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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und US-Präsident Donald Trump

© Gestaltung: Tagesspiegel, Fotos: REUTERS/Etiana Dzhafarova, AFP/Roberto Schmidt

Update

Schlagabtausch zwischen Washington und Kiew: Trump nennt Selenskyj „Diktator ohne Wahlen“

US-Präsident Trump macht den ukrainischen Staatschef für den Ausbruch des Krieges verantwortlich – und fordert Wahlen in dem Land. Kurze Zeit später kontert Selenskyj die Vorwürfe.

Stand:

US-Präsident Donald Trump hat den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj einen Diktator genannt. „Als Diktator ohne Wahlen sollte Selenskyj besser schnell handeln, sonst wird er kein Land mehr haben“, schrieb der Republikaner bei Truth Social. In der Zwischenzeit würden die Verhandlungen mit Russland über ein Ende des Krieges weitergehen.

Trump warf Selenskyj – wie bereits am Vortag – vor, seine Aufgabe schlecht zu erfüllen. Der ukrainische Präsident habe einen „schrecklichen Job“ gemacht und wolle nun wahrscheinlich nur, dass Hilfen weiter an die Ukraine flössen, behauptete Trump. Er gab dem Ukrainer auch wieder indirekt eine Mitschuld am Sterben in dem von Russland angegriffenen Land.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat der Darstellung Trumps widersprochen: „Es ist schlicht falsch und gefährlich, Präsident Selenskyj die demokratische Legitimation abzusprechen“, sagte der SPD-Politiker am Mittwochabend dem „Spiegel“. „Richtig ist: Wolodymyr Selenskyj ist das gewählte Staatsoberhaupt der Ukraine. Dass mitten im Krieg keine ordentlichen Wahlen abgehalten werden können, entspricht den Vorgaben der ukrainischen Verfassung“. Auch Annalena Baerbock bezeichnete die Äußerungen als „vollkommen absurd“.

Bereits in den Tagen zuvor hatten der ukrainische Präsident und sein US-Amtskollege haben sich vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine gegenseitig mit Schuldzuweisungen überzogen.

„Leider lebt Präsident Trump – bei allem Respekt für ihn als Führer einer Nation, die wir sehr respektieren – in einer Desinformationsblase“, sagte Selenskyj auf einer Pressekonferenz.

Demnach sei „eine Menge Fehlinformationen“ auf Russland zurückzuführen. Ferner warnte Selenskyj vor „dem Desinformationskreis um Präsident Trump“, zu dem auch Vertreter mit Verbindungen zur ungarischen und slowakischen Regierung gehörten.

Selenskyj bezog sich dabei auf Äußerungen Trumps aus der Nacht. Der US-Präsident hatte der ukrainischen Führung eine Mitverantwortung für den Krieg gegeben.

Auch Trumps ehemaliger Vize Mike Pence kritisierte dessen Aussage: „Die Ukraine hat diesen Krieg nicht ‚begonnen‘. Russland hat eine unprovozierte und brutale Invasion gestartet, die Hunderttausende von Menschenleben gefordert hat. Der Weg zum Frieden muss auf der Wahrheit aufgebaut werden“, schreibt er auf X.

„Vielleicht glauben Sie, dass Sie alles mit Vereinbarungen regeln können. Das ist unmöglich. Niemand in der Ukraine vertraut Putin. Wir brauchen klare Sicherheitsgarantien“, erklärte Selenskyj. Demnach sei Russland nach wie vor der „Schuldige“.

Trump attestiert Selenskyj geringe Zustimmungswerte

Selenskyjs Aussagen sind auch eine Reaktion auf Trumps Behauptungen über vermeintlich geringe Zustimmungswerte für Selenskyj in der ukrainischen Bevölkerung. „Ich sage es nur ungern, aber seine Zustimmungsrate liegt bei vier Prozent“, hatte Trump behauptet. Woher er diese Zahl hat, ist unklar.

Tatsächlich liegen die Werte von Selenskyj noch bei über 50 Prozent, höher als Trumps eigene. Gesunken sind sie allerdings: Zu Kriegsbeginn lagen die Werte für Selenskyj noch bei rund 90 Prozent.

50
Prozent und weit mehr betragen die Zustimmungswerte der Ukrainer für ihren Präsidenten Selenskyj. Trump hatte behauptet, dass die Werte nur noch bei vier Prozent liegen.

Selenskyj schloss zudem persönliche Konsequenzen aus. „Wenn mich jetzt jemand ersetzen möchte, wird das nicht funktionieren“, sagte er.

Ferner kündigte er an, sich um mehr Daten über das Vertrauen in wichtige internationale Führungspersönlichkeiten bemühen zu wollen, um „der russischen Desinformation entgegenzuwirken“.

Trump resümiert US-amerikanisches Treffen

Zuvor hatte sich US-Präsident Donald Trump nach einem Treffen seines Außenministers mit Kreml-Vertretern zuversichtlich geäußert, dass schon bald ein Friedensabkommen im Ukraine-Krieg erreicht werden kann.

Donald Trump kritisiert den ukrainischen Präsidenten.

© AFP/ROBERTO SCHMIDT

Die Gespräche mit Russlands Unterhändlern seien „sehr gut“ verlaufen, sagte der Republikaner bei einer Pressekonferenz in seinem Anwesen im US-Bundesstaat Florida. „Russland will etwas tun.“ 

Die USA haben nach Angaben von Trump außerdem keine Einwände gegen die Stationierung europäischer Friedenstruppen in der Ukraine. „Es wäre in Ordnung, dort Truppen zu haben, ich hätte gar nichts dagegen“, sagte Trump vor der Presse. Die USA würden ihrerseits keine Truppen dort stationieren müssen. Russland hatte zuvor ausgeschlossen, dass europäische oder Nato-Truppen den Frieden in der Ukraine sichern.

Auf Kritik der Ukraine, dass das Land nicht zu den Gesprächen eingeladen worden sei, reagierte Trump spöttisch. „Ich habe heute gehört: Oh, wir waren nicht eingeladen“, sagte der Republikaner – und schob nach: „Nun, ihr seid seit drei Jahren dabei.“

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Der Krieg hätte längst enden sollen, mahnte er, und warf den Ukrainern Versäumnisse vor: „Ihr hättet es nie anfangen sollen. Ihr hättet einen Deal machen können.“ Es gebe in Kiew „eine Führung, die einen Krieg zugelassen hat, den es nie hätte geben dürfen“. Er gibt also Kiew die Schuld am Andauern und sogar am Ausbruch des Krieges, nicht Russland. 

„Ich glaube, ich habe die Macht, diesen Krieg zu beenden“, erklärte er zu den gegenwärtigen Vermittlungsbemühungen der USA weiter. 

Mit Blick auf Selenskyj sagte Trump: „Ich mag ihn persönlich, er ist in Ordnung.“ Es gehe aber nicht um persönliche Sympathien, sondern darum, „dass der Job erledigt wird“. 

Trump äußerte sich auch zu einer innenpolitischen Angelegenheit der Ukraine: den Wahlen. Aktuell gilt in der Ukraine das Kriegsrecht, Selenskyj will nicht wählen lassen, während die Kampfhandlungen andauern.

Der US-Präsident sprach sich jetzt für Wahlen aus, weil es „ja schon eine Weile her ist, dass gewählt wurde“. Auch Russlands Präsident Wladimir Putin bezeichnete Selenskyj zuletzt wieder als illegitimen Präsidenten, weil in der Ukraine so lange nicht gewählt wurde. (Reuters, dpa)

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