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Auch im Zentrum der iranischen Hauptstadt Teheran waren Explosionen zu hören.

© REUTERS/WANA/Majid Asgaripour

Lang erwarteter Vergeltungsschlag: Israel attackiert mehrere Militärstützpunkte im Iran

Knapp einen Monat nach den Raketenangriffen des Iran führt Israel gezielte Gegenangriffe aus. Die iranische Luftabwehr spricht nach der fünfstündigen Attacke von „begrenztem Schaden“ an Militärzentren.

Stand:

Israel hat kurz vor der US-Präsidentenwahl zum Vergeltungsschlag auf den Iran ausgeholt. Man führe „als Reaktion auf die seit Monaten andauernden Angriffe des iranischen Regimes“ auf Israel präzise Angriffe auf militärische Ziele im Iran durch, teilte das Militär in der Nacht mit.

Nach etwa fünf Stunden mehrerer Angriffswellen erklärte die israelische Armee den Schlag am Morgen für beendet. Die „Mission“ sei erfüllt. Israels Luftangriff erfolgte über eine Distanz von etwa 1500 Kilometern.

Israels Armeesprecher Daniel Hagari warnte den Iran nach Ende des Schlags vor weiterer Eskalation. „Sollte das Regime im Iran den Fehler begehen, eine neue Eskalationsrunde einzuleiten, sind wir verpflichtet, darauf zu reagieren“, sagte Hagari am Morgen. 

„Jetzt hat Israel mehr Freiheit bei Lufteinsätzen auch im Iran“, sagte Hagari, offenbar mit Blick auf mögliche künftige Angriffe weiter.

„Unsere Defensiv- und Offensivkapazitäten sind vollständig mobilisiert“, teilte das Militär weiter mit. Armeesprecher Daniel Hagari rief die Bevölkerung in einer separaten Mitteilung auf, „wachsam“ zu sein. „Wir werden alles Notwendige tun, um den Staat Israel und das israelische Volk zu verteidigen.“ Es gebe aber derzeit keine besonderen Anweisungen des Zivilschutzes.

Laut dem israelischen Militär griffen Kampfflugzeuge Anlagen zur Herstellung von Raketen an. Auch Boden-Luft-Raketenstellungen sowie weitere iranische Luftabwehrsysteme seien attackiert worden. „Hunderte Kampfflugzeuge und Flugkörper“ seien beteiligt gewesen, berichtete die israelische Nachrichtenseite „Ynet“.

Generalstabschef Herzi Halevi und Luftwaffenkommandeur Tomer Bar verfolgen den israelischen Vergeltungsschlag gegen den Iran in einer unterirdischen Kommandozentrale in Camp Rabin (Kirya).

© dpa/Uncredited/IDF/X

Iran berichtet nicht von großen Schäden

Nach Angaben der iranischen Luftabwehr wurde „begrenzter Schaden“ angerichtet. Israel habe „Militärzentren“ in den Provinzen Teheran, Chusestan (Südwesten) und Ilam (Westen) angegriffen, erklärte die Luftabwehr am Samstag. Es gibt bislang keine Berichte über Opfer. Inzwischen ist der Flugverkehr auch wieder aufgenommen worden.

Waffenexperte Fabian Hinz warnt vor voreiligen Schlüssen. Dass vermutlich keine Öl- oder Atomanlagen angegriffen wurden, habe sich schon in den vergangenen Tagen abgezeichnet und sei somit keine große Überraschung. „Die Frage lautet aber, welche militärischen Ziele Israel im Iran konkret attackiert hat und wie groß der Schaden tatsächlich ist“, sagt der Research Fellow im Berliner Büro des britischen Thinktank International Institute for Strategic Studies (IISS) in einer ersten Einschätzung.

Dass die iranischen Behörden von „begrenzten Auswirkungen“ sprechen würden und ihn so herunterzuspielen versuchen, müsse nicht der Wahrheit entsprechen. „Israel hat immer wieder unter Beweis gestellt, dass das Land mit präzisen Schlägen großen Schaden anrichten kann, auch wenn das der Iran gerne leugnet.“

Die Website Axios berichtete, Israel habe den Iran vor dem Vergeltungsangriff vor einer Antwort darauf gewarnt. Für den Fall eines iranischen Gegenschlags sei über Mittelsleute eine schwerere Attacke angedroht worden, insbesondere wenn es dabei Opfer in der israelischen Bevölkerung geben sollte, schrieb Axios unter Berufung auf anonyme Quellen.

Explosionen auch in Teheran

Irans Militär ist bereit, zurückzuschlagen. „Es besteht kein Zweifel daran, dass Israel auf jede Aktion eine angemessene Antwort erhalten wird“, zitierte die Nachrichtenagentur Tasnim eine anonyme Quelle aus der Staatsmacht. Tasnim gilt als Sprachrohr der Revolutionsgarden, Irans Elitestreitmacht.

Die Regierung sagte, der Iran habe „das Recht und die Pflicht, sich gegen ausländische Aggressionen zu verteidigen“, erklärte das iranische Außenministerium am Samstag.

Es ist der erste bekannte groß angelegte Angriff einer fremden Macht im Iran seit dem ersten Golfkrieg zwischen der Islamischen Republik und dem Irak in den 1980er Jahren.

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Iranische Medien berichteten von Explosionen im Raum der Hauptstadt Teheran, in der 15 bis 20 Millionen Menschen leben. Am frühen Morgen waren auch Explosionen im Stadtzentrum zu hören und Feuer der Luftabwehr zu sehen. 

Nach dem Angriff war der iranische Luftraum gesperrt worden. Laut der Luftfahrtbehörde sollen Fluggesellschaften jedoch ab 9 Uhr Ortszeit (7.30 Uhr MESZ) in den Normalbetrieb zurückkehren dürfen.

Vergeltungsschlag für massiven iranischen Raketenangriff am 1. Oktober

Am 1. Oktober hatten die Revolutionsgarden, Irans Elitestreitmacht, zuletzt rund 200 ballistische Raketen auf Israel abgefeuert. Im April kam es schon einmal zu einem Großangriff mit hunderten Drohnen und Raketen auf den jüdischen Staat. Es war der erste direkte Angriff des schiitischen Gottesstaates, der die Vernichtung Israels zum zentralen Staatsziel erhoben hat. Bisher hat Teheran Israel immer nur über seine Stellvertreter angreifen lassen.

Der Angriff erfolgte nach einer Reihe von gezielten Tötungen durch Israel, die sich gegen zentrale Akteure in Irans Netzwerk nichtstaatlicher Verbündeter wie der libanesischen Hisbollah-Miliz und der islamistischen Hamas richteten. Israel hatte daraufhin Vergeltung angekündigt.

Der israelische Generalstabschef Herzi Halevi leite den Angriff von der unterirdischen Kommandozentrale der israelischen Luftwaffe aus dem Militärhauptquartier in Tel Aviv zusammen mit dem Kommandeur der israelischen Luftwaffe, Tomer Bar, erklärte die Armee.

Der Angriff begann während des jüdischen Ruhetags Sabbat. Die hohen jüdischen Feiertage waren am Donnerstagabend zu Ende gegangen. Ein israelischer Beamter erklärte dem US-Sender NBC News, Israel greife keine Atomanlagen oder Ölfelder im Iran an. „Wir zielen auf Dinge, die uns in der Vergangenheit bedroht haben oder in der Zukunft bedrohen könnten“, sagte er. Laut dem israelischen Militär handelt es sich um „präzise Angriffe auf militärische Ziele im Iran“.

USA: Angriffe gezielt und angemessen

Israel habe seinen wichtigsten Verbündeten USA vorab informiert, meldeten derweil US-Medien. US-Präsident Joe Biden wurde von seinem Sicherheitsberater-Team über die Angriffe Israels auf den Iran unterrichtet.

Ein hochrangiger US-Regierungsvertreter warnte vor einer iranischen Reaktion. Die USA stünden hinter Israel. Eine Antwort des Irans hätte Konsequenzen. Die Angriffe Israels seien gezielt und angemessen gewesen, mit einem geringen Risiko für die Zivilbevölkerung. Darauf habe US-Präsident Joe Biden in den vergangenen Wochen hingewirkt.

Der britische Premierminister Keir Starmer ruft den Iran ebenfalls auf, nicht auf die Angriffe zu reagieren. „Ich bin mir darüber im Klaren, dass Israel das Recht hat, sich gegen die iranische Aggression zu verteidigen. Es ist ebenso klar, dass wir eine weitere Eskalation in der Region vermeiden müssen und ich fordere daher alle Seiten zur Zurückhaltung auf. Der Iran sollte nicht reagieren“, sagt Starmer auf einer Pressekonferenz.

Saudi-Arabien hat die israelischen Angriffe hingegen verurteilt. Riad warnte vor einer „anhaltenden Eskalation“ und der Ausweitung des Konflikts, „der die Sicherheit und Stabilität von Ländern und Völkern“ in der Region bedrohe, erklärte das saudi-arabische Außenministerium am Samstag im Onlinedienst X. 

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Israel werde es dem Iran nicht erlauben, „sich weiter hinter seinen Stellvertretern zu verstecken“, schrieb Israels UN-Botschafter Danny Danon auf der Plattform X. Israel habe der internationalen Gemeinschaft gegenüber immer wieder deutlich gemacht, „dass wir alle uns zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen werden, um die Bürger Israels zu schützen“, schrieb Danon weiter. 

Unterdessen gab es nach Beginn des israelischen Vergeltungsschlags im Norden Israels erneut Raketenalarm. Die israelische Armee teilte mit, in der Küstenstadt Naharija und umliegenden Gebieten heulten die Warnsirenen. Es gab zunächst keine Berichte über mögliche Opfer.

Seit Beginn des Gaza-Kriegs vor mehr als einem Jahr kommt es immer wieder zu Angriffen der sogenannten „Widerstandsachse“ von Verbündeten des Irans auf Israel. Dazu gehören neben der Hisbollah im Libanon und der Hamas im Gazastreifen auch Milizen im Irak sowie die Huthi-Rebellen im Jemen.

Die mit dem Iran verbündete Hisbollah beschießt Israel seit Beginn des Gaza-Krieges vor einem Jahr. Israel antwortete mit massiven Luftangriffen und inzwischen auch einer Bodenoffensive. Derweil geht Israel im Libanon weiter gegen die Hisbollah vor. (Trf, dpa, AFP)

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