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Frankreich schlittert in eine institutionelle Krise : Macron will jetzt selbst eine Regierung zimmern
Die einzige Kandidatin für das Amt des Premierministers hat Macron offiziell abgelehnt. Damit verstärkt Frankreichs Präsident die von ihm selbst ausgelöste Krise.

Stand:
Langsam wird einem der französische Präsident Emmanuel Macron unheimlich. Am Montagabend lehnte er die Ernennung von Lucie Castets, der Kandidatin des grün-linken Parteienbündnisses zur Premierministerin ab. „Die Stabilität der Institutionen erzwingt es, diese Option auszuschließen“, heißt es in dem Schreiben, das er an die Medien verschickte.
Sieben Wochen war Macron untätig. Zwei Tage lang hat er schließlich die politischen Parteien im Élysée-Palast befragt, was sie von einer Linken-Regierung halten würden. Dabei haben alle Parteien bestätigt, was sie seit Wochen sagen: Sie würden eine Castets-Regierung sofort stürzen.
Bis zum Wochenende hieß es, man könne keinen Minister aus den Reihen der linkspopulistischen Partei La France Insoumise von Jean-Luc Mélenchon akzeptieren. Nachdem dieser erwogen hatte, keinen Vertreter in die neue Regierung zu entsenden, hieß es dann: Kein linkes Programm, egal von wem.
Ansonsten will niemand regieren
Das Problem: Es gibt keine alternative Koalition. Keine Partei hat einen alternativen Kandidaten aufgestellt.
Den will sich Macron jetzt selbst zimmern: Dazu hat er für Dienstag einige Parteien erneut eingeladen – zusammen mit „Persönlichkeiten, die sich durch Erfahrung im Dienste der Institutionen und der Republik auszeichnen“. Wer diese Auserwählten sind, von denen einer dann regieren soll, bleibt Macrons Geheimnis.

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Es ist richtig, dass das grün-linke Bündnis keine Mehrheit hat und bisher nur in Aussicht gestellt hat, Mehrheiten für seine jeweiligen Projekte zu suchen, ohne eine formelle Koalition einzugehen.
Andere Parteien sagen nur „Nein“
Vielleicht wäre Castets gestürzt worden, bevor sie überhaupt ein Projekt vorgestellt hätte. Auf die anderen Parteien, die bisher nur „Nein“ sagen, hätte das aber kein gutes Licht geworfen. Und Zeit für diesen Versuch, zumal sich das Linkenbündnis bereits bewegt hat, wäre auch noch gewesen.
Macron hätte es auf dieses mögliche Szenario ankommen lassen müssen. Schließlich war er es, der das Land mit den ohne Not und völlig überraschend ausgerufenen Neuwahlen innerhalb von drei Wochen ins Chaos stürzte – um dann den politischen Prozess wochenlang auszusetzen. Sich nun auf die „Stabilität der Institutionen“ zu berufen, zeugt schon von besonderer Chuzpe.
Macron hat die Parteien immer verachtet. Das bringt er auch jetzt wieder zum Ausdruck, wenn er überlegt, eine Person aus dem sozialdemokratischen Spektrum zum Premier zu machen – den das Linkenbündnis wiederum ablehnt.
Am liebsten wäre Macron vermutlich ein Technokrat, der gar keine Partei hinter sich hat und keine alternative Politik anstrebt. Er vergisst dabei: Es ist nicht der Präsident, der eine Mehrheit im Parlament beschaffen muss. Sondern der Premierminister. Frankreich hat mittlerweile ein echtes institutionelles Problem.
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