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Kamala Harris hat die Wahlkampfdynamik bisher auf ihrer Seite, sehr zu Donald Trumps Ärger.

© AFP/Brendan Smialowski

Ist Kamala indisch oder schwarz?: So leicht geht Harris nicht in Trumps Falle

Trumps Provokation wirkt widersinnig und ist doch eiskalt kalkuliert. Er möchte das Thema des Wahlkampfs wechseln und sucht sich dafür das Publikum, das den größten Aufschrei verspricht.

Christoph von Marschall
Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Stand:

Donald Trumps Attacke auf Hautfarbe und Herkunft von Kamala Harris ist eine schamlose Provokation. Das Publikum, das er sich dafür aussucht, wirkt zudem widersinnig: die Vereinigung schwarzer Journalisten.

Sein Ziel müsste es doch eigentlich sein, um schwarze Wählerinnen und Wähler zu werben. Sie bilden einen strategisch unverzichtbaren Teil der Koalition, die die Demokraten brauchen, um nationale Wahlen zu gewinnen – im Idealfall mit deutlich über 80 Prozent des „black vote“.

Dennoch ätzt Trump vor den Medienvertretern, die er im Normalfall umgarnen würde, gegen die neue Spitzenkandidatin, der die Herzen der Afroamerikaner zufliegen: Sie habe angeblich ihre Identität gewechselt, sich erst als indischstämmig ausgegeben, wolle nun aber als Schwarze um Stimmen werben.

Ihre Mutter stammt aus Indien, der Vater aus Jamaika

Die Attacke ist in der Substanz eine glatte Lüge. Ihre Mutter ist eine Brustkrebsforscherin aus Indien, ihr Vater Wirtschaftswissenschaftler aus Jamaika. Auf diese doppelte Herkunft ist sie stolz und sie hat sie nie verschwiegen.

Mit seiner Provokation verfolgt Trump ein strategisches Ziel. Er spürt, dass sich die Dynamik des Wahlkampfs zu seinen Ungunsten wendet, seit Joe Biden für Kamala Harris Platz gemacht hat. Auf einmal ist die Frage nach Alter und Fitness kein Vorteil mehr wie im Duell mit Biden. Im Vergleich mit Harris ist nun Trump der alte weiße Mann.

Er will den Trend wenden und wieder die Themen in den Fokus rücken, die ihm nützen und seine Kernwählerschaft mobilisieren. In erster Linie sind das Identitätsfragen. Beide Seiten müssen permanent abwägen, was mehr Erfolg verspricht: Ausweitung der potenziellen Wählerbasis oder Konzentration auf die Kernanhänger, damit die in höherer Zahl zur Wahl gehen.

Trump weiß, dass der plumpe Angriff auf Harris‘ Herkunft ihn potenzielle Stimmen bei der nicht weißen Wählerschaft kosten wird. Aber er kalkuliert, dass es ihm unter dem Strich nützt, wenn der Themenwechsel gelingt.

Kaltes Kalkül, das gilt auch für die Bühne, die er sich für den Angriff ausgesucht hat. Wenn er die Vereinigung schwarzer Journalisten gezielt gegen sich aufbringt, verspricht das den größten Aufschrei.

So betrachtet stellt Trump Harris eine Falle. Und die entscheidende Frage ist, ob sie ihm den Gefallen tut, darauf hereinzufallen und die Rolle auszufüllen, die er ihr zugedacht hat: Sie soll dem Klischee der „angry black woman“ entsprechen, der schwarzen Frau, die auf die persönliche Verletzung zornig reagiert.

Doch so leicht lässt sich Kamala Harris nicht in die Falle locken. Sie reagiert rasch, aber ebenfalls strategisch abwägend. Sie weist Trumps Attacke bei einem Wahlkampfauftritt wenige Stunden später zurück. Sie rückt ihre Herkunft jedoch nicht in den Fokus ihrer Gegenrede. Sie verbindet ihre Identität als Frau aus einer multiethnischen Familie mit politischen Sachthemen, für die sie steht.

Fazit in Kurzform: Angriff pariert.

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