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Sudanesische Flüchtlinge in einer temporären Siedlung nahe der Grenze zwischen Sudan und Tschad (Archivbild vom 8. Mai 2023).

© REUTERS/ZOHRA BENSEMRA

Update

8,6 Millionen Vertriebene: Geberländer sammeln zwei Milliarden Euro für Bürgerkriegsland Sudan

Im Sudan zeichne sich laut UN eine der größten humanitären Krisen der vergangenen Jahrzehnte ab. Deutschland sagt dem Bürgerkriegsland Hilfe in Höhe von fast 250 Millionen Euro zu.

| Update:

Bei einer Hilfskonferenz für den Sudan in Parus sind mehr als zwei Milliarden Euro an Unterstützung zugesichert worden. Das sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Montagabend zum Abschluss des internationalen Treffens in Paris. „Wir vergessen nicht, was im Sudan passiert und bleiben mobilisiert“, sagte Macron, der von einer der schlimmsten humanitären Krisen weltweit und dem Risiko einer Hungersnot sprach.

„Der Umfang unseres Engagements wird es uns ermöglichen, die dringendsten Bedürfnisse in den Bereichen Ernährung, Gesundheit, Wasser, Hygiene, Bildung und beim Schutz der am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen abzudecken“, so der französische Präsident.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte zu Beginn der Konferenz vor Journalisten, das Leid der Menschen im Sudan sei „unvorstellbar“, die humanitäre Lage im Land „einfach katastrophal“. 25 Millionen Menschen, rund die Hälfte der sudanesischen Bevölkerung, seien „dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen“. Im Land drohe eine „Hungerkatastrophe“, bis zu eine Million Menschen könnten verhungern.

Bei der Konferenz sagte alleine Deutschland Hilfe in Höhe von 244 Millionen Euro zu. Weitere 350 Millionen sollen von der EU kommen, 138 Millionen von den USA und 110 Millionen von Frankreich.

Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), Außenministerin, und Abdalla Hamdok, ehemaliger Ministerpräsident von Sudan, treffen sich am Rande des Ministertreffens zu einem Gespräch.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Bundesaußenministerin Baerbock sagte, der Bürgerkrieg im Sudan gehöre zu den vielen Konflikten, die angesichts der Lage im Nahen Osten „aus den Schlagzeilen“ geraten seien. „Es sterben Tag für Tag Menschen, weil zwei rücksichtslose Generäle ihren Machtkampf auf dem Rücken der Menschen austragen“, prangerte sie an.

Vermittlungsversuche, um die Kampfhandlungen zu beenden, sind bisher erfolglos geblieben. Der zum Auftakt der Konferenz anwesende EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sagte, „nur internationaler Druck“ könne die Konfliktparteien dazu bringen, zu verhandeln.

Frankreichs Außenminister Stéphane Séjourné sagte zum Auftakt der Konferenz, der Sinn des Treffens bestehe darin, „das Schweigen zu brechen, das diesen Konflikt umgibt und die internationale Gemeinschaft zu mobilisieren“.

Guterres ruft zu politischer Lösung auf

UN-Generalsekretär Antonio Guterres hat ein Jahr nach Beginn des blutigen Machtkampfs im Sudan gemeinsame Anstrengungen für eine Feuerpause und ein Ende des Blutvergießens gefordert. „Der einzige Weg aus diesem Schrecken heraus ist eine politische Lösung“, sagte er am Montag in New York.

Gleichzeitig erhalte der Konflikt in dem afrikanischen Land nicht genügend Aufmerksamkeit: „Die Welt vergisst die Menschen im Sudan“, sagte er. Im Sudan gehe es um mehr als um den Konflikt zweier Gruppen: „Das ist ein Krieg gegen viele Tausend Zivilisten, die getötet und gegen Zehntausende, die verstümmelt wurden“, so Guterres. „Und es ist ein Krieg gegen Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht.“

Guterres klagte über massive sexuelle Gewalt, Terror gegen Zivilisten und willkürliche Angriffe auf Wohngebiete, die Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit sein könnten. Besorgt zeigte er sich über die jüngste Eskalation in El Fascher, der Hauptstadt von Nord Darfur, die auch ein wichtiges Zentrum für Hilfslieferungen ist.

Im Sudan werden ein Jahr nach Beginn des Bürgerkriegs einem UN-Bericht zufolge täglich rund 20.000 Menschen neu vertrieben. Mehr als die Hälfte seien Kinder und Jugendliche, berichtete die UN-Organisation für Migration (IOM) am Montag in Genf.

Neue Angriffe und die Zerstörung von Dörfern in der Umgebung hätten neue Fluchtbewegungen ausgelöst, derzeit werde in den Vororten der Stadt gekämpft. „Jeder Angriff auf El Fascher wäre verheerend für die Zivilbevölkerung und könnte Konflikte zwischen Volksgruppen in ganz Darfur auslösen. Er würde auch Hilfsmaßnahmen in einem Gebiet zunichtemachen, das bereits am Rand einer Hungersnot steht.“

Mit Blick auf die internationale Geberkonferenz in Paris sagte Guterres angesichts der bisherigen Unterfinanzierung von Hilfsmaßnahmen im Sudan, die Menschen im Sudan bräuchten die Großzügigkeit und Unterstützung der internationalen Gemeinschaft, „um ihnen aus diesem Albtraum heraus zu helfen.“

Nach UN-Schätzungen sind innerhalb eines Jahres mehr als 8,6 Millionen Menschen aus ihren Dörfern und Städten vertrieben worden. Rund zwei Millionen flohen nach IOM-Angaben über die Grenzen, vor allem in den Tschad (rund 730.000), nach Südsudan (rund 630.000) und nach Ägypten (rund 515.000).

Im Sudan brach Mitte April 2023 ein blutiger Machtkampf zwischen De-facto-Staatschef Abdel Fattah al-Burhan und dessen früherem Stellvertreter und Führer der sudanesischen Miliz RSF, Mohamed Hamdan Daglo, aus.

Der Sudan ist leider auf dem besten Weg, sich zu einer der größten humanitären Krisen der letzten Jahrzehnte zu entwickeln“, teilte IOM-Generaldirektorin Amy Pope mit.

„Der Konflikt, der das Land ergriffen hat, erzeugt Druck in der gesamten Region. Millionen von Menschen sind vertrieben, hungern und sind der Ausbeutung und dem Missbrauch ausgesetzt, aber ihre Notlage wird von einem Großteil der Welt ignoriert.“ (dpa, AFP)

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