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„Falsche russische Behauptung“ übernommen: Experten kritisieren US-Sondergesandten für Äußerungen auf Kremllinie
Der US-Sondergesandte Witkoff behauptet, Russland hätte in der Ukraine Gebiete „zurückerobert“ und legitimiert Scheinreferenden. Damit untergrabe er Ziele Trumps, analysiert das Institute for the Study of War.
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Die US-amerikanische Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) hat dem US-Sondergesandten Steve Witkoff vorgeworfen, „unkritisch mehrere unzutreffende russische Behauptungen“ in Bezug auf die Ukraine wiederholt zu haben.
In einem Gespräch mit dem rechten US-Influencer, ehemaligen Fox-Moderator und Trump-Unterstützer Tucker Carlson hatte Witkoff etwa davon gesprochen, dass Russland „fünf Regionen in der Ukraine zurückerobert“ habe. Damit übernehme der US-Sondergesandte die Kremllinie, schreiben die ISW-Analysten in ihrem aktuellen Lagebericht.
Bei den fünf Regionen geht es um die Halbinsel Krym sowie die Oblasten Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson. Die Halbinsel hatte Russland bereits 2014 völkerrechtswidrig annektiert. Die weiteren Gebiete hatte Kremlchef Wladimir Putin etwa ein halbes Jahr nach Beginn des Angriffskrieges 2022 ebenfalls illegal zu russischem Staatsgebiet erklärt, obwohl seine Truppen nicht alle komplett unter ihrer Kontrolle hatten.
Witkoffs Aussage, dass Russland diese Gebiete „zurückerobert“ habe, helfe dem Kreml bei seinen Rechtfertigungen „für seine expansionistischen territorialen Forderungen und die wiederholten Invasionen der Ukraine“, heißt es im ISW-Bericht. Zudem habe Witkoff falsche Vorstellung von den Plänen des Kreml.
Witkoff schwärmt von Putin
In seinem Gespräch mit Carlson, das am Freitag auf YouTube erschien, sagte Witkoff, dass Russland „zu 100 Prozent“ nicht in Europa einmarschieren wolle und dass Russland „die Ukraine nicht absorbieren muss“. Sie hätten „bekommen, was sie wollen“ und meint damit die Annexion der fünf Gebiete.
In einem Interview mit dem konservativen US-Sender Fox-News am Sonntag wiederholte Witkoff seine Aussage, dass er glaube, dass Putin nicht „ganz Europa einnehmen“ will. „Ich glaube, er will Frieden.“ Putin, den er in den vergangenen Wochen zweimal traf, nannte er gegenüber Carlson einen „großartigen“ Anführer und er „halte Putin nicht für einen schlechten Kerl“. Es ist nicht das erste Mal, dass er sich sehr positiv gegenüber dem Kremlchef geäußert hat.
Das ISW verweist allerdings auf Aussagen von Putin und hochrangigen russischen Beamten, die wiederholt erklärt hätten, „dass Russland beabsichtigt, die Ukraine unter russische Kontrolle zu bringen und eine Oberherrschaft über Nachbarländer zu etablieren, um den Westen zu schwächen und Russlands globale Macht auszubauen“.
Witkoff legitimiert russische Scheinreferenden
Witkoff hätte zudem eine weitere „falsche russische Behauptung“ über die besetzten Gebiete getroffen. In dem Gespräch mit Carlson hatte Witkoff behauptet, dass die besetzten Gebiete „russischsprachig“ seien und dass die dortige Bevölkerung in Referenden „für eine russische Herrschaft ausgesprochen“ habe. Das sei „nachweislich falsch“, urteilen die ISW-Analysten.
„Russland inszenierte Scheinreferenden in der Krim und Teilen des Donbas im Jahr 2014 sowie im Jahr 2022 in den Oblasten Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson, um zu behaupten, dass die meisten Menschen für den Anschluss an Russland gestimmt hätten. Diese Referenden fanden unter intensiver russischer Militärpräsenz und ohne legitime Wahlbeobachter statt“, erläutert der ISW-Bericht.
Mit seinen Aussagen würde Witkoff das Ziel von US-Präsident Donald Trump „untergraben (...) eine dauerhafte Friedenslösung“ und „eine für die USA vorteilhafte Lösung des Krieges zu erreichen“, urteilen die ISW-Analysten. Trump hatte Ende Februar erklärt, dass die USA versuchen würden, „dass die Ukraine möglichst viel Land zurückerhält“.
Einer Abtretung der Gebiete an Russland „würde die Fähigkeit der Ukraine erheblich einschränken, sich gegen erneute russische Aggressionen zu verteidigen“, warnen die ISW-Analysten. (mit Agenturen)
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