzt), die den Bundesstaat Georgia im Repräsentantenhaus vertritt, machte für die Waldbrände in Kalifornien die jüdische Bankiersfamilie Rothschild verantwortlich.
Den Holocaust-Überlebenden, Philanthropen und Milliardär George Soros bezichtigte MTG, mit Nazis zusammenzuarbeiten. Die Aufforderung, sich gegen Corona impfen zu lassen, verglich sie mit dem Tragen des „Judensterns“. Über Joe Biden sagte sie, er sei wie Hitler.
Ob Rechtsextreme wie Tucker Carlson, MTG oder Steve Bannon: Die uneingeschränkte Pro-Israel- und Anti-Antisemitismus-Front innerhalb der MAGA-Bewegung bröckelt. Statt „America first“ heißt der neue Slogan „America only“. Gemeint ist: Die USA sollten auf Distanz zu Israel gehen, keine Milliardenbeträge mehr jährlich überweisen.
In Kirk spiegelte sich die Ambivalenz vieler MAGA-Vertreter gegenüber Israel wider. Auch er verteidigte Israel vehement, habe das Heilige Land geliebt, wie er schrieb. Andererseits bezichtigte er jüdische Spender, linksradikale Universitäten zu unterstützen, sprach von einer „elitären jüdischen Kultur“ und warf jüdischen Organisationen vor, zu einem „Anti-Weißen-Hass“ beizutragen. Abtreibung sei schlimmer als der Holocaust: Auch das ist ein Kirk-Zitat.
Netanjahu erinnerte in seinem Video an einen Satz von NS-Propagandaminister Joseph Goebbels: Je größer die Lüge, desto schneller verbreite sie sich. Damit meinte er alle Antisemiten, vor allem jene am rechten Rand der rechten MAGA-Bewegung.
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