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Mike Pence und Donald Trump.

© Imago Images/UPI Photo/Nell Redmond

Update

Offene Kritik nach weiterer schwerer Anklage: Wenden sich die Republikaner jetzt gegen Trump?

Die Vielzahl der Prozesse hatte bisher kaum Folgen für Donald Trumps erneute Präsidentschafts-Kandidatur. Seine Konkurrenten haben sich bislang zurückgehalten. Das könnte sich nun ändern.

| Update:

Donald Trumps juristische Probleme wachsen dramatisch. In der Nacht zu Mittwoch ist eine weitere schwere Anklage wegen Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten hinzugekommen.

Hintergrund sind Versuche der Wahlbeeinflussung und die Attacke seiner Anhänger auf das Kapitol am 6. Januar 2021. Am Donnerstag muss Trump vor Gericht erscheinen.

Der Ex-Präsident ist bereits mit einer Reihe von Strafverfahren wegen seiner Amtsführung konfrontiert. Dennoch wächst sein Vorsprung in den Umfragen, wer Präsidentschaftskandidat der Republikaner für die US-Wahl im kommenden Jahr werden soll.

Wer sich über die Verfassung stellt, sollte niemals Präsident der Vereinigten Staaten sein.

Mike Pence, Trumps Vizepräsident und nun sein Konkurrent um die Kandidatur

Seine konservativen Mitbewerber um die Nominierung der Partei für das Weiße Haus haben sich bisher mit offener Kritik zurückgehalten. Ändert sich das nun? Zur neuen Anklage sagt Mike Pence, zuvor Trumps Vizepräsident und nun sein Konkurrent: „Die heutige Anklage ist eine wichtige Erinnerung: Wer sich über die Verfassung stellt, sollte niemals Präsident der Vereinigten Staaten sein.“

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Bedeckt hält sich hingegen Floridas Gouverneur Ron DeSantis, der auf Platz zwei in den Umfragen hinter Trump liegt: „Als Präsident werde ich beenden, dass die Regierungsmacht als Waffe eingesetzt wird, der FBI-Direktor ersetzt werden kann und ich werde einen einheitlichen Rechtsstandard für alle Amerikaner gewährleisten.“

Hier ein Überblick über die Anklagepunkte gegen Trump, die Reaktionen der republikanischen Konkurrenten um die Kandidatur und die Umfragen.

Trumps Vorsprung in Umfragen wächst

In einer neuen Umfrage der „New York Times“ und des Siena Colleges unter Republikanern, die wahrscheinlich zur Wahl gehen, sprechen sich 54 Prozent für ihn aus. Der Abstand auf den Zweitplatzierten DeSantis (17 Prozent) ist auf 37 Prozentpunkte gewachsen. Ex-Vizepräsident Pence, Nikki Haley, einst Gouverneurin von South Carolina und UN-Botschafterin unter Trump, sowie Tim Scott, Senator für South Carolina, liegen bei je drei Prozent.

Doch die wachsende Zahl von Anklagen gegen den Ex-Präsidenten wegen angeblicher strafrechtlicher Verfehlungen in der Amtsführung, die im Extremfall dazu führen könnten, dass er kein politisches Amt bekleiden darf, beeindrucken seine Anhänger offenbar nicht – oder ermuntern sie sogar, ihn erst recht zu unterstützen. Trump macht sich zum unausweichlichen Kandidaten.

Die wichtigsten Anklagen gegen den Ex-Präsidenten

Seine Konkurrenten um die Kandidatur können sich nicht dazu durchringen, ihm die Vielzahl der Anklagen vorzuhalten und damit Zweifel an seiner Rechtstreue und Eignung für das höchste Amt im Staat zu schüren.

Sie tun dies offenbar aus dem Kalkül, dass die Parteibasis Trumps Behauptung glaubt, die Strafverfahren gegen ihn seien eine parteipolitisch motivierte „Hexenjagd“ der Demokraten, um ihn an der Kandidatur zu hindern. Und dass sie sich schaden, wenn sie Trump wegen der Prozesse attackieren.

Im Verfahren wegen der illegalen Mitnahme von „streng geheimen“ Akten beim Auszug aus dem Weißen Haus haben die Strafverfolger zu den bereits 37 Anklagepunkten drei weitere hinzugefügt, darunter die Vernichtung von Beweismaterial. Der Prozess soll im Mai 2024 beginnen, mitten in den Vorwahlen zur Auswahl des Präsidentschaftskandidaten.

Im Verfahren wegen Anstiftung zum Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 hatte Trump kürzlich ein „Target Letter“ erhalten. Er muss nun am Donnerstag vor einer Grand Jury erscheinen, die die Beweislage bewertet.

In den Ermittlungen zur Wahlauszählung in Georgia deutet laut US-Medien vieles auf eine Anklage in den nächsten Wochen hin. Trump hatte den Wahlleiter dort aufgefordert, die nötigen „Stimmen zu finden“, die ihm zum Sieg in Georgia 2020 fehlten.

40 Millionen Dollar für Trumps Anwälte

Daneben laufen oder drohen weitere Anklagen: ein Strafverfahren im Kontext der Schweigegeldzahlung an die Pornodarstellerin Stormy Daniels wegen illegaler Wahlkampffinanzierung, ein Zivilprozess in New York wegen Bilanzfälschung, der im Oktober beginnt, und ein Verleumdungsprozess wegen des Vorwurfs der sexuellen Nötigung der Autorin E. Jean Carroll.

Gerade wurde bekannt, dass Trump allein in der ersten Jahreshälfte 40 Millionen Dollar für Anwaltskosten ausgegeben hat. Die Summe hat er laut Medienberichten aus Wahlkampfspenden bezahlt.

Umfragen weisen konstant aus, dass die US-Bürger insgesamt einen negativen Eindruck von Trump haben. 57 Prozent lehnen ihn ab, 37 Prozent sehen ihn vorteilhaft. Doch unter republikanischen Wählern ist das Bild umgekehrt. Und an Amtsinhaber Joe Biden zweifeln auch viele.

Spott für DeSantis’ „Reset“

Ein Blick auf den Zweitplatzierten veranschaulicht, warum es der Konkurrenz bisher nicht gelungen ist, den Rückstand auf Trump zu verringern. Vor zwei Wochen hatte DeSantis einen „Reset“ seiner Kampagne und einen Strategiewechsel angekündigt. Er beendete seine Praxis, die angeblich „linken“ Massenmedien zu boykottieren, und gab CNN ein Interview.

Viele rechneten mit einer Breitseite gegen Trump. Doch die blieb aus. Auf die Frage nach den juristischen Problemen des „Frontrunners“ griff DeSantis stattdessen den Justizapparat an und fügte hinzu, es helfe dem Land nicht, den „Wahlkampf darauf zu richten, was vor vier Jahren geschehen ist“.

Trumps Rivale Ron DeSantis

© Imago/Kyodo News/Uncredited

Viele Medien spotteten: Wo bleibt der Reset? DeSantis fiel in den Umfragen weiter zurück. Er hat auch nach der neuen Anklage seine Vorsicht nicht abgelegt.

Haley greift Trump nicht offen an

Auch Nikki Haley scheut das Risiko, offen auf Attacke zu setzen. Mitte Juni hatte sie sich kurz vorgewagt: „Wenn die Anklagepunkte sich bewahrheiten, ist Präsident Trump mit unserer nationalen Sicherheit unglaublich rücksichtslos umgegangen“, sagte sie zu den mitgenommenen Geheimpapieren, in denen es unter anderem um die US-Strategie gegenüber dem Iran und dessen Atomprogramm geht.

Bewerberin bei den Republikanern: Nikki Haley

© AFP/Getty/Scott Olson

Inzwischen hat sie ihre Botschaft neu ausgerichtet: „Wir müssen nach vorn blicken. Bei der Wahl darf es nicht in erster Linie um Strafverfahren gehen.“ Über Trumps vier Amtsjahre von 2017 bis 2021 sagt sie: „Ich glaube, er war der richtige Präsident zur richtigen Zeit.“ Mit Blick nach vorn sei er jedoch „nicht der Richtige“.

Der konservative Thinktank „The Heritage Foundation” plant bereits die praktische Politik unter einem Republikaner im Weißen Haus ab Januar 2025. „Project 2025“ proklamiert: „Es reicht nicht, dass Konservative Wahlen gewinnen. Wenn wir das Land aus dem Griff der radikalen Linken retten wollen, brauchen wir ein Regierungsprogramm und die richtigen Leute in den Positionen, um die Agenda von Tag eins der nächsten konservativen Regierung an umzusetzen.“

„Heritage“ setzt nicht explizit auf einen Präsidenten Trump. US-Medien berichten aber über Verbindungen zu Trump-Gruppen. Die „New York Times“ berichtet über Pläne, wie Trump nach einem Sieg in großem Stil Staatsbedienstete auswechseln möchte, weit über das in den USA übliche Maß nach einem Machtwechsel hinaus.

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