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U.S. President Donald Trump welcomes Ukraine's President Volodymyr Zelenskiy at the White House in Washington, D.C., U.S., October 17, 2025. REUTERS/Jonathan Ernst

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Update

„Er hat gar nichts“: Trump widerspricht Selenskyj vor Treffen am Sonntag

Der ukrainische Präsident berichtet von einem „fast fertigen“ Sicherheitsabkommen, von dem der US-Präsident aber nichts wissen will. Selenskyj erhält derweil weitere Unterstützung von seinen Verbündeten.

Stand:

Nach Angaben des ‌ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ist ein Sicherheitsabkommen zwischen der Ukraine und den USA „fast fertig“. ‍Der Entwurf eines 20-Punkte-Plans sei zu 90 Prozent fertiggestellt, sagte Selenskyj am Samstag in einem über eine Messenger-App geführten Gespräch mit Journalisten

Das sieht US-Präsident Donald Trump offensichtlich anders. „Er hat gar nichts, solange ich es nicht absegne“, sagte Trump am Freitag (Ortszeit) dem Nachrichtenmagazin „Politico“. „Wir werden also sehen, was ‌er hat.“

Beim Treffen mit Trump am Sonntag in den USA will sich Selenskyj mit diesem auf einen Rahmen für einen Friedensplan einigen. Das sagte er dem Nachrichtenportal „Axios“. Über diesen Plan wolle er in einem Referendum abstimmen lassen, falls Russland einem Waffenstillstand zustimmt.

Der ukrainische Präsident erklärte außerdem, die ‍USA hätten ein 15-jähriges Abkommen über ‍Sicherheitsgarantien angeboten, das verlängert werden könne. Kiew ​wünsche sich jedoch eine längere Laufzeit. Die Sicherheitsgarantien seien der Schlüssel zum Frieden, sagte Selenskyj.

Verbündete stärken Selenskyj vor Trump-Treffen den Rücken

Das Weiße Haus kündigte das bilaterale Treffen in Palm Beach im Bundesstaat Florida für Sonntag um 15.00 Uhr Ortszeit (21.00 Uhr MEZ) an. Bei dem neuen Spitzentreffen soll weiter über ein mögliches Ende des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine gesprochen werden.

Selenskyj will nach dem Treffen zunächst mit europäischen Staats- und Regierungschefs beraten. Kiew strebe damit eine stärkere Position an, um eine Verschleppung des Krieges durch Russland zu verhindern, teilt Selenskyj auf dem Kurznachrichtendienst Telegram mit. Er habe bereits mit mehreren Partnern der Ukraine gesprochen, um die Prioritäten auf diplomatischem Wege abzustimmen. „Morgen, nach dem Treffen mit Präsident Trump, werden wir die Gespräche fortsetzen“, heißt es in dem Beitrag.

Auch vor dem Treffen bekam Selenskyj nach Angaben der Bundesregierung erneut die Unterstützung seiner Verbündeten zugesagt. „Die elf Staats- und Regierungschefs aus Europa und Kanada sowie die Spitzen von Nato und der EU sicherten der Ukraine ihre volle Unterstützung zu und unterstrichen, in enger Koordination mit den USA für einen nachhaltigen und gerechten Frieden in der Ukraine einzutreten“, teilte ein Regierungssprecher mit.

Selenskyj befinde sich nun auf dem Weg in die USA und halte die sogenannte Berlin-Gruppe über die Verhandlungen auf dem Laufenden, hieß es am Samstagabend weiter. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte zuvor auf Bitten Selenskyjs zu einer Telefonschalte im Format des jüngsten Berliner Treffens eingeladen, wie eine Regierungssprecherin sagte.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron betonte, die Europäer müssten vollständig in die sie betreffenden Diskussionen eingebunden werden, wie es aus Élysée-Kreisen hieß. Im Januar werde Macron ein weiteres Treffen der Koalition der Willigen in Paris ausrichten.

Von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die ebenfalls an dem Gespräch teilgenommen hatte, hieß es auf der Plattform X, man begrüße „alle Bemühungen, die zu unserem gemeinsamen Ziel führen – einem gerechten und dauerhaften Frieden, der die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine wahrt.“

Kanada sagte der Ukraine derweil weitere Wirtschaftshilfe in Höhe von 2,5 Milliarden Dollar zu. Sie solle es dem Land ermöglichen, Finanzmittel des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu erhalten, sagt Premierminister Mark Carney bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Selenskyj.

Die Bereitschaft der russischen Seite, von ihren Maximalforderungen abzurücken, ist und bleibt allerdings gering.

Vize-Außenminister Sergej Rjabkow hatte Kiew am Freitag vorgeworfen, die Gespräche über den US-Plan für ein Ende des Krieges „torpedieren“ zu wollen. Eine vor wenigen Tagen von der ukrainischen Regierung vorgelegte überarbeitete Version des US-Plans sei „radikal anders“ als der Text, über den Moskau mit Washington verhandelt habe, sagte Rjabkow am Freitag im russischen Fernsehen.

Die Ukraine und ihre Unterstützer – allen voran die EU, die „nicht für eine Einigung“ sei – hätten ihre „Bemühungen verstärkt, sie zu torpedieren“, sagte Rjabkow. „Ohne angemessene Lösung der Probleme, die zu dieser Krise geführt haben, wird es ganz einfach unmöglich sein, zu einer abschließenden Einigung zu gelangen“, betonte der Vize-Außenminister. Jegliche Vorschläge müssten sich innerhalb der bei dem Gipfeltreffen zwischen Trump und Putin im August in Alaska festgelegten Grenzen bewegen.

Zuvor hatte die russische Zeitung „Kommersant“ berichtet, Putin sei bereit zu Verhandlungen, wie die Nachrichtenagentur Reuters schreibt. Der russische Machthaber beharrte demnach aber auf der Übernahme des gesamten Donbas im Osten des Landes. Dafür könne Russland aber Gebiete abgeben. Welche Gebiete Putin konkret bereit wäre abzugeben, geht aus dem Bericht nicht hervor.

Vor allem die Region Donezk ist strategisch wichtig. Zum einen gibt es dort sehr lukrative Industriestandorte und Bodenschätze. Zum anderen hat die Ukraine hier ihren „Festungsgürtel“ errichtet – einige sehr gut befestigte Städte wie Kramatorsk oder Slovjansk. Wenn diese Regionen an Russland fallen würden, könnte Putins Armee leichter in andere Gebiete vorrücken.

Putin will nicht vom Donbas abweichen

Putin hatte die Übernahme des Donbas auch beim Treffen mit Trump im August in Alaska gefordert. Und die Forderung stand auch im ursprünglichen 28-Punkte-Friedensplan der USA und Russlands, der Kritikern zufolge eindeutig die Handschrift Moskaus trug.

Die russische Zeitung berichtet weiter, Putin habe bei einem Treffen mit führenden russischen Geschäftsleuten am 24. Dezember Details eines entsprechenden Plans erläutert. Der Kreml-Korrespondent des Blattes schrieb, Putin habe versichert, die russische Seite sei weiterhin zu den Zugeständnissen bereit, die er bei einem Gipfeltreffen mit Trump im August in Anchorage gemacht habe.

„Mit anderen Worten: Der Donbas gehört uns“, zitierte der „Kommersant“ aus dem Treffen. Außerhalb dieser Region sei aber ein teilweiser Gebietsaustausch von russischer Seite nicht ausgeschlossen. Offen ‌blieb, ob Putin auch ​zu direkten Gesprächen ​mit Selenskyj bereit ⁠ist.

Nach russischen Angaben stehen derzeit die annektierte Halbinsel Krim, etwa ‍90 Prozent des Donbas, 75 Prozent der Regionen Saporischschja und Cherson sowie kleinere Teile weiterer Gebiete unter eigener ‍Kontrolle.

Unklar ist, wie hier eine Lösung aussehen könnte, da Kiew und die europäischen Verbündeten dies immer als rote Linie bezeichnet hatten. Schon in der ursprünglichen Version des Friedensplans stand, dass Russland für die Gebiete im Donbas kleine besetzte Landstriche, zum Beispiel in Charkiw, aufgibt.

Nicht absehbar ist zudem, wie Trump reagiert, wenn sich beide Seiten nicht einigen. In der jüngsten Vergangenheit machte der US-Präsident mehrfach deutlich, dass ihm die Geduld ausgeht. (lem, Agenturen)

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