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„Drastische“ Reaktion auf Sharmahd-Hinrichtung: Bundesregierung schließt iranische Generalkonsulate
Der Bund schließt die iranischen diplomatischen Vertretungen in Frankfurt am Main, Hamburg und München. Die Regierung in Teheran hat nun den Geschäftsträger der deutschen Botschaft einbestellt.
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Als Reaktion auf die Hinrichtung des deutsch-iranischen Doppelstaatsbürgers Djamshid Sharmahd schließt die Bundesregierung alle drei iranischen Generalkonsulate in Deutschland. Wie das Auswärtige Amt mitteilte, handelt es sich um die diplomatischen Vertretungen in Frankfurt am Main, Hamburg und München, die Botschaft in Berlin bleibt aber geöffnet. Ebenso die deutsche Botschaft in Teheran.
Das Auswärtige Amt sprach am Donnerstag von einer „sehr drastischen Maßnahme“ zu der man sich entschlossen habe. Die Bundesregierung macht davon selten Gebrauch. Zuletzt ordnete sie die Schließung der russischen Konsulate als Reaktion auf den russischen Angriff auf die Ukraine an.
Nun seien insgesamt 32 iranische Konsularbeamte betroffen, denen die sogenannte Exequatur entzogen wird, also die Erlaubnis zur Ausübung der konsularischen Funktionen. Damit dürften sie auch ihre Aufenthaltsberechtigung in Deutschland verlieren.
Zudem will sich die Bundesregierung bei den europäischen Partnern für schärfere Sanktionen gegen den Iran auf EU-Ebene einsetzen. So sollten die iranischen Revolutionsgarden in der EU offiziell als Terrororganisation gelistet werden.
Iran spricht von „irrationaler Entscheidung“
Die Regierung in Teheran hat indessen den Geschäftsträger der deutschen Botschaft einbestellt. Die „irrationale Entscheidung“ der Bundesregierung sei „nicht zu rechtfertigen“, kritisierte das iranische Außenministerium am Donnerstagabend. Der Geschäftsträger sei einbestellt worden, um ihm den „starken Protest“ des Iran zu übermitteln.
Baerbock: Beziehungen auf Tiefpunkt
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock sprach mit Blick auf Sharmahds Hinrichtung von einer „kaltblütigen Ermordung“, die unterstreiche, dass das iranische „Unrechtsregime auch mit dem jüngsten Wechsel an der Spitze weiter in voller Brutalität agiert“.

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Die Bundesregierung habe Iran „immer wieder unmissverständlich klargemacht, dass die Hinrichtung eines deutschen Staatsangehörigen schwerwiegende Folgen haben wird“, sagte Baerbock. Diese Haltung habe sie auch dem iranischen Außenminister Abbas Araghtschi bei ihrem Treffen im September in New York übermittelt.
Mit der jetzigen Maßnahme fährt die Bundesregierung die diplomatischen Beziehungen zum Iran auf ein Minimum herunter. „Nicht ohne Grund sind unsere diplomatischen Beziehungen bereits mehr als auf einem Tiefpunkt“, sagte Baerbock.
Baerbock räumte ein, dass die Bundesregierung mit ihren Strafmaßnahmen „auf einem sehr schmalen Grat“ wandele. Sie verwies darauf, dass weitere Deutsche im Iran zu Unrecht in Haft säßen - Baerbock sprach in diesem Zusammenhang von einer „iranischen Geiselpolitik“. Für die Bemühungen zur Freilassung dieser Deutschen müssten „diplomatische Kanäle“ aufrechterhalten werden, auch deshalb bleibe die deutsche Botschaft im Iran offen.
Zudem gebe es im Iran viele Menschen, die für mehr Freiheiten kämpfen. „Unsere Botschaft in Teheran wird daher genau für diese Menschen da sein, wird genau hinschauen, die Menschenrechtssituation verfolgen, Visa ausstellen und unsere Haftfälle betreuen“, sagte Baerbock.
Kritik aus dem Bundestag
Außenexperten im Bundestag mahnten Baerbock zu einer noch härteren Gangart gegenüber dem Iran. Die Vorsitzende des Bundestags-Menschenrechtsausschusses, Renata Alt (FDP), forderte weitere Schritte: „Die deutsche Wirtschaft sollte sich weitgehend aus dem Iran zurückziehen.“
Unions-Außenexperte Johann Wadephul (CDU) kritisierte Baerbocks Reaktion als „zu wenig und zu spät“. Das Auswärtige Amt sei gegenüber dem Iran „lange in naiver Freundlichkeit verharrt“, kritisierte er in den RND-Zeitungen.
Die Flüchtlings-Hilfsorganisation Pro Asyl forderte als Reaktion auf die deutschen Sanktionen einen sofortigen Abschiebestopp für den Iran: In dem Land herrsche eine „lebensgefährliche Situation“.
Jamshid Sharmahd war vom iranischen Geheimdienst in den Iran verschleppt und dort wegen der angeblichen Vorbereitung eines Terroranschlags zum Tode verurteilt worden. Westliche Beobachter hatten von einem Schauprozess gesprochen. Die iranische Seite hatte mit dem Hinweis auf seine iranische Staatsangehörigkeit die geforderte konsularische Betreuung seitens Deutschlands abgelehnt.
Am Montag war bekanntgeworden, dass er hingerichtet wurde. Dies löste in Deutschland und der EU scharfe Proteste aus. Am Dienstag war unter anderem der iranische Geschäftsträger in Berlin einbestellt worden. Der deutsche Botschafter überbrachte in Teheran eine Protestnote und verließ den Iran am Mittwoch. (dpa/AFP/Reuters)
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