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„Juri, ich würde Folgendes tun“: US-Sondergesandter Witkoff gab Putin-Berater Tipps, wie sich Trump beeinflussen lässt
Das Telefonat dauerte nur knapp fünf Minuten, aber sorgt für Aufregung. Mitte Oktober sprach Steve Witkoff mit dem Kreml-Berater Juri Uschakow – und brachte Trump von seinem kremlkritischen Kurs ab.
Stand:
Der US-Sondergesandte Steve Witkoff hat einem Medienbericht zufolge einem Kreml-Berater Ratschläge gegeben, wie der russische Staatschef Wladimir Putin dem US-Präsidenten Donald Trump ein Ukraine-Abkommen vorschlagen sollte.
Dies geht laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg aus dem Transkript eines Telefonats (hier im Original nachzulesen) zwischen Witkoff und dem Kreml-Berater Juri Uschakow vom 14. Oktober hervor.
Das Telefonat fand statt, als Witkoff und Trumps Schwiegersohn Jared Kushner ihre Arbeit an dem umstrittenen 28-Punkte-Plan für ein Ende des Ukrainekriegs begannen, der vergangene Woche öffentlich wurde. Der Plan wurde als sehr russlandfreundlich eingestuft: Er forderte zum Beispiel von der Ukraine bedeutende territoriale Zugeständnisse und die Zusage, nicht der Nato beizutreten.
Laut dem Transkript, über das Bloomberg berichtet, sagte Witkoff während des Gesprächs, er glaube, dass Russland – das im Februar 2022 den Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen hatte – „immer einen Friedensdeal gewollt“ habe. Witkoff äußerte demnach zudem „den tiefsten Respekt für Präsident Putin“ und zeigte großes Verständnis für Russlands Positionen.
Witkoff riet Uschakow, Putin solle Trump in einem Telefonat für die Waffenruhe im Gazastreifen loben – am besten noch vor einem für den 17. Oktober vorgesehenen Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus.
Der US-Sondergesandte schlug weiter vor, einen 20-Punkte-Friedensplan für die Ukraine zu erstellen, „so wie wir es für Gaza getan haben“. Er wisse, was dafür nötig sei, fuhr Witkoff fort: „Donezk und ein Gebietsaustausch irgendwo“, erklärte er mit Blick auf die von Russland beanspruchte Region im Osten der Ukraine flapsig.

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Erst ein freundliches Telefonat mit Putin, dann ein harsches Treffen mit Selenskyj
Das Telefonat zwischen Trump und Putin fand dann tatsächlich am 16. Oktober statt, just zu einer Zeit, in der Trump sich sehr kritisch gegenüber Putin äußerte und sogar überlegte, der Ukraine weitreichende Tomahawk-Raketen zur Verfügung zu stellen.
Das mehr als zwei Stunden dauernde Gespräch mit Putin drehte Trumps Stimmung offenbar deutlich. Der US-Präsident bezeichnete es als „sehr produktiv“. Den angedachten Tomahawk-Lieferungen erteilte er bei Selenskyjs Besuch eine Absage. Der ukrainische Präsident sah sich laut Medienberichten außerdem mit einem Wutanfall Trumps konfrontiert, der Landkarten vom Tisch wischte, die Selenskyj mitgebracht hatte, um die Lage an der Front zu erklären.
Witkoff und Kushner sammelten in den Wochen nach dem Telefonat zwischen Witkoff und Uschakow Vorschläge der Russen und in geringerem Umfang auch der Ukrainer. In Miami gab es über drei Tage verteilt Treffen zwischen Witkoff, Kushner und dem russischen Unterhändler Kirill Dmitriew. Dmitriew, ein russischer Geschäftsmann, und Kushner kennen sich laut Medienberichten gut. Eines der Treffen soll sogar im Haus von Witkoff stattgefunden haben. Auch die Ukrainer waren wohl in die Entstehung des 28-Punkte-Friedensplans eingebunden, allerdings in geringerem Maße.
Die russischen Berater Uschakow und Dmitriew standen in dieser Zeit offenbar in engem Kontakt. Bloomberg hat auch ein Telefonat zwischen ihnen veröffentlicht (hier nachzulesen), das am 29. Oktober stattfand. „Ich denke, wir werden dieses Papier über unsere Position erstellen, und ich werde es informell in Umlauf bringen“, sagte Dmitrijew demnach. „Ich glaube nicht, dass sie unsere Version genau so übernehmen werden, aber zumindest wird es so nah wie möglich dran sein“, fuhr er fort, offenbar in Anspielung auf US-Vertreter.
Tatsächlich war es Dmitrijew, der kanpp zwei Wochen später den endgültigen 28-Punkte-Plan an das US-Nachrichtenportal „Axios“ durchstach. „Axios“ berichtete am vergangenen Dienstag erstmals über die Existenz des Plans und „Geheimverhandlungen“ zwischen Russland und den USA. Laut aktuellen Medienberichten war das Papier, über das Uschakow und Dmitrijew in ihrem Telefonat sprachen, Grundlage für den 28-Punkte-Plan. Der Inhalt des besagten russischen Papiers ist bisher unbekannt.
Der ursprüngliche 28-Punkte-Plan ist nach Verhandlungen von US-Vertretern mit Ukrainern und Europäern am Wochenende in Genf um einige besonders russlandfreundliche Punkte reduziert worden. Vor allem über die möglichen Gebietsabtretungen der Ukraine soll noch einmal extra verhandelt werden. Ob Moskau den Plan nun noch als Verhandlungsgrundlage akzeptiert, ist fraglich.
Den Vorwurf zu den Gebietsabtretungen wies Trump am Dienstag zurück. „Letztlich ist das Gebiet, das in den nächsten Monaten ohnehin von Russland erobert werden könnte“, sagte er an Bord der Präsidentenmaschine „Air Force One“. Die Entwicklung bewege sich „nur in eine Richtung“ – womit er meint: zugunsten Russlands. Dennoch werde auch Moskau Zugeständnisse machen, nämlich „mit dem Kämpfen aufhören und kein weiteres Land mehr erobern“.
Kritik an Witkoff nach Bloomberg-Veröffentlichung
Die Veröffentlichung des Telefonmitschnitts sorgt selbst in Trumps eigener Partei für heftige Kritik. Der republikanische Kongressabgeordnete Brian Fitzpatrick sprach auf der Plattform X von „einem Riesenproblem“ und forderte ein Ende „geheimer Nebenkanäle“.
Parteikollege Don Bacon wurde noch deutlicher: Es sei „offensichtlich, dass Witkoff voll und ganz auf der Seite der Russen steht“, schrieb er. „Man kann ihm nicht zutrauen, diese Verhandlungen zu führen. Würde ein von Russland bezahlter Agent weniger tun als er? Er sollte entlassen werden.“
Der Kommunikationsdirektor des Weißen Hauses, Steven Cheung, erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur AFP zu dem Bloomberg-Bericht, dieser beweise, dass Witkoff „fast jeden Tag mit Vertretern Russlands und der Ukraine spricht, um Frieden zu erreichen, was genau das ist, wofür Präsident Trump ihn ernannt hat“.
Trump selbst sagte am Dienstag zu Reportern, er habe die Aufzeichnung des Gesprächs nicht gehört. Er sprach aber von einer „ganz normalen Verhandlungsform“. Auf die Frage, ob er besorgt sei, dass Witkoff zu russlandfreundlich sei, ging Trump stattdessen auf die Opfer des Krieges ein.
„Sehen Sie, dieser Krieg könnte noch Jahre andauern und Russland hat deutlich mehr Menschen, deutlich mehr Soldaten. Daher denke ich, wenn die Ukraine einen Deal machen kann, ist das eine gute Sache“, fuhr Trump fort. „Ich denke, es ist großartig für beide Seiten.“ (mit Agenturen)
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