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19.08.2024, Russland, Proletarsk: Dieses Satellitenfoto von Planet Labs PBC zeigt ein Feuer in einem Öllager in der Nähe von Proletarsk, das zuvor von einem ukrainischen Drohnenangriff getroffen wurde.

© dpa/---

Kiew schlägt zurück: Drohnenangriff auf Moskau und Putins Öl in Flammen – der Wochenüberblick

Die Ukraine erobert weiteres Terrain von Russland und lässt Drohnen bis in die Hauptstadt fliegen, während sie an der eigenen Front unter Druck gerät. Die Woche im Überblick.

Stand:

Es ist die dritte Woche eines historischen, für Russland offenbar überraschenden Angriffs. Seit dem Zweiten Weltkrieg hat keine ausländische Armee die russische Grenze überquert, so wie die Truppen Kiews es am 6. August in der Region Kursk getan haben – die Armee eines Staates wohlgemerkt, der sich seit zweieinhalb Jahren gegen eine Invasion des größten Landes der Welt verteidigen muss. Es folgen acht wichtige Entwicklungen der Woche.

1 Die „Pufferzone“ in Kursk

Eine „Pufferzone auf dem Territorium des Aggressors” soll geschaffen werden, erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Sonntagabend den Vormarsch in Kursk. Das eroberte Land würde sich gewiss auch gut als Verhandlungsmasse in künftigen Gesprächen mit Putin machen, darf man annehmen. Die Angst vor einer Eskalation des Krieges, die auch die Debatte in Deutschland beherrscht, sei nun jedenfalls als unbegründet entlarvt, sagte Selenskyj außerdem an den Westen gerichtet.

2 Es bleibt offen, wie viel die Ukraine genau erobert hat

Wie die Worte des ukrainischen Präsidenten im wahlkämpfenden Osten Deutschlands ankommen, ist eine andere Frage. Offen bleibt jedenfalls, wie viel Territorium die Ukraine bisher erobert hat. Selenskyj spracht Anfang der Woche von 1250 Quadratkilometer, das entspräche der Hälfte des Saarlands. Viele Beobachter gehen von weniger aus. Genau wissen wird man es so schnell nicht, da weder die Ukraine, noch Russland ein Interesse an präzisen Ortsangaben haben dürften.

3 Russland stellt sich in Kursk auf längere Kämpfe ein

Statt genauen Angaben zum eroberten Gebiet werden von Behörden oder von Bloggern auf Telegram Erfolgsmeldungen in eigener Sache verbreitet. Im Falle der Ukraine zum Beispiel die Zerstörung strategisch wichtiger Brücken in der Region Kursk. Das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) sah außerdem Belege dafür, dass die Ukrainer sich im Gebiet langsam vorkämpfen – und geht inzwischen von einer vereinzelten Verlegung von russischen Truppen aus der Ukraine nach Kursk aus.

Russland reagiert jedenfalls. Der stellvertretende Ministerpräsident Denis Manturow gab Donnerstag bekannt, dass 115.000 Menschen in Sicherheit gebracht worden seien. Auch das Aufstellen von Fertigbunkern wurde offiziell vermeldet. Russland stellt sich also offensichtlich auf längere Kämpfe im eigenen Land ein. Sie könnten Putin schaden. Wie die „New York Times“ unter Berufung auf Analysten berichtet, scheint der Präsident wegen Kursk im eigenen Land einen Ansehensverlust erlitten zu haben.

Ukrainischer Vorstoß im Gebiet Kursk

© Quelle: ISW, CTP, dpa, Stand: 22.8.2024 I Grafik: Tagesspiegel/Rita Boettcher

4 Der Krieg erreicht Moskau – erneut

Unterdessen ging der Krieg auch abseits von Kursk weiter. Ukrainische Drohnen flogen erneut bis in die russische Hauptstadt Moskau, wo sie – gefilmt von Smartphones – abgeschossen wurden. Auch angesichts der Bilder explodierender Drohnen über Moskau dürfte es Putin immer schwerer fallen, seiner Bevölkerung vorzugaukeln, dass sie sich wegen des Krieges nicht zu sorgen brauche.

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Die Propaganda-Maschine hält trotzdem dagegen und vermittelt in den Abendnachrichten, dass Russland die Lage unter Kontrolle habe

5 In Russland brennen Öl und Treibstoff

Die Ukraine greift regelmäßig die russische Energieinfrastruktur mit Drohnen an. Am Montag wurde in der Stadt Proletarsk im Südwesten Russlands der Ausnahmezustand ausgerufen, nachdem ein Öllager infolge einer ukrainischen Attacke in Brand geraten war.

Das Öllager brannte auch am Donnerstag noch.

© dpa/---

Außerdem beschoss die Ukraine eine russische Fähre. Das mit Treibstoffzisternen beladene Schiff geriet in einem Hafen der südrussischen Region Krasnodar gegenüber der Krim in Brand und sank. Der Angriff wurde von Anwohnern gefilmt.

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Auch auf einem Militärflugplatz im Gebiet Wolgograd östlich der Ukraine brannte es nach einer Drohnenattacke, wie von russischer Seite vermeldet wurde.

Es bestätigt sich: Der Ukrainekonflikt ist auf beiden Seiten ein Krieg der Drohnen. Es gibt jedoch einen großen Unterschied. Die Ukraine verfügt über keine anderen Waffen, mit denen sie bis weit ins russische Gebiet feuern darf. Das liegt an der fehlenden Erlaubnis des Westens.

Ein weiterer Unterschied: In der Ukraine gehören Stromausfälle infolge gezielter russischer Angriffe auf die Energieinfrastruktur zum Alltag, die Bevölkerung leidet hier viel stärker unter dem Krieg, als es in Russland der Fall ist.

6 Russland kommt im Osten voran

Russland ist vor allem in Kursk unter Druck – allerdings erhöht Putins Armee auch selbst den Druck, und zwar an der etwa tausend Kilometer langen, östlichen Front in der Ukraine. Meldungen über eroberte ukrainische Dörfer zeigen, dass Kiews Vorstoß in Kursk noch nicht als Wende des Kriegs interpretiert werden darf. Die wichtigste Angriffsrichtung der Russen bleibt dabei der Raum Pokrowsk im Gebiet Donezk im Osten. Dort wird heftig gekämpft, was auch von offizieller ukrainischer Stelle vermeldet wird. Die Industrie- und Bergbaustadt Pokrowsk ist wichtig für die Versorgung der ukrainischen Truppen. Selenskyj kündigte eine Verstärkung der Truppen im Gebiet an.

7 Lindner weckt Zweifel an deutscher Ukrainehilfe

Fernab der Schlachtfelder hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) einen Brief an Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) geschrieben, über den diese Woche berichtet wurde. „Neue Maßnahmen“ mit Zahlungsverpflichtungen dürften nur eingegangen werden, wenn in den Haushaltsplänen für dieses und die kommenden Jahre „eine Finanzierung gesichert ist“, steht in dem Brief.

Viele interpretierten das als Sparankündigung in Sachen Ukrainehilfen. Der Regierungssprecher sah sich am Montag zu der Klarstellung genötigt, dass weiterhin das Wort des Kanzlers gelte, die Ukraine so lange wie nötig zu unterstützen. Ob die deutsche Unterstützung in ihrer jetzigen Form überhaupt ausreichend ist, bleibt aber eine umstrittene Frage.

8 Indischer Premier zu Besuch in der Ukraine

Indiens Premierminister Narendra Modi ist am Freitag zu einem Besuch in der Ukraine eingetroffen. Er will unter anderem mit Selenskyj sprechen, es soll um „Perspektiven für eine friedliche Lösung des aktuellen Ukraine-Konflikts“ gehen. Die Chancen auf Gespräche zwischen der Ukraine und Russland stehen derzeit jedoch schlecht, da Putin mindestens bis zu US-Wahl warten dürfte. Dort gewinnt womöglich Donald Trump, der die US-Hilfen für die Ukraine einstellen könnte.

Indien hat den russischen Angriff auf die Ukraine bisher nicht ausdrücklich verurteilt. Stattdessen hat das Land enge Beziehungen zum Kreml. Anfang Juli hatte Modi Moskau besucht und dabei Putin umarmt, was heftige Kritik in der Ukraine auslöste. (mit Agenturen)

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