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Israels Premier Netanjahu

© AFP/RONEN ZVULUN

Er will einen Palästinenserstaat verhindern: Netanjahu setzt ausschließlich auf Kampf – nicht auf politische Weitsicht

Israels Premier will von einem eigenen Staat für die Palästinenser nichts wissen. Das mag seine Einstellung spiegeln. Doch Politik muss über den Tag hinaus gedacht werden.

Ein Kommentar von Christian Böhme

Nicht realisierbar, weil unrealistisch – lange Zeit war von einer Zweistaatenlösung keine Rede mehr. Die Palästinenser drängten zwar darauf, hatten aber weder eine praktikable Idee noch das Personal, um das Projekt seriös voranzubringen.

Israel mit Dauer-Premier Benjamin Netanjahu an der Spitze wiederum machte keine Anstalten, sich in irgendeiner Weise auf die Autonomiebehörde unter Mahmud Abbas zuzubewegen. Es galt das Mantra: Der Nahostkonflikt kann gemanagt werden.

Weitere Anstrengungen seien damit überflüssig. Wen kümmere schon das Palästinenserproblem? Jetzt macht der Regierungschef unmissverständlich klar: Er setzt sogar alles daran, einen eigenen Staat für das Volk ohne Land zu verhindern.

Das Abkommen von Oslo war laut Netanjahu ein verhängnisvoller Fehler

Israels Premier erklärte jüngst: „Ich bin stolz darauf, dass ich die Gründung eines palästinensischen Staates verhindert habe.“ Das vor 30 Jahren vereinbarte Osloer Abkommen, das einen Friedensprozess einleiten sollte, nennt er denn auch einen „verhängnisvollen Fehler“.

Ein Hoffnungsschimmer. Vor dreißig Jahren schlossen Israel Premier Rabin und PLO-Chef Arafat das Abkommen von Oslo.

© AFP/J.DAVID AKE

Die Entstehung eines „kleinen palästinensischen Staates“ in Gaza zeige, wie gefährlich es sei, palästinensische Souveränität im Westjordanland zuzulassen. Das von der Hamas verübte Massaker vom 7. Oktober und der darauffolgende Gaza-Krieg zeigen allerdings: Das Palästinenserproblem lässt sich nicht einfach wegreden.

Von Tag zu Tag mehren sich die Stimmen, Israel müsse sich bewegen. Einen ernsthaften Anlauf nehmen, um mit den Palästinensern zumindest wieder ins Gespräch zu kommen. Anderenfalls werde der jüdische Staat nie Ruhe finden – und der Nahe Osten somit auch nicht.

Ist der Krieg in Gaza eine Chance für ein Nach- und Umdenken?

Es mag sein, dass aus einem schlimmen Krieg mit Abertausenden Opfern eine Chance für einen Neuanfang erwächst. Ein Innehalten, ein Nach- und Umdenken bewirkt, bei dem sich die Kontrahenten bewusst werden, dass es so nicht weitergehen kann.

Nur werden dafür willige Verhandlungspartner benötigt. Politiker, die bereit sind, unbequeme Konzessionen zu machen. Die fehlen auf palästinensischer Seite. Aber sie fehlen auch auf israelischer Seite. Mehr denn je.

Netanjahu – wie auch seine rechtsextremen Mitstreiter im Kabinett – will von einem Staat für die Palästinenser nichts wissen. Damit trägt er seiner eigenen Einstellung Rechnung und womöglich einer weitverbreiteten Stimmung im Land. Kein Wunder. Israel ist schwer traumatisiert.

Doch Politik muss über den Tag hinaus gedacht werden. Dafür werden Politiker benötigt, die willens und dazu in der Lage sind. Netanjahu gehört offenkundig nicht dazu. Er setzt ausschließlich auf Kampf.

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