
© AFP/JUSTIN TALLIS
„Rechtsradikales Rowdytum“: Britischer Premier droht nach Ausschreitungen harte rechtliche Konsequenzen an
Nach dem Messerangriff in Southport geraten Hotels mit Asylbewerbern ins Visier rechtsextremer Randalierer. Die Regierung richtet sich mit markigen Worten an sie.
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Das Vereinigte Königreich kommt nicht zur Ruhe. Wegen der schweren rechtsextremen Ausschreitungen in England und Nordirland hat die britische Regierung heute eine Sitzung des nationalen Krisenstabs Cobra angesetzt.
Premierminister Keir Starmer von der sozialdemokratischen Labour-Partei hatte am Sonntag ein hartes Durchgreifen der Strafverfolgungsbehörden angekündigt. „Ich garantiere Ihnen, Sie werden es bereuen, an diesen Unruhen teilgenommen zu haben“, sagte er bei einer Pressekonferenz an Randalierer und Scharfmacher gerichtet. Er sprach von „rechtsradikalem Rowdytum“.
Für den Premierminister stellen die Ausschreitungen nur einen Monat nach seinem Amtsantritt die erste politische Krise dar. Im Wahlkampf wurde seiner Labour-Partei immer wieder vorgeworfen, in Einwanderungsfragen zu lax zu sein.
Der BBC zufolge wurden bislang mindestens 250 Menschen im Zusammenhang mit den Krawallen festgenommen. An der Cobra-Sitzung sollen neben Premierminister Starmer mehrere zuständige Kabinettsmitglieder und Vertreter der Polizei teilnehmen.
Asylbewerber im Visier des rechtsextremen Mobs
- Am Wochenende waren im Zuge der Ausschreitungen zwei Hotels attackiert worden, in denen Asylbewerber untergebracht sein sollen.
- Hunderte Randalierer hatten sich am Sonntag in Rotherham in der Grafschaft South Yorkshire vor einem Hotel versammelt, Scheiben eingeworfen und Feuer gelegt. Auch die Polizei wurde mit Wurfgeschossen attackiert. Mehrere Beamte wurden verletzt. Ähnliche Szenen spielten sich am Abend bei einem Hotel in Tamworth nahe Birmingham ab.
In den Tagen davor war es in verschiedenen englischen und nordirischen Städten zu Angriffen auf Moscheen sowie zu Zusammenstößen mit der Polizei und teilweise mit Gegendemonstranten gekommen. Das Innenministerium kündigte an, Moscheen besser vor Übergriffen zu schützen.
Am Samstag wurde unter anderem in Liverpool, Hull, Leeds und im nordirischen Belfast protestiert. In einigen Fällen warfen Demonstranten Ziegelsteine, Flaschen und Leuchtraketen auf die Polizei – wobei mehrere Beamte verletzt wurden. Unter den Rufen islamfeindlicher Parolen plünderten Randalierer Läden und brannten diese nieder. Immer wieder kam es auch zu Zusammenstößen mit Teilnehmern von Gegendemonstrationen.
Es handelt sich um die schlimmsten Ausschreitungen in Großbritannien seit Protesten im Jahr 2011, nachdem der schwarze Familienvater Mark Duggan im Norden Londons von der Polizei erschossen worden war. „Wir hatten schon früher Unruhen und Zusammenstöße dieser Art, aber sie waren auf bestimmte Gegenden des Landes beschränkt“, sagte Tiffany Lynch vom Polizeiverband für England und Wales der BBC.
Tödlicher Angriff auf Kinder wird zum Anlass genommen
Zum Anlass nehmen die rechtsextremen Randalierer den tödlichen Angriff auf einen Taylor-Swift-Tanzkurs in Southport nahe Liverpool am vergangenen Montag, bei dem drei Kinder getötet und mehrere Menschen schwer verletzt wurden.
Falschnachrichten über Verdächtigen
Im Internet und auch in einem russischen Staatsmedium waren zuvor Falschnachrichten verbreitet worden, wonach der mutmaßliche Angreifer ein Asylbewerber mit muslimischem Namen gewesen sein soll. Die Polizei widersprach dem.
Inzwischen wurde der Name des Verdächtigen veröffentlicht. Es handelt sich um einen in Großbritannien geborenen 17-Jährigen, dessen Eltern aus Ruanda stammen. Das Motiv für die Tat ist unklar.
In zahlreichen Städten organisierten Menschen antifaschistische Gegenkundgebungen. In Leeds zogen die Demonstranten etwa mit Rufen wie „Nazi-Abschaum raus aus unseren Straßen“ durch die Stadt. (dpa/AFP)
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