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Netanjahu, der Kriegsherr

© IMAGO/ZUMA Press Wire/IMAGO/Maayan Toaf/Israel Gpo

Netanjahu begeht Unrecht im Gazastreifen: Selbst der Wohlmeinendste kann Israels Vorgehen nicht mehr verteidigen

Israel soll nach Netanjahus Willen den Kampf gegen die Hamas ausweiten. Das ist eine fatale Ankündigung. Deutschland muss klar Position beziehen – aus Gründen der Staatsräson.

Christian Böhme
Ein Kommentar von Christian Böhme

Stand:

Diese Ankündigung verheißt Not, Leid und Tod. Genauer formuliert: Noch mehr Not, Leid und Tod, als es ohnehin schon im Gazastreifen zu beklagen gibt.

Benjamin Netanjahu hat erklärt, die Hamas „zerschlagen und zerstören“ zu wollen. Koste es, was es wolle. Es wird dem israelischen Premier zufolge „keine Situation geben, in der wir den Krieg beenden“.

Er rechne damit, dass aufgrund der vorausgegangenen und kommenden Kampfhandlungen wenigstens die Hälfte der zwei Millionen in Gaza lebenden Menschen das Küstengebiet verlassen wolle.

Das klingt nach Freiwilligkeit. Doch das stimmt nicht. Die palästinensischen Familien wollen ihre Heimat nicht verlassen – sie müssen. Sie werden durch die harte Kriegsführung und von Israel verhinderte Hilfslieferungen dazu gezwungen und somit vertrieben.

Selbst wer Israel wohlgesonnen ist, sein Handeln mit dem Hinweis auf dessen besondere Situation – von Feinden umgeben – oft verteidigt hat, kommt kaum umhin, klare Worte zu finden: Es geschieht Unrecht, das benannt werden muss. Gerade von einem engen Freund wie Deutschland.

Der Gazastreifen ist weitgehend dem Boden gleichgemacht.

© AFP/EYAD BABA

Denn das brutale Vorgehen ist weder gerechtfertigt, noch erwächst daraus etwas Konstruktives. Etwas, das dem jüdischen Staat auf Dauer Sicherheit verspricht.

Die Hamas ist so kaum zu besiegen

Ja, es stimmt, dass die Hamas eine islamistische Mörderbande ist, die sich keinen Deut um das Wohlergehen des palästinensischen Volks schert. Ja, es trifft zu, dass es das Ziel der Islamisten ist, alle Juden auszulöschen. Ja, Gaza in der Hand der Terroristen ist ein Sicherheitsrisiko für den jüdischen Staat. Das Massaker vom 7. Oktober 2023 darf sich niemals wiederholen.

Bei aller gebotenen Solidarität mit Israel sind klare Worte der Kritik Richtung Jerusalem so angebracht wie vonnöten.

Christian Böhme

Aber es hat sich eben auch gezeigt: Ein mehr als anderthalb Jahre andauernder, grausamer Krieg hat die Hamas nicht vernichten können. Mit Bomben ist ihr und ihrer Ideologie nicht beizukommen. Immer noch befinden sich Geiseln in ihrer Gewalt.

Viele Israelis sind des Kampfes müde

Stattdessen sind Zehntausende Menschen in Gaza getötet worden, darunter viele Kinder; Hunderttausende haben alles verloren. Es herrscht verheerender Hunger. Das geben inzwischen sogar israelische Offiziere zu.

Nicht zu vergessen: Viele Israelis sind des Dauerkampfes müde. Einfache Soldaten und Offiziere zweifeln in aller Offenheit am Sinn des Einsatzes. Doch Netanjahu gönnt ihnen keine Ruhe.

Friedrich Merz muss als Bundeskanzler deutliche Worte finden.

© dpa/KOBI GIDEON

Er treibt das Land vor sich her, hält den Krieg aus politischem Kalkül und offenkundigem Eigeninteresse am Laufen. Wohl wissend, dass ein Ende des Feldzugs auch das Ende seiner Karriere bedeuten würde. Ihn schert es nicht, dass er Israel zum Paria machen könnte.

All das darf die Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz nicht außer Acht lassen. Bei aller gebotenen Solidarität mit Israel sind klare Worte der Kritik Richtung Jerusalem so angebracht wie vonnöten.

Das ist kein Verrat am viel beschworenen deutschen Grundsatz, wonach Israels Sicherheit zur deutschen Staatsräson gehört. Es kann für das Vorgehen eines Benjamin Netanjahu keinen Freifahrtschein geben. Da gibt es nichts zu verteidigen oder gutzuheißen.

Ob das etwas bewirken wird, ist zwar fraglich. Doch es entbindet Deutschland nicht davon, sich zu positionieren. Am Ende könnte es wohl nur Donald Trump schaffen, Netanjahu Einhalt zu gebieten.

Schließlich gibt sich der US-Präsident liebend gerne als Mann des Friedens. Vielleicht wird er es sein, der den Krieg in Gaza beendet. Das wäre ein echter PR-Erfolg in eigener Sache. Und im Sinne der Menschlichkeit.

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