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Demonstration zur Unterstützung der Ukraine in Brüssel

© AFP/John Thys

Gipfeltreffen in Kiew: Die EU braucht einen Verteidigungsminister

Effizienter werden, Kosten senken, Verteidigungsfähigkeit erhöhen: Der Aufbau einer Europaarmee muss forciert werden. In enger Abstimmung mit der Nato und den USA.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Wie kann jemand fehlen, den es gar nicht gibt? Die Europäische Union ist zu einem Gipfeltreffen mit der Regierung der Ukraine nach Kiew gereist. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist dabei, Ratspräsident Charles Michel und viele weitere Mitglieder des Kollegiums.

Es soll ein starkes Signal der Solidarität werden, Wolodymyr Selenskyj erwartet weitere Militärhilfe. Seit Juni vergangenen Jahres ist die Ukraine offizieller EU-Beitrittskandidat. Kiew drückt aufs Gaspedal, während Brüssel bremst. Auch darum wird es gehen.

Und wer fehlt? Nicht dabei ist der Kommissar für Verteidigung. Denn es gibt ihn nicht. Es gibt Kommissare für Gleichheitspolitik, Internationale Partnerschaften und Umwelt, Meere, Fischerei.

Aber dass sich jemand hauptamtlich mit dem Aufbau einer Europaarmee befasst, das bestehende Eurokorps ausbaut, die Zusammenarbeit der Länder bei Entwicklung und Kauf von militärischem Gerät koordiniert und das Fundament legt, um eine künftige europäische Armee in die Nato zu integrieren und in die transatlantischen Beziehungen einzubetten – Pustekuchen.

Die Europäische Kommission hat ziemlich viele Repräsentanten, die für ziemlich viele Themen zuständig sind. Es gibt eine Präsidentin, drei Exekutiv-Vizepräsidenten, vier Vizepräsidenten, diverse Kommissare und einen „Hohen Vertreter der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik“. Das ist der Spanier Josep Borrell, der umgangssprachlich EU-Außenminister genannt wird. Er sagt: „Die EU muss sich die Sprache der Macht zu eigen machen.“

Die Vorteile einer Europaarmee liegen auf der Hand

Das stimmt. Europa muss mehr für seine Verteidigung tun. Das wird immer wieder und immer lauter gefordert. Russlands imperialer Krieg gegen die Ukraine hat diese Notwendigkeit erneut unterstrichen. Winston Churchill war der Erste, der 1950 für eine supranationale europäische Armee plädierte.

Bevor die EU einen Verteidigungsminister braucht, bräuchte sie erst einmal das Auftreten als Einheit, Einigkeit über die Ziele der EU sowie einen Wandel weg vom Einstimmigkeitsprinzip hin zu Mehrheitsentscheidungen.

Schreibt Community-Mitglied stereotonie

Konkreter wurde wenig später der französische Ministerpräsident René Pleven. In Paris wurde 1952 sogar ein Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft unterzeichnet. Im Vertrag von Maastricht wurde 1992 die Verantwortung für die Sicherheitspolitik ausdrücklich der EU zugewiesen.

Doch alles dauert viel zu lange. Dabei liegen die Vorteile einer Europaarmee auf der Hand: Die Effizienz würde erhöht, die Kosten würden gesenkt. Rücksichten auf ehemals neutrale EU-Mitgliedsländer wie Schweden und Finnland müssen ohnehin kaum noch genommen werden. Nicht am Ende der Entwicklung muss die Errichtung eines EU-Verteidigungsministeriums stehen, sondern es muss jetzt geschehen, um die Entwicklung zu beschleunigen.

Jemand fehlt beim EU-Ukraine-Gipfel in Kiew. Es ist jemand Wichtiges, den es leider noch nicht gibt.

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