
© AFP/JIM WATSON
Kamala Harris will Donald Trump besiegen: Der Faktor Mensch entscheidet die US-Wahl – nicht Propaganda
Der Kandidatenwechsel führt zu Verwerfungen bei den Demokraten. Aber auch die Republikaner sind nicht vorbereitet. Das Lager, das schneller zur Eintracht findet, verschafft sich einen Vorteil.

Stand:
Angeblich ist Politik ein eiskaltes Geschäft. Die Protagonisten müssen sich den höheren Interessen unterordnen – seien es die Interessen der Partei, einflussreicher Lobby-Gruppen oder andere Machtfaktoren.
Doch dann blickt man auf das dreiwöchige Drama um Joe Bidens Rückzug von der Präsidentschaftskandidatur nach dem katastrophalen TV-Duell. Und auf die Überlegungen, ob Vizepräsidentin Kamala Harris bessere Chancen hat, Donald Trump zu besiegen? Den Donald Trump, der sich gerade auf einem triumphalen viertägigen Parteitag zum Favoriten für die Präsidentschaftswahl hat krönen lassen.
Da wird mit einem Schlag klar: Hier sind Menschen am Werk. Menschen mit ihren Überzeugungen, ihren Gefühlen, ihren Verletzungen. Menschen haben rationale wie irrationale Seiten. Sie haben die Fähigkeit, politische Prozesse voranzutreiben – oder zu torpedieren.
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Es rumpelt, es menschelt bei den Demokraten
Am Ende könnte der Faktor Mensch in der Politik die US-Wahl 2024 entscheiden. Und nicht ausgeklügelte Propaganda, die so tut, als seien politische Entscheidungen das Ergebnis berechenbarer Massenprozesse. Ist das beunruhigend oder eine Erleichterung?
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Es rumpelt bei den Demokraten. Denn es menschelt bei ihnen, vor allem im engeren Kreis um Joe Biden. Ja doch, er und seine Familie haben es spät, aber endlich eingesehen: Er kann die Wahl nicht mehr gewinnen. Sein körperliches wie mentales Altern ist unübersehbar.
Biden fühlt sich verraten von Pelosi und Obama
Aber auch dieser 81-Jährige ist ein Mensch mit Emotionen und einem über ein langes Leben gewachsenen Gefühl für Loyalität und Anstand. Seine Angehörigen sind es auch. Er ist verärgert und verletzt, fühlt sich beiseitegeschoben. Vielleicht sogar verraten von früheren Weggefährten wie Nancy Pelosi, Barack Obama und anderen Größen der Partei.
Optimal war das Vorgehen beim Kandidatenwechsel nicht. Im besten Fall hätten Biden und Harris die Stabübergabe in einer gemeinsamen Pressekonferenz erklärt.
So ist es nicht gekommen. Das erschwert Harris den Start. Aber verloren ist das Rennen damit noch nicht. Sie will sich die Kandidatur verdienen, sagt sie.
Trump ist nicht vorbereitet auf die neue Lage
Das kann ihr durchaus gelingen. Donald Trump, sein Vize J.D. Vance und ihr Kampagnen-Team tun sich ebenfalls schwer, sich auf die neue Lage einzustellen – obwohl der Kandidatenwechsel absehbar war.
Sie haben keine schlüssige Botschaft mit entschiedener Stoßrichtung vorbereitet. Trump behauptet, Biden sei von Anfang an ein schlechter Kandidat gewesen – um dann zu ergänzen, dass er Harris noch leichter schlagen werde.
Vance: Staatssreich bei den Demokraten
Sein Vize J.D. Vance spricht von einem „Staatsstreich“ bei den Demokraten. Sie ignorierten das Votum der Bürger bei den Vorwahlen, die Biden als ihren Kandidaten ausgewählt hätten. Nur: Welche demokratischen Wähler will er mit dieser Attacke erreichen? Die sind im Zweifel erleichtert, dass Biden die Notbremse gezogen hat und sie mit Harris doch noch eine Chance haben.
Entscheidend wird jetzt sein, welches Lager sich schneller auf die neue Lage einstellt und zu „unity“ findet: zu Eintracht und einem gemeinsamen Ansatz, wie es den Wahlkampf 2024 weiterführt.
Harris muss „leadership“ beweisen, Führungsfähigkeit. Und in einem viel kürzeren Zeitraum als in „normalen Zeiten“ einen Vizekandidaten und eine siegreiche Botschaft finden. Die drei entscheidenden „swing states“, in denen die Wahl 2024 entschieden wird, sind die gleichen wie 2016 und 2020: Michigan, Pennsylvania und Wisconsin.
Dort muss Harris reüssieren. Sie selbst kann nicht massenwirksam argumentieren, dass sie die Bürger dieser Region, die vom Industriegürtel der USA zum „rust belt“ geworden sind, versteht – und zwar ebenso gut wie J.D. Vance, der Autor des Bestsellers „Hillbilly Elegy“.
Josh Shapiro als potenzieller Vize
Dafür braucht sie einen „running mate“. Eine Person wie den Gouverneur von Pennsylvania, Josh Shapiro, als ihren Vize. 2020 war Biden der Kronzeuge, der weiße Arbeiter dort für sich begeistern konnte, weil er aus Scranton, Pennsylvania, stammt.
Harris‘ eigene Aufgabe wird es sein, die Koalition, die Biden 2020 den Sieg über Trump ermöglichte, zur Teilnahme an der Wahl zu motivieren: eine Koalition aus weiblichen Wählern, Afroamerikanern plus weiteren Minderheiten sowie einer ausreichenden Zahl Weißer, die noch an die Demokraten glauben.
Der Unterschied: 2020 war Biden die Nummer eins und Harris die Vize, die ihm zuarbeitete. Jetzt wird sie wohl selbst die Nummer eins und muss einen Vize finden, der die Wähler anspricht, die sie nicht binden kann.
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