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Eine Komponente des Marschflugkörpersystems SSC-8/9M729 wird am 23. Januar 2019 im Patriot Expocentre bei Moskau präsentiert.

© REUTERS/MAXIM SHEMETOV

„Ernste Gefahr für euro-atlantischen Raum“: Russland soll verbotenen Marschflugkörper eingesetzt haben

Der Gebrauch des 9M729-Marschflugkörpers ist gemäß dem INF-Vertrag untersagt. Nun soll Russland die Waffe genutzt haben, die der Nato zufolge „europäische Städte wie Berlin erreichen“ könnte.

Stand:

Russland hat nach ukrainischen Angaben einen Marschflugkörper vom Typ 9M729 eingesetzt – eine Waffe, deren Gebrauch nach dem INF-Vertrag über das Verbot von Mittel- und Kurzstreckenraketen untersagt ist. Das teilte der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha der Nachrichtenagentur Reuters mit. 

Nach seiner Einschätzung zeigt der Einsatz dieser Rakete „Putins Missachtung gegenüber den Vereinigten Staaten und den diplomatischen Bemühungen von Präsident Trump“.

Gerade wegen dieser Rakete waren die USA unter Präsident Donald Trump im Jahr 2019 aus dem laufenden INF-Vertrag ausgestiegen. Washington warf Moskau damals vor, die Bestimmungen des Abkommens verletzt zu haben.

Die Vereinigten Staaten kritisierten, dass die Reichweite des von Russland heimlich entwickelten 9M729-Marschflugkörpers über die im Vertrag festgesetzte Grenze von 500 Kilometern hinausginge. Trump sagte damals: „Russland hat das Abkommen leider nicht eingehalten. Daher werden wir das es aufkündigen und austreten.“ Der Kreml wies damals sämtliche Vorwürfe zurück. 

Russlands 9M729-Einsatz zeigt Putins Missachtung gegenüber den Vereinigten Staaten.

Andrij Sybih, ukrainischer Außenminister

Wie Reuters unter Berufung auf eine informierte ukrainische Quelle berichtet, begannen die Starts des 9M729-Marschflugkörpers am 21. August dieses Jahres und damit weniger als eine Woche nach dem Trump-Putin-Gipfel in Alaska. Sybiha zufolge habe Russland diese Waffen seitdem bereits 23 Mal eingesetzt.

Das Weiße Haus äußerte sich bislang noch nicht zu dem Reuters-Bericht. Der Kreml verwies auf Nachfrage der Nachrichtenagentur an das russische Verteidigungsministerium. Dieses habe bislang allerdings noch nicht auf eine Nachfrage reagiert, heißt es.

9M729 ursprünglich für Angriffe auf Nato-Gebiet konzipiert

Dem Bericht zufolge soll ein am 5. Oktober abgefeuerter Lenkflugkörper mehr als 1200 Kilometer zurückgelegt haben, bevor er in der Region Lwiw einschlug und infolge der Explosion vier Menschen ums Leben kamen. Reuters berichtete unter Berufung auf von Analysten ausgewerteten Bildern, dass die Trümmerteile des Flugkörpers die Kennzeichnung 9M729 trugen.

Westliche Militäranalysten sagten gegenüber Reuters, dass die Angriffe eine Verhärtung der russischen Haltung signalisierten. Darüber hinaus gebe der Einsatz des 9M729-Marschflugkörpers Anlass zur Sorge um die europäische Sicherheit, da diese Waffen ursprünglich für Angriffe auf Nato-Territorium entwickelt worden seien.

Bereits 2018 und kurz vor dem Verbot im Rahmen des INF-Vertrags bezeichnete der damalige Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg Russlands 9M729-Waffen als „eine ernste Gefahr für die strategische Stabilität des euro-atlantischen Raums“.

Demnach seien die Marschflugkörper schwer zu entdecken, sie könnten nuklear bewaffnet werden und „europäische Städte wie Berlin erreichen“. 

Die lassen sich atomar bestücken, verringern die Vorwarnzeit, sind schwer aufzuspüren und können europäische Städte wie Berlin erreichen.

Jens Stoltenberg im Jahr 2018 (über die via INF-Vertrag verbotene russische Waffe)

9M729 soll Reichweite bis zu 2350 Kilometern haben

Der bodengestützte Marschflugkörper mit der Typbezeichnung 9M729 wurde von dem russischen Rüstungskonzern „NPO Novator“ entwickelt. In westlichen Ländern wurde die Waffe im Kontext des Verbots im Rahmen des INF-Vertrags auch mit dem Codenamen „SSC-8“ bezeichnet.

Russland gab noch vor dem Verbot bekannt, dass die maximale Reichweite der Waffe unter 500 Kilometern läge. Russlands Vize-Außenminister Sergej Ryabkow behauptete in der Vergangenheit mehrfach, dass der 9M729-Flugkörper lediglich eine Modifizierung des Iskander-M-Systems sei, das ebenfalls lediglich eine Reichweite von maximal 500 Kilometern habe.

Das Iskander-M-System hat weniger als 500 km Reichweite. Bereits 2019 berichteten Medien wie etwa das Militärmagazin „Army Recognition“, dass der Marschflugkörper eine Distanz von bis zu 2350 Kilometern überbrücken könne.

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