zum Hauptinhalt
Wang Yi, Direktor des Büros der Zentralkommission
für Auswärtige Angelegenheiten des Zentralkomitees der
Kommunistischen Partei Chinas, und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kommen auf der Münchner Sicherheitskonferenz zu einem bilateralen Gespräch zusammen.

© dpa/AFP/THOMAS KIENZLE

Update

Nach Warnungen der USA: Bundesregierung hat keine Kenntnis über chinesische Waffenlieferungen an Russland

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte in München den chinesischen Chefdiplomaten getroffen. Anschuldigungen aus Washington wies Peking als „Falschmeldung“ zurück.

| Update:

Der Bundesregierung liegen nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Hebestreit keine Informationen über Pläne für chinesische Waffenlieferungen an Russland vor. Äußerungen von US-Außenminister Antony Blinken zu dem Thema habe die Regierung trotzdem zur Kenntnis genommen, „auch mit einer gewissen Sorge, wenn sie denn zutreffen sollten“, sagte Hebestreit am Montag in Berlin. „Aber dafür haben wir im Augenblick keine Belege.“

Der Regierungssprecher verwies darauf, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Wochenende in München mit dem chinesischen Chefdiplomaten Wang Yi gesprochen habe. Der Kanzler habe dabei die deutsche Position in der Frage bekräftigt.

Scholz habe zudem deutlich gemacht, dass die Bundesregierung es sehr begrüße, „dass die chinesische Seite nach allen verfügbaren Informationen keine letalen Waffen an Russland liefert“. Hebestreit fügte hinzu: „Jetzt müssen wir alles Weitere abwarten.“

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

US-Außenminister Blinken hatte am Sonntag im Fernsehsender CBS gesagt, Washington sei in Sorge, dass China „die Bereitstellung tödlicher Unterstützung“ für Moskau im Ukraine-Krieg erwäge. China bestritt am Montag derartige Pläne. Washington verbreite „Falschinformationen“, sagte der chinesische Außenamtssprecher Wang Wenbin.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warnte in einem Interview mit der „Welt“ in dem Fall vor einer weiteren Eskalation: „(...) falls sich China mit Russland verbünden sollte, gibt es einen Weltkrieg, und ich denke doch, dass China sich darüber im Klaren ist“.

China hat Aussagen der USA über mögliche Waffenlieferungen Pekings an Russland scharf zurückgewiesen. Washington verbreite „Falschinformationen“, sagte der chinesische Außenamtssprecher Wang Wenbin am Montag. Peking werde „keine Fingerzeige der USA auf die chinesisch-russischen Beziehungen“ akzeptieren.

Es seien „die USA und nicht China, die ständig Waffen auf das Schlachtfeld schicken“, sagte Wang daraufhin am Montag. Er ergänzte: „Wir fordern die Vereinigten Staaten auf, ernsthaft über ihr eigenes Handeln nachzudenken und mehr zu tun, um die Situation zu entschärfen, den Frieden und den Dialog zu fördern und damit aufzuhören, Schuldzuweisungen und falsche Informationen zu verbreiten.“ 

China bemühe sich in dem Ukraine-Konflikt darum, „den Frieden zu fördern und den Dialog zu unterstützen“. China ist der wichtigste verbliebene Partner Russlands, das seit der russischen Invasion der Ukraine vor rund einem Jahr international weitestgehend isoliert ist. Am Samstag hatte der ranghöchste chinesische Diplomat Wang Yi auf der Münchner Sicherheitskonferenz eine chinesische Friedensinitiative für den Ukraine-Krieg angekündigt, ohne Details zu nennen.

Nach seinem Besuch in München wird Wang Yi am Montag in Moskau erwartet. Dort wolle er Gespräche über eine mögliche Friedensregelung für die Ukraine führen. Das sagte eine mit dem Vorgang vertraute diplomatische Quelle. Die russische Zeitung „Kommersant“ hatte zuvor berichtet, Wang sei bereits eingetroffen. Das chinesische Außenministerium lehnte eine Stellungnahme ab, ebenso das russische Außenministerium.

China und Russland schlossen „Partnerschaft ohne Grenzen“

Nach einem Treffen zwischen Wang Yi und seinem US-amerikanischen Amtskollegen Blinken äußerte der Amerikaner im Fernsehsender CBS Sorgen, China könnte den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine mit Waffenlieferungen unterstützen.

Grund für diese Besorgnis sei ein Treffen zwischen Kremlchef Wladimir Putin und Pekings Machthaber Xi Jinping nur wenige Wochen vor Beginn der Aggression, „bei dem sie über eine Partnerschaft ohne Grenzen sprachen“.

Daher hätte er seinem chinesischen Amtskollegen Wang Yi bei einem Treffen am Rand der Münchner Sicherheitskonferenz im Falle von Waffenlieferungen vor Konsequenzen gewarnt, sagte Blinken gegenüber CBS.

Auf die Frage, was die USA als Waffenlieferungen kategorisieren würden, antwortete Blinken: „Es gibt eine ganze Reihe von Dingen, die in diese Kategorie fallen, von Munition bis hin zu den Waffen selbst.“ Nicht-tödliche Unterstützung aus China sei allerdings bereits jetzt im Einsatz der russischen Aggressoren.

EU warnt vor „roter Linie“

Neben den USA want die Europäische Union China vor Waffenlieferungen an Russland. Damit wäre „eine rote Linie“ überschritten, sagte der EU-Chefdiplomat Josep Borrell am Montag am Rande des Außenministertreffens in Brüssel. Dies habe er auch dem hochrangigen chinesischen Außenpolitiker Wang Yi deutlich gemacht. Dieser habe ihm versichert, China habe „keine Absicht, dies zu tun“.

Keine Waffen an Russland, unter keinen Umständen und von keinem Land.

Tobias Billström, Außenminister Schwedens

Schweden, das in diesem Halbjahr den Vorsitz im EU-Ministerrat innehat, drohte China im Fall von Waffenlieferungen an Russland mit „Konsequenzen“. Der schwedische Außenminister Tobias Billström sagte in Brüssel, seine Botschaft an Peking sei klar: „Keine Waffen an Russland, unter keinen Umständen und von keinem Land.“ Die EU stehe dabei an der Seite der USA.

Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn sagte dem Deutschlandfunk, chinesische Waffenlieferungen an Russland wären eine „dramatische Wende“ im dem fast einjährigen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Er bejahte die Frage, ob die EU dann Sanktionen gegen China verhängen würde.

Asselborn verwies auf die bereits verhängten EU-Strafmaßnahmen gegen den Iran wegen der Lieferung von Kampfdrohnen an Russland. „Würde China Waffen liefern, könnte Ähnliches sehr schnell die Folge sein“, betonte Asselborn.

Russische Kampfjets machen Iran zu „noch größeren Bedrohung“

Wesentlich fortgeschrittener ist die Unterstützung, die der Iran Russland zur Verfügung stellt – und auch umgekehrt nehme die Ausrüstung mit fortschrittlichen Waffen zu. „Es gibt eine zunehmend schädliche Beziehung zwischen Russland und dem Iran“, erklärt Blinken.

Der Iran liefere nicht nur Ausrüstung an Russland – vorwiegend Drohnen –, sondern Russland liefere im Gegenzug auch militärische Ausrüstung an den Iran. „Wie es aussieht, auch hoch entwickelte Kampfflugzeuge“, sagte Blinken. „Was den Iran zu einer noch größeren Bedrohung machen würde.“

Am Sonntag sagte Blinken im Sender ABC, US-Präsident Joe Biden habe den chinesischen Staatschef Xi Jinping bereits im vergangenen März vor Waffenlieferungen an Russland gewarnt. Seither habe China darauf geachtet, „diese Linie nicht zu überschreiten“, hieß es aus US-Regierungskreisen.

Blinken blieb in seinem Interview mit dem Fernsehsender CBS jedoch vage, was Antworten der chinesischen Seite angeht. „Ich möchte nicht charakterisieren, was er [Wang Yi] gesagt hat, aber ich kann Ihnen sagen, was ich gesagt habe“, sagte der US-Außenminister der Moderatorin.

China bleibt wohl Entschuldigung für Ballonüberflug schuldig

Eine Entschuldigung, für den mutmaßlichen chinesischen Spionageballon im Luftraum der USA, habe es aber nicht gegeben, lässt Blinken wissen. Er ließ seinen chinesischen Amtskollegen jedoch wissen, eine solche Aktion sei „inakzeptabel“ und dürfe sich „nicht wiederholen“.

Zudem müssten militärische Kommunikationskanäle zwischen den beiden Länder aufrechterhalten werden. „Es ist wichtig sicherzustellen, dass es keine Missverständnisse gibt, besonders wenn Sie eine Krise oder eine andere Situation haben.“

 Der Ballon wurde von einer infrarotgesteuerten Luft-Luft-Rakete des Typs AIM-9X Sidewinder von einem F-22-Kampfflugzeug aus einer Höhe von 58.000 Fuß (etwa 17,7 km) in der Nähe von Myrtle Beach abgeschossen.
Der Ballon wurde von einer infrarotgesteuerten Luft-Luft-Rakete des Typs AIM-9X Sidewinder von einem F-22-Kampfflugzeug aus einer Höhe von 58.000 Fuß (etwa 17,7 km) in der Nähe von Myrtle Beach abgeschossen.

© dpa/AP/Chad Fish

Dass Pekings Machthaber Xi laut einem Beamten des Pentagon nichts von dem Ballon gewusst haben soll, kommentierte Blinken nicht weiter. „Letztendlich ist Präsident Xi als Führer des Landes verantwortlich.“ Zudem sei nicht nur die USA von dem mutmaßlichen Überwachungsprogramm betroffen.

USA hoffen auf Einlenken bei Chinas Ballonprogramm

„Die Chinesen setzen diese Überwachungsballons über mehr als 40 Ländern auf fünf Kontinenten ein“, erläuterte Blinken. „Was ich hier in München höre, ist also echte Besorgnis über das Überwachungsballonprogramm.“ Dass die USA den Überflug ihres Territoriums nun öffentlich gemacht haben, nennt er als geeigneten Zeitpunkt, das Programm auf chinesischer Seite noch einmal zu überdenken.

Der tagelange Überflug des Ballons über mehrere US-Atomwaffenbasen hatte zu einem Eklat zwischen Washington und Peking geführt. Blinken hatte daraufhin eine geplante China-Reise abgesagt. Es hätte der erste China-Besuch eines US-Außenministers seit mehr als vier Jahren werden sollen.

Ein US-Kampfjet schoss den weißen Ballon schließlich am 4. Februar über dem Meer ab. Das US-Militär barg im Anschluss Trümmerteile, die nun untersucht werden. Peking bezeichnet den Ballon als Wetterballon und weist Spionagevorwürfe zurück.

Die Spannungen zwischen China und den USA hatten in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Dabei geht es unter anderem um den Konflikt um Taiwan, die Situation in Hongkong, Menschenrechte und Handelsfragen. Zuletzt hatte der tagelange Überflug eines mutmaßlichen chinesischen Spionageballons über mehrere US-Atomwaffenbasen zu einem Eklat zwischen Washington und Peking geführt. US-Außenminister Blinken hatte daraufhin eine geplante China-Reise abgesagt, die der erste China-Besuch eines US-Chefdiplomaten hätte werden sollen.

In den vergangenen Monaten hatte es aber auch Zeichen der Entspannung gegeben. So trafen sich US-Präsident Joe Biden und der chinesische Präsident Xi Jinping im vergangenen November am Rande des G20-Gipfels in Indonesien. (Tsp mit AFP)

Zur Startseite