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„Diskutieren, was die Konsequenzen sind“: EU fordert mehr Druck auf Israel wegen illegaler Siedlungspolitik
Der EU-Außenbeauftragte Borrell will, dass die Mitgliedsstaaten eine härtere Haltung gegenüber Israel einnehmen. Unicef berichtet außerdem über eine verschärfte Lage im Westjordanland und hohe Opferzahlen unter Kindern.
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In der Europäischen Union werden Überlegungen konkreter, den Druck auf Israel wegen der jüdischen Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten zu erhöhen. Zudem soll die Regierung in Jerusalem dazu gebracht werden, die Zwei-Staaten-Lösung für einen dauerhaften Frieden zu akzeptieren.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell forderte die 27 EU-Mitgliedsstaaten am Montag auf, eine härtere Haltung gegenüber Israel einzunehmen, nachdem der Internationale Gerichtshof die Besetzung des Westjordanlands für illegal erklärt hat.
„Wir müssen jetzt diskutieren, was wir machen, was die Konsequenzen sind“, forderte er vor dem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel. Das gelte auch für die Situation in Gaza, wo es eine humanitäre Katastrophe durch die israelischen Angriffe gebe. Fast 40.000 Menschen seien getötet worden.
Auch Außenministerin Annalena Baerbock verwies darauf, dass die EU nach dem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs (IGH) eine Verantwortung habe.
„Klar war bereits vor dem Gutachten, dass die Siedlungspolitik der israelischen Regierung völkerrechtswidrig ist und dass die Siedlungspolitik einer Zwei-Staaten-Lösung im Wege steht“, betonte sie.
Auch wenn das Gutachten nicht bindend sei, wäre die israelische Regierung gut beraten, „endlich den Weg freizumachen für eine Zwei-Staaten-Lösung“, die neben dem israelischen auch einen palästinensischen Staat umfasst. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu lehnt dies seit langem ab.
Die Richter des IGH waren in ihrem Gutachten zu dem Schluss gekommen, dass Israel dazu verpflichtet sei, den Palästinensern Reparationen für die durch die Besatzung verursachten Schäden zu zahlen. Israel hatte 1967 unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem besetzt und baut dort seither Unterkünfte für jüdische Siedler. Der IGH ist das höchste Rechtsorgan der UN und wird daher auch Weltgericht genannt.
Verdreifachung der Opferzahlen unter Kindern und Jugendlichen
Im Westjordanland und Ost-Jerusalem sind nach Angaben des UN-Kinderhilfswerk Unicef in den vergangenen neun Monaten 143 Kinder und Jugendliche getötet worden. Außerdem seien 440 junge Palästinenser durch Munition verletzt worden, teilte Unicef weiter mit.

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Diese Zahlen seien eine „unnötige und exzessive Ausübung von Gewalt gegen die Verwundbarsten“. Sie bedeuteten eine Verdreifachung der Opferzahlen im Vergleich zum Neun-Monats-Zeitraum davor. Auf israelischer Seite seien im Westjordanland in den vergangenen neun Monaten zwei Kinder getötet worden, ergänzte Unicef.
„Die Situation hat sich erheblich verschlechtert, was mit der Eskalation der Feindseligkeiten im Gazastreifen zusammenfällt“, so Unicef-Exekutivdirektorin Catherine Russell.
Es gebe häufig Vorwürfe, dass palästinensische Kinder auf dem Heimweg von der Schule festgehalten oder beim Gehen auf der Straße erschossen würden. „Die Gewalt muss jetzt aufhören“, sagte Russell.
Die israelisch-palästinensischen Spannungen wirkten sich auf das Wohlergehen Tausender Kinder und Familien aus, die täglich in Angst um ihr Leben rennen würden, so Unicef.
Die Lage im Westjordanland hat sich seit Beginn des Gaza-Kriegs nach dem Hamas-Massaker am 7. Oktober 2023 noch einmal deutlich verschärft. Seitdem wurden bei israelischen Militäreinsätzen, Konfrontationen oder eigenen Anschlägen nach Angaben des Gesundheitsministeriums im Westjordanland mehr als 550 Palästinenser getötet. (Reuters, dpa)
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