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Nebel bedeckt das Stadtzentrum der ukrainischen Hauptstadt am 14.01.2023.

© picture alliance/dpa/AP/Uncredited

Der Ukraine-Überblick: Korruptionsskandal in Kiew – Pistorius plant Besuch „innerhalb der nächsten vier Wochen“

Die Ukraine sieht sich einer neuen russischen Offensive gegenüber. Korruptionsskandale in den eigenen Reihen sind da ein ungelegenes Störfeuer. Die Nachrichten im Überblick und ein Ausblick.

Stand:

Während Moskau kleinere Erfolge meldet bei seinem Eroberungsfeldzug gegen die Ukraine, ist die Führung in Kiew mit sich selbst beschäftigt. Präsident Wolodymyr Selenskyj nimmt emotional Abschied von seinem Innenminister, der am Mittwoch bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen ist.

Zwei Ministerien, darunter das für den Krieg so wichtige Verteidigungsministerium, werden derweil von Korruptionsskandalen geschüttelt.

Korruptionsskandal in der Regierung: Vizeminister in Kiew in Haft

Derweil ist in einem anderen Ministerium laut Medienberichten der Vizeminister wegen der Annahme einer sechsstelligen Bestechungssumme festgenommen worden.

„Das Nationale Antikorruptionsbüro hat beim Vize-Minister für die Entwicklung von Gemeinden, Territorien und Infrastruktur, Wassyl Losynskyj, eine Hausdurchsuchung durchgeführt und ihn festgenommen“, berichtete die Internetzeitung „Ukrajinska Prawda“ am Samstag. Das Ministerium hat bereits auf den Bericht reagiert und den Spitzenbeamten entlassen.

Korruptionsverdacht bei der ukrainischen Armee

Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow soll nach offiziellen Angaben vor dem Parlament in Kiew zu Berichten über überteuerte Lebensmittelankäufe für die Armee Stellung nehmen.

Resnikow sei zu einer Anhörung geladen, sagte die Vize-Vorsitzende des Rada-Ausschusses für nationale Sicherheit, Verteidigung und Aufklärung, Marjana Besugla, am Samstag im nationalen Rundfunk, Suspilne Media. Zudem werde der Rechnungshof das Verteidigungsministerium unter die Lupe nehmen.

Zuvor hatten Medienberichte in Kiew für Wirbel gesorgt, wonach das Verteidigungsministerium Lebensmittel für die Verpflegung seiner Soldaten zu Preisen ankaufe, die bis zu dreimal so hoch sind wie die Einzelhandelspreise im Geschäft. Bei dem Vertrag über 13 Milliarden Hrywnja (gut 300 Millionen Euro) soll es sich nicht um die Verpflegung der Soldaten an der Front, sondern im Hinterland handeln.

Selenskyj trauert um toten Innenminister

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich emotional von seinem bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommenen Innenminister Denys Monastyrskyj verabschiedet.

„Wir verlieren jeden Tag Menschen, an die wir uns immer erinnern werden und wo wir bedauern, dass wir sie nicht zurückbringen können“, sagte Selenskyj am Samstag in seiner täglichen Videoansprache. Der 44-Jährige war zuvor auch bei der Trauerfeier für die Opfer des Absturzes.

Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, nimmt an der Trauerzeremonie zu Ehren der Verstorbenen des Hubschrauberabsturzes um Innenminister Monastyrskyj teil.

© dpa / Efrem Lukatsky/dpa

Im Gegensatz zu den meisten anderen Videobotschaften, die er seit Beginn des russischen Angriffskriegs verbreitet hatte, nahm Selenskyj weder Bezug auf das aktuelle Geschehen an der Front noch auf die Forderungen an den Westen, wo speziell in Deutschland eine scharfe Debatte um Panzerlieferungen an die Ukraine läuft.

Stattdessen erinnerte Selenskyj an die vielen Opfer, die der Krieg bisher schon gefordert hat, und er richtete eine emotionale Botschaft an seine Landsleute. Er wünsche sich, dass alle Ukrainer den Verlust empfinden. Er wünsche, „dass wir fühlen, wie viele Leben, wie viele kluge Menschen der Krieg kostet. Ich möchte, dass wir alle heute ihr Andenken ehren.“, sagte der Präsident.

Russisches Militär meldet neue Offensive im strategisch wichtigen Süden

Das russische Militär hat nach eigenen Angaben bei einer neuen Offensive im Süden der Ukraine Geländegewinne erzielt. „Im Gebiet Saporischschja konnten durch Angriffe von Einheiten des Wehrkreises Ost günstigere Linien und Positionen eingenommen werden“, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow am Samstag in Moskau.

Seinen Angaben nach haben die Russen bei den Angriffen 30 Ukrainer getötet und mehrere Militärfahrzeuge außer Gefecht gesetzt. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

Zuvor hatten bereits russische Militärblogger über eine Offensive im Raum Orichiw und Huljajpolje berichtet. Die ersten Verteidigungslinien seien dabei überrannt worden. Laut dem Blog „Rybar“, der dem russischen Verteidigungsministerium nahestehen soll, wurden dabei auch mehrere Ortschaften eingenommen.

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Offiziell hat das Ministerium dies bislang nicht bestätigt. Der ukrainische Generalstab hatte am Morgen lediglich von Beschuss in der Region gesprochen, aber keine Angaben über einen Vormarsch russischer Truppen gemacht.

Die Region Saporischschja gilt als strategisch wichtig. Beide Seiten haben dort große Truppenkontingente stationiert. Aus ukrainischer Sicht wäre ein russischer Vormarsch gefährlich, weil dann die eigenen im Osten stationierten Truppen zur Verteidigung des Donbass in Gefahr geraten könnten, eingekesselt zu werden.

Auf russischer Seite befürchtet man, dass die Ukrainer mit einem Vorstoß Richtung Meer einen Keil zwischen die russischen Truppen treiben könnten, womit die Versorgung der Einheiten in der Region praktisch unmöglich würde.

Weiter Druck auf Scholz zu Panzer-Lieferung

Politiker von Grünen und FDP drängen Kanzler Olaf Scholz (SPD) weiter zur Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine. Der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter (Grüne), sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montag):

„Es geht natürlich nicht nur um Leopard 2, aber dies ist eine entscheidende Unterstützung, die Deutschland anbieten kann.“ Es müsse „jetzt sofort“ mit der Ausbildung von ukrainischen Soldaten am Leopard begonnen werden, damit es nicht zu weiteren Verzögerungen komme. Zuvor hatte FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann den Kanzler im Streit um die Kampfpanzer öffentlich angegriffen.

Was am Sonntag wichtig wird

Die Ukraine will weiter Druck machen auf Deutschland, Kampfpanzer zu liefern. Die russischen Truppen hingegen setzen ihre Angriffe in den Regionen Donezk und Saporischschja fort.

Der Chef des russischen Parlaments, Wjatscheslaw Wolodin, leitet eine Delegation der Staatsduma in den Iran. Beide Länder wollen ihre Handelsbeziehungen ausbauen. Der Iran hat sich im Ukrainekrieg zwar offiziell für neutral erklärt, wird allerdings von Kiew beschuldigt, den russischen Truppen unter anderem Drohnen für die Angriffe auf ukrainische Städte geliefert zu haben.

Verteidigungsminister Pistorius will bald in die Ukraine reisen

Der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) will möglichst bald in die Ukraine fahren. „Sicher ist, dass ich schnell in die Ukraine reisen werde. Vermutlich sogar schon innerhalb der nächsten vier Wochen“, sagte er der „Bild am Sonntag“.

Pistorius hatte am Donnerstag sein Amt angetreten, nachdem Christine Lambrecht als Ressortchefin zurückgetreten war. Auf die Frage, wann die Entscheidung über Leopard-Panzer für die Ukraine falle, sagte er: „Wir sind mit unseren internationalen Partnern, allen voran mit den USA, in einem sehr engen Dialog zu dieser Frage.“

Boris Pistorius (SPD), deutscher Verteidigungsminister, gibt am Rande der Ukraine-Konferenz auf der US-Airbase Ramstein ein Statement ab.

© picture alliance/dpa/Uncredited

Um auf mögliche Entscheidungen bestens vorbereitet zu sein, habe er am Freitag sein Haus angewiesen, „alles so weit zu prüfen, dass wir im Fall der Fälle nicht unnötig Zeit verlieren“. Auf der Ukraine-Konferenz in Ramstein hatte sich Deutschland am Freitag trotz erheblichen Drucks der Verbündeten noch nicht für die Lieferung von Kampfpanzern ins Kriegsgebiet entschieden.

Die Bundesregierung erteilte auch noch keine Liefererlaubnis an andere Länder für die in Deutschland produzierten Panzer. Befragt dazu, was sein Ziel für die Truppe sei, sagte Pistorius: „Deutschland ist die größte Volkswirtschaft in Europa, deswegen sollte es auch unser Ziel sein, die stärkste und am besten ausgestattete Armee in der EU zu haben.“

Das sei allerdings nicht in drei Jahren zu erledigen, dafür brauche es noch ein paar Jahre länger. „Mein Job ist es, jetzt die Weichen dafür zu stellen, dass die Zeitenwende gelingt.“ Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte im Februar nach dem russischen Überfall auf die Ukraine von einer „Zeitenwende“ gesprochen und einen Sondertopf von 100 Milliarden Euro angekündigt, um die Bundeswehr zu modernisieren.

Pistorius nannte drei zentrale Aufgaben, die jetzt schnell und gleichzeitig umgesetzt werden müssten: die Beschaffung von Waffen und Ausrüstung, die Modernisierung der Kasernen und die Personalgewinnung. „Und: Die Truppe muss spüren, dass man ihr Vertrauen entgegenbringt und dankbar ist für das, was sie leistet.“ (dpa)

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