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Elon Musk kündigte am Sonnabend die Gründung einer eigenen Partei an: America Party.

© Reuters/Rachel Wisniewski

„Dritte Parteien hatten es immer schwer“: Kann Musk mit seiner „America Party“ Trump Konkurrenz machen?

Die „America Party“ soll eine Alternative zu Donald Trump werden. Doch Experten sind skeptisch: Eine landesweite Parteigründung ist extrem aufwendig – und bis zur nächsten Wahl kaum zu schaffen.

Stand:

Im Mai endete die politische Männerfreundschaft zwischen Elon Musk und Donald Trump ziemlich abrupt. „Elon, wir möchten dir alle danken für deine Hilfe“, lobte der US-Präsident bei der Abschiedszeremonie im Oval Office seinen einstigen „Superberater“ Musk nach dessen 130 Tagen im Weißen Haus.

Er könne so lange bleiben, wie er wolle, sagte Trump zu Musk, aber „irgendwann willst du ja auch einfach nach Hause zu deinen Autos“. Der 54 Jahre alte Techmilliardär steht nahezu entseelt daneben und hört sich die scheinbaren Worte des Dankes an, fast ausdruckslos starrt er vor sich hin.

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Zurück zu seinen Autos wollte Musk nun für alle ganz offensichtlich nicht. Keine drei Monate später verkündete Elon Musk am Sonnabend auf seinem Kurznachrichtendienst X, dass er die Gründung einer eigenen Partei plant – und katapultiert die seit Wochen schwelende Fehde zu seinem einstigen Verbündeten Trump damit auf ein neues Hoch.

Gründung einer Partei in den USA sehr schwierig

Die „America Party“ werde den US-Bürgerinnen und -Bürgern die „Freiheit zurückgeben“, sagte Musk. Wenn es dazu komme, dass das Land durch Verschwendung und Bestechung in den Bankrott getrieben werde, „leben wir in einem Einparteiensystem, nicht in einer Demokratie“.

Bis zu den Midterms ist es daher äußerst unwahrscheinlich, dass eine neue Partei landesweit antreten kann.

Christian Lammert, Politikwissenschaftler

Der „New York Times“ zufolge hat Musk bisher aber nicht einmal Unterlagen zur offiziellen Parteigründung eingereicht, obwohl er in einem separaten Posting hinzufügte, dass die America Party „nächstes Jahr“ bei den Wahlen antreten werde. Das bleibt vermutlich aber nicht viel mehr als Wunschdenken.

„Die Gründung einer neuen Partei ist in den USA mit enormem organisatorischem Aufwand verbunden“, sagt Christian Lammert, Politikwissenschaftler am John-F.-Kennedy-Institut der FU Berlin, dem Tagesspiegel.

Jede Partei muss sich ihm zufolge in allen 50 Bundesstaaten einzeln registrieren und dabei jeweils unterschiedliche gesetzliche Anforderungen erfüllen – etwa Unterschriftensammlungen, Mindestzahlen an Mitgliedern oder bestimmte Quoten bei vergangenen Wahlen. „Bis zu den Midterms ist es daher äußerst unwahrscheinlich, dass eine neue Partei landesweit antreten kann.“

Im November 2026 wird das Repräsentantenhaus komplett und ein Drittel des Senats neu gewählt. Bisher halten Trumps Republikaner in beiden Kammern die Mehrheit, für die Opposition sind die Wahlen deshalb besonders wichtig. Durch einen Sieg kann sie entscheidende Projekte der Regierung Trump verhindern. Genau darauf dürfte Musk jetzt spekulieren.

Im Februar kam Elon Musk mit internationalen Rechtspopulisten in Washington zusammen, jetzt will er eigenen Angaben zufolge die „politische Mitte“ erreichen.

© Reuters/Nathan Howard

Landesweit anzutreten, dürfte Musk Expertinnen und Experten zufolge in den kommenden knapp eineinhalb Jahren aber kaum gelingen. Der Tesla-Boss scheint das zu ahnen: Er selbst hat schon angekündigt, sich auf einzelne Senatssitze und ein knappes Dutzend Distrikte für die Wahl des Repräsentantenhauses zu konzentrieren.

Besonders interessant wären dem Politologen Lammert zufolge dabei sogenannte Swing States wie Arizona, Georgia, Pennsylvania, Wisconsin oder Nevada, in denen knappe Mehrheiten oft über die Mehrheitsverhältnisse im Kongress entscheiden.

291,5
Millionen US-Dollar hat Elon Musk in den Jahren 2023 und 2024 Axios zufolge insgesamt an die republikanische Partei und Einzelkandidaten gespendet.

Doch für Musk bleibt es bis dahin ein langer Weg, sagt Jackson Janes, Senior Fellow am German Marshall Fund. „Der Test wird sein, ob er all das rechtzeitig bis zu den Wahlen 2026 auf die Beine stellen kann oder nicht.“

Trump und Musk liefern sich öffentliche Schlammschlacht

Mit der Gründung der America Party inszeniert sich Musk, der seine Rolle in der Partei bislang offenließ, damit direkt als Gegenspieler des amtierenden US-Präsidenten.

Dabei sah es lange so aus, als würde der in Südafrika geborene Tesla-Chef das entscheidende Puzzleteil für Trumps zweite Amtszeit werden. Zwar unterstützte er erst spät den 79 Jahre alten Republikaner, pumpte dann aber mehr als 250 Millionen US-Dollar in dessen Wahlkampfmaschinerie – mehr als jeder andere.

Können und wollen jetzt nicht mehr miteinander: Donald Trump und Elon Musk.

© Reuters/Brandon Bell

Trump belohnte so viel Loyalität mit einem Regierungsposten. Als Berater und Chef des neu geschaffenen Department of Government Efficiency (Doge), der sogenannten Behörde für Regierungseffizienz, feuerte Musk reihenweise Regierungsangestellte, kündigte Verträge, strich Gelder in Millionenhöhe.

Öffentlich stritten sich die beiden Männer dann über Trumps „Big Beautiful Bill“, eine Verlängerung der Steuererleichterung aus Trumps erster Amtszeit und Umverteilung von Arm zu Reich.

Die America Party würde sich vermutlich als Anti-Establishment-Alternative positionieren.

Christian Lammert, Politikwissenschaftler

Musk stört sich aber vielmehr an der dadurch massiv steigenden Staatsverschuldung, die sich konservativen Schätzungen zufolge auf drei Billionen US-Dollar erhöhen wird. Der Techmilliardär forderte stattdessen weitere Ausgabenkürzungen.

Ende Mai wurde Elon Musk offiziell im Oval Office verabschiedet, richtig zufrieden wirkte er schon da nicht.

© AFP/Allison Robbert

„Die America Party würde sich vermutlich als Anti-Establishment-Alternative positionieren, gegen Verschwendung und Korruption, für Effizienz, technologische Innovation und individuelle Freiheit“, sagt Politologe Lammert. Technikbegeisterte, Libertäre, enttäuschte Zentristen beider Parteien sowie jüngere Wähler:innen könnten Lammert zufolge zur möglichen Zielgruppe gehören.

Elon Musk selbst sprach im vergangenen Monat dem Fernsehsender CNN zufolge davon, dass die USA eine dritte Partei bräuchten, die tatsächlich „die 80 Prozent in der Mitte“ vertreten würden. Wen genau er damit meint, bleibt aber unklar.

Wahlkampfhilfe für die rechte AfD in Deutschland: Über eine Videoeinblendung unterhält sich Elon Musk mit Alice Weidel.

© dpa/Hendrik Schmidt

Politisch ist Musk schwierig zu fassen. In der Vergangenheit unterstützte der Tesla-Boss neben Trump auch demokratische Präsidentschaftskandidaten. Er warnt vor den Auswirkungen des Klimawandels, gilt als libertärer Marktradikaler und spricht sich gegen Gewerkschaften aus.

Zudem unterstützt er rechtsextreme Parteien wie die AfD in Deutschland und verbreitet rechtsextreme sowie antisemitische Verschwörungstheorien. Migration hält er für eine „existenzielle Bedrohung“.

Doch unabhängig davon, ob er mit einem möglichen Wahlprogramm auf ausreichend großen Zuspruch innerhalb der US-amerikanischen Bevölkerung stößt, das größte Problem für Musks neue America Party bleibt das Zweiparteiensystem der USA.

„Dritte Parteien hatten es historisch immer schwer, weil das Winner-take-all-Prinzip dazu führt, dass nur der Kandidat mit den meisten Stimmen einen Sitz gewinnt“, sagt Christian Lammert. „Dadurch wirken Stimmen für kleinere Parteien oft verloren, was viele Wähler abschreckt.“

58
Prozent der US-Bürger wünschen sich eine dritte Partei.

Die US-amerikanischen Grünen haben sich beispielsweise vor mehr als zwei Jahrzehnten gegründet – bis heute sind sie weder im Repräsentantenhaus noch im Senat vertreten.

Dennoch könnte Musk sich Lammert zufolge von anderen Kleinparteien abheben: „Sein Vorteil wäre vor allem die Fähigkeit, schnell große Summen zu mobilisieren und Aufmerksamkeit zu erzeugen – das allein garantiert aber noch keinen Wahlerfolg.“

Dabei ist die Nachfrage nach einer Alternative groß. Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gallup zufolge waren 2024 mit 58 Prozent mehr als die Hälfte der US-Bürgerinnen und -Bürger der Ansicht, dass eine dritte große Partei in den USA benötigt wird, weil die Republikaner und Demokraten das Volk „so schlecht vertreten“ würden.

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